Makler:Freund oder Feind

Wer ein Haus oder eine Wohnung kaufen will, kommt an den Vermittlern kaum vorbei. Sie sind bei vielen Menschen hierzulande ziemlich unbeliebt, leisten aber mehr, als manche denken.

Von Oliver Herwig

Siebenkommavierzehn. Das ist eine magische Zahl für alle, die händeringend nach einer Eigentumswohnung suchen, einer Doppelhaushälfte oder gar einer Stadtvilla. Bis zu 7,14 Prozent der Kaufsumme sollten sie nämlich für die erfolgreiche Vermittlung eines Objekts durch Makler einplanen. Aber warum braucht es eigentlich Makler? Sind sie nun Zeichen dafür, dass die Immobilienwelt für Laien undurchschaubar ist - oder dass sie ohne Vermittler nicht richtig funktioniert?

Weder noch - und zugleich von allem etwas. Tatsächlich scheuen viele Eigentümer die aufwendige Suche nach geeigneten Mietern oder Käufern, den Papierkram, das Feilschen. Makler arbeiten dann wie Katalysatoren. In erster Linie vermitteln sie Angebot und Nachfrage. Im Erfolgsfall - und nur dann - erhalten Makler eine Provision, die sogenannte Courtage. Der Maklervertrag muss übrigens gar nicht schriftlich geschlossen werden, eigentlich reichen Handschlag und mündliche Zusicherung oder konkludentes Verhalten, eine stillschweigende Willenserklärung, was angesichts hoher Kaufsummen wohl eher selten vorkommt.

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Makler bringen Immobilienanbieter und Käufer oder Mieter zusammen. Dafür verlangen sie eine Courtage – bis zu 7,14 Prozent der Kaufsumme.

(Foto: imago)

Seit drei Jahren gilt bei Mietwohnungen das sogenannte Bestellerprinzip. Das "Gesetz zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung", kurz Mietrechtsnovellierungsgesetz - MietNovG - vom 21. April 2015 regelt, dass die Vermittlungsprovision - in der Regel das 2,38-Fache der Kaltmiete - von demjenigen übernommen werden muss, der den Vermittler beauftragt. In der Regel sind das die Vermieter, die seither öfter selbst auf die Suche nach Mietern gehen und sich die Dienstleistung Makler sparen. Das wiederum hat zur Folge, dass sich viele Makler ganz auf den Verkauf von Wohnungen konzentrieren. Wenn es denn noch welche gibt. Doch auch beim Verkauf wird heftig darüber diskutiert, ob nicht hier ebenfalls das Bestellerprinzip angewendet werden sollte.

Zehn Jahren Niedrig- und Nullzinspolitik der EZB, geringe Bautätigkeit und mangelnder politischer Wille zur Gestaltung haben den Häusermarkt austrocknen lassen wie ein Weizenfeld im Hochsommer. Angesichts des Ansturms von Kapitalanlegern und Selbstnutzern gehen manche Agenturen zu seltsamen Methoden über. Statt den Kaufpreis eines Objekts zu benennen, prangt an der Scheibe eines Maklerbüros nur die freundliche Aufforderung: Preis nach Gebot. Anzunehmen, dass man hier nicht, wie etwa bei Ebay, mit einem Centbetrag beginnt und langsam steigert.

Jeder zweite Verkauf ohne Makler

Der Streit um die Bezahlung von Maklern ist in vollem Gang. Während die Regierung die Einführung des Bestellerprinzips auch bei Immobilienkäufen prüft oder eine Deckelung der Provisionen, melden sich immer mehr Gegner zu Wort. So auch die LBS Westdeutsche Landesbausparkasse. Sie betont, dass das derzeitige, für Vermietungen gültige Bestellerprinzip Wohnungssuchende vor der Ausnutzung von Zwangslagen schützen solle - Immobilienkäufe aber folgten "den ganz normalen Marktgesetzen von Angebot und Nachfrage." Änderungen seien "vermutlich auch juristisch als weiterer Eingriff in die Berufsfreiheit der Makler nicht haltbar", heißt es weiter. Zudem seien Makler nur in 50 Prozent der Wohnimmobilienkäufe eingebunden, und nur bei jedem dritten Immobilienerwerb bezahle der Käufer die Courtage, denn bei Neubauvermittlungen aus dem Bauträgergeschäft übernehme fast immer der Bauträger die Vertriebsprovision. SZ

