Süddeutsche Zeitung

Luxusimmobilien-Makler:"Ich suche eher den Milliardär"

  • Der Münchner Makler Christian Ehbauer vermittelt private Luxusobjekte. Deren Preis liegt über fünf Millionen Euro - ausschließlich.
  • Seine Formel lautet: Damit ein Käufer eine der Immobilien kaufen kann, muss er mindestens acht- bis zehnmal so viel besitzen, wie sie kostet.

Von Juliane Wedemeyer

Flavio Briatore ist mit dem Hubschrauber da. Jetzt steht der frühere Motorsport-Manager zwischen den ungefähr hundert anderen Gästen auf der Terrasse des Clubhauses - einem lichten, blau durchscheinenden Glasgebilde des Südtiroler Architekten Matteo Thun. Eine große, wohlgeformte blonde Frau läuft umher und spielt Saxofon. Fahrstuhljazz. Kellner verteilen Häppchen und Champagner. Würde Flavio Briatore sich umdrehen, sähe er genau auf die Bucht von Gardone-Riviera. Unten glitzert der See. Ein Postkartenpanorama, aus dem sich einzelne Zypressen erheben. Tut er aber nicht: Er spricht mit dem Gastgeber René Benko. Der österreichische Immobilien-Unternehmer, seit 2014 auch Karstadt-Besitzer, hat zum "Opening" von "Villa Eden" eingeladen.

Das Resort mit dem paradiesisch klingenden Namen ist ein Projekt von Benkos Firma "Signa": Auf 78 000 Quadratmetern hat er von den international renommierten Architekten David Chipperfield, Richard Meier, Marc Mark und eben Matteo Thun ein Clubhaus und sieben Luxusvillen bauen lassen. Jede kostet zwischen zehn und 16 Millionen Euro. Und das ist der Grund, warum Christian Ehbauer aus München hier ist. Ehbauer ist Immobilienmakler. "Upmarket properties" nennt er sein Unternehmen, er vermittelt "gehobene Immobilien".

"Ach, Sie sind auch hier?"

Sein Büro liegt in der Maximilianstraße, eine der teuersten Adressen Münchens. Hier hat er sich mittlerweile einen Namen gemacht: als einer, der private Luxusobjekte vermittelt, deren Preise über fünf Millionen Euro liegen. Ausschließlich. Darunter macht er's nicht. Offiziell zum Verkauf stehen davon deutschlandweit zurzeit keine 100. Und selbst in München und Umgebung mit seinem zügellosen Immobilienmarkt gibt es nicht übermäßig viele: Wer derzeit in den Inseraten in den Zeitungen und im Internet sucht, findet etwa 30 Objekte für Bayern. Die meisten liegen in der Landeshauptstadt und in Starnberg - in Ehbauers Hauptrevier. Er vermittelt aber auch Anwesen auf Mallorca und in Kitzbühel und eben am Gardasee.

Dort hält der Bürgermeister gerade eine kleine Rede. In Gardone-Riviera freut man sich über das Projekt, das der kleinen Gemeinde solch namhafte Architektur gebracht hat. Viele der Gäste sind irgendwie daran beteiligt - entweder gehören sie zu Benkos Team oder zu den beteiligten Handwerksbetrieben und Architekturbüros. Matteo Thun ist auch unter den Gästen, einige Kaufinteressenten und eben Makler. Zehn Kollegen erkennt Ehbauer. Zwei elegant gekleidete Damen, Maklerinnen aus Grünwald, kommen auf ihn zu. In der kleinen Gemeinde im Münchner Süden, eine der reichsten der Republik, hatte Ehbauer vor zehn Jahren mit einem Partner seine erste eigene Immobilienagentur aufgebaut, damals noch als Franchisenehmer. "Ach, Sie sind auch hier?", begrüßt ihn eine der beiden und fragt lächelnd: "Haben Sie abgenommen?"

Kunden aus arabischen Königshäusern oder dem russischen Geldadel

Ehbauer, 42 Jahre, ist ein schlanker Mann in modischem Anzug. Er wirkt sympathisch bodenständig - vielleicht auch wegen seines Vollbarts. Aus seiner Hosentasche zieht er ab und an ein weißes Stofftaschentuch heraus, um sich die Schweißtropfen von der Stirn zu tupfen. Es ist ein heißer Abend, die Luft ist über 30 Grad warm. Ob Ehbauer die Frage der Maklerin unangemessen findet, ist ihm nicht anzumerken. Er antwortet ihr freundlich: "Kann sein, ich trainiere grade ein bisschen." Dann widmet er seine Aufmerksamkeit wieder der Architektur und der atemberaubenden Aussicht.

Das letzte Mal war er vor einigen Monaten hier. Mit potenziellen Kunden aus Dubai. Fast hätten sie gekauft, doch dann kam etwas dazwischen. Da war das Areal noch eine Baustelle. Seitdem hat sich viel getan. Die meisten Villen sind fertig, zwei sogar schon bezogen. Am Morgen hat ein Ferrari-Händler noch schnell ein paar Sportwagen aufgestellt. Schließlich hält sich hier die Zielgruppe auf. Auch die von Christian Ehbauer. "Ich suche ja nicht den Millionär mit zehn, zwanzig Millionen", sagt er: "Ich suche eher den Milliardär." Seine Formel lautet: Damit ein Käufer bei einer seiner Immobilien zugreift, muss er mindestens acht- bis zehnmal so viel besitzen, wie sie kostet. Sonst stimmten die Proportionen nicht. Bei Künstlern und Fußballern ist das mitunter anders, sie kauften schon mal Luxusimmobilien, obwohl sie nur "normale" Millionäre sind.

Die meisten seiner Kunden kämen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz - in der Regel alte, einflussreiche Familienclans aus der Industrie. Ein Fünftel von Ehbauers Kundschaft sind Angehörige arabischer Königshäuser oder Vermögende aus Russland, die in Europa investieren wollen. Wobei die russischen Käufer seit der Ukraine-Krise wegbleiben. Mehr verrät er nicht über seine Kunden. In der Münchner Abendzeitung stand vor ein paar Jahren ein Artikel darüber, dass er die Villa der Schauspielerin Christine Neubauer verkauft hat. Ansonsten gilt: "Geheimhaltung ist extrem wichtig." Vor allem den Kaufinteressenten, oft auch den Verkäufern. Sie finden Ehbauer trotzdem. Entweder, weil er ihnen empfohlen wurde oder weil sie eine seiner Werbeanzeigen gesehen haben.

In den seltensten Fällen kann er seine Objekte offen vermarkten wie die Villa-Eden-Immobilien. "Das hier mache ich nur nebenbei, weil es ein tolles Projekt ist", sagt Ehbauer. Das Anwesen am Gardasee haben mehrere Makler im Angebot. Normalerweise nimmt Ehbauer nur Exklusiv-Aufträge an. Denn bevor er ein Objekt vermittelt, geht er mit 30- bis 40 000 Euro in Vorleistung.

Ehbauer lässt jedes seiner Objekte von einer Innenarchitektin für den Verkauf her- und einrichten oder eben "stagen", wie er das nennt: neue Wandfarben müssen her, hin und wieder auch neue Böden oder Sanitäranlagen und natürlich Möbel und Lampen. Kein Prunk, kein Kitsch - stattdessen geschickt gestellte Designklassiker wie der Fünfzigerjahre-Ottomane von Charles & Ray Eames.

Zwei Tage nach der Eröffnung des Gardasee-Resorts steht Ehbauer in einer Villa in Münchens Edelstadtteil Bogenhausen. 1100 Quadratmeter Wohnfläche hat das Gebäude: 22 Zimmer, fünf Bäder, ein Spa- und Fitness-Bereich im Keller und eine Dachterrasse. Schwimmbad und Hubschrauberlandeplatz seien in der Luxusklasse auch oft gefragt, erzählt Ehbauer. Beides bietet die Bogenhausener Villa nicht. Der Makler ist sich aber trotzdem sicher, dass er sie loswird.

Die Inneneinrichterin hat gute Arbeit geleistet. "Die gesamte Einrichtung entspricht der eines Fünfsternehotels. Das ist internationaler Standard", sagt er und kickt mit dem Fuß eine tote Fliege vom Parkett. Am Nachmittag will ein potenzieller Käufer die Villa besichtigen. Egal, woher er stammt, die Möbel und Accessoires werden ihm vertraut vorkommen. Und würde er auf den angesagten Preis von 22 Millionen Euro noch etwas drauflegen, dürfte er sie auch behalten.

Ehebauer will Kunden emotional ansprechen

Zu Ehbauers Marketingkonzept gehört, dass er von jedem seiner Objekte eine Hochglanz-Broschüre in der Anmutung eines Architekturmagazins anfertigen lässt. Die hochwertigen Fotografien darin sind das Wichtigste. Sie sollen den Kunden emotional ansprechen. Eine kleine Auflage genügt - mehr als 30 Hefte benötigt Ehbauer nicht.

Pro Immobilie kämen ohnehin meist nicht mehr als 15 Interessenten aus Ehbauers Kundenkartei infrage. Besichtigen würden sie dann oft nur sechs. Vier bis fünf Exklusiv-Objekte betreut er pro Jahr. Die üblichen sechs Prozent Provision (drei vom Käufer, drei vom Verkäufer) bekommt der Makler dafür nicht. Im Luxussegment liegt das Honorar meist bei vier Prozent, hin und wieder auch weit darunter. Und oft muss es Ehbauer mit Kooperationspartnern teilen. Es lohnt sich trotzdem.

Manchmal dauert es nur zwei Monate, bis jemand kauft, manchmal allerdings auch ein Jahr. Und manchmal will auch niemand das Objekt kaufen. "Da braucht man schon stabile Nerven und eine gute Rücklage", sagt Ehbauer. Letztere gewann er durch den Verkauf seiner früheren Agentur. Früher arbeitete er in einer Rettungsleitstelle. Er koordinierte dort die Einsätze und flog als Sanitäter auch schon mal im Hubschrauber mit. Ein spannender Job, aber karrieretechnisch wäre es für ihn nicht weitergegangen. Also wechselte er in die Immobilienbranche, denn für Architektur habe er sich schon immer interessiert.

Dass er mit Immobilien mehr Geld verdienen kann, hat damals auch eine Rolle gespielt. Er war gerade Vater geworden und stand vor der Frage, was er für sich und für seine junge Familie vom Leben erwartet. Nein, er wollte keinen Luxus - von seinen regelmäßigen Tauchreisen einmal abgesehen. Er gehöre nicht zu den Superreichen, sondern sei deren Dienstleister. "Mir geht es sehr, sehr gut", sagt er. Mit seiner Familie wohnt er in einem Vorort. Nicht in einer Villa, sondern in einem Haus - in einem großen, schönen mit kleinem Fitnessbereich im Keller.

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SZ vom 28.08.2015/sana
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