In München schlägt der Immobilienboom sogar in Gewalt gegen die scheinbaren Profiteure um: Scheiben von Maklerbüros werden eingeschlagen, Schaufenster beschmiert. Das Landeskriminalamt hat für solche Sachbeschädigungen eine eigene Klassifizierung eingeführt: "Sozialpolitik - Umstrukturierung" und zählte 2018 bereits über ein Dutzend Fälle. Hinter dem bürokratischen Begriff "Umstrukturierung" steht oft nichts anderes als knallharte Gentrifizierung. Häuser im großen Stil kaufen, entmieten und luxussanieren - das Spiel mit dem Wohneigentum als lukrative Kapitalanlage wird vor allem anonymen Investoren angelastet.

Sie studieren Traueranzeigen, teilen Visitenkarten aus und versprechen Boni für Tipps

Makler gehören nach allgemeiner Ansicht irgendwie dazu. Es riecht ja förmlich nach Abzocke, wenn nach kurzer Besichtigung eine hohe Provision fällig wird - in manchen Bundesländern die erwähnten 7,14 Prozent beim Immobilienkauf. Übersehen wird die Arbeit davor, all die Termine, Absprachen, die Jagd nach passenden Objekten. Vielleicht erklärt sich so, dass bei einer Netzsuche "Makler" gleich drei Vorschläge folgen: "Immobilienmakler werden / berlin / gehalt". Lohnt sich das Makeln in der Hauptstadt also besonders?

Ein weiterer Punkt befördert Vorurteile gegen den Beruf. Im Gegensatz etwa zu Handwerkern oder Architekten liegen die Eintrittshürden niedrig: beim Gewerbeamt anmelden, regelmäßig Fortbildungen absolvieren, und zwar 20 Stunden in drei Jahren. Dazu eine Berufshaftpflichtversicherung abschließen. Der Beruf ist nicht geschützt, und es bedarf keines Nachweises über die fachliche Eignung oder berufliche Ausbildung. Sonderbar. Ein Hauskauf ist für viele Menschen die größte Anschaffung überhaupt, viele verschulden sich für den Rest ihres Lebens. Da sollte einem doch etwas Fachkompetenz zur Seite stehen. Sun Jensch, Bundesgeschäftsführerin des Immobilienverbandes IVD, sieht das ausgesprochen kritisch (siehe Interview). Worin aber besteht die Arbeit der Makler? Natürlich geht es darum, Kontakte zu knüpfen, Menschen zu treffen und zusammenbringen - ideal für geborene Netzwerker, die Quellen schneller als Mitbewerber auftun und einen Riecher dafür haben, welches Quartier morgen angesagt sein wird und wo Häuser frei werden. Findigkeit ist Trumpf. Manche studieren systematisch Traueranzeigen und stecken Handwerkern Visitenkarten zu und versprechen Boni, wenn sie Tipps weitergeben, bevor ein Haus leer steht. Dazu kommt Verwaltung: Übersichten pflegen, Telefonlisten abarbeiten, Exposés erstellen. Diese werden immer aufwendiger. Ein Makler berichtet stolz von seinem neuen Digitalprinter, der erstklassige Objektbeschreibungen ausspuckt und gleich zu einem kleinen Büchlein bindet. Für den Preis der Maschine gäbe es einen Kleinwagen. Doch Optik ist entscheidend, schließlich muss man sich abheben von den bis zu 30 000 Kollegen und Kolleginnen, die zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen arbeiten.

Auch wenn das Image der Makler nicht immer das Beste ist, kommt an den Vermittlern kaum jemand vorbei, der ein Haus kaufen will. Und weil sie eine Schlüsselstelle im Immobilienmarkt besetzen, werden Makler respektiert, sogar gefürchtet und manchmal sogar angefeindet. Daran wird sich solange nichts ändern, wie in Deutschland Wohnungsnot herrscht.

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