Lokale Ersatzwährung:Die Renaissance des Talers

Der Bonus-Taler mutet wie ein harmloses Marketinginstrument an, doch juristisch ist seine Gültigkeit knifflig: Der BGH muss über die umstrittene Ersatzwährung einer Apotheke verhandeln.

Wolfgang Janisch

Vier Jahrhunderte währte die große Geschichte des Talers, aber das ist lange her. Im badischen Offenburg hat die traditionsreiche Münze nun eine Renaissance als Marketinginstrument erlebt: Beim Bäcker kann man damit bezahlen, ebenso beim Mittagstisch. Auch am Zeitungskiosk oder in der Eisdiele gilt er als Zahlungsmittel, und die Shell-Tankstelle wirbt offensiv: "Ihre Taler sind bares Geld wert."

Der Douglas-Taler, Erfindung des inzwischen in den Ruhestand gegangenen Apotheker-Ehepaars Hermann und Ingeborg Douglas, habe sich in Offenburg zur lokalen Ersatzwährung entwickelt, hieß es in der Regionalpresse - nur halb im Scherz.

Ist damit womöglich bald Schluss? Am Donnerstag hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe über den Douglas-Taler und eine ganze Reihe ähnlicher Bonus-Systeme verhandelt; geklagt hat unter anderem die Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs.

Merkwürdig unzeitgemäß mutet die Frage an, der sich die Richter widmen - in einer Welt voller aggressiver Marketingstrategien: Darf eine Apotheke ihre Kunden mit Bonus-Systemen an sich binden?

Rabatte verboten - eigentlich

Juristisch ist die Sache freilich kompliziert. Denn die sternbesetzten Douglas-Taler im Wert von 50 Cent - ebenso wie ihre bundesweit zu findenden Pendants - werden den Kunden als Dreingabe auf die Einlösung rezeptpflichtiger Medikamente gewährt.

Für solche Arzneimittel ist aber ein "einheitlicher Apothekenabgabepreis" vorgeschrieben, ähnlich wie bei der Buchpreisbindung. Rabatte oder Vergünstigungen sind damit verboten - eigentlich. Doch die Oberlandesgerichte der Republik haben den Gesetzeswortlaut unterschiedlich ausgelegt: Rostock, Naumburg und Bamberg gaben sich liberal, Frankfurt, Karlsruhe und Hamburg setzten aufs Verbot.

Möglicherweise wird sich der BGH-Wettbewerbssenat der liberalen Linie anschließen. Weil in einer Marktwirtschaft die Preisbindung nun mal die Ausnahme sei, könnte dies auch bei den Apotheken für die Zulassung "eines gewissen Wettbewerbs in Randbereichen" sprechen, sagte der Senatsvorsitzende Joachim Bornkamm - zumal die Taler nicht direkt für den Medikamentenkauf verwertbar sind.

Wie auch immer das erst in einigen Monaten erwartete Urteil ausfällt: Es sollte auch für ausländische Versandapotheken gelten, meint Morton Douglas, Sohn des Offenburger Apotheker-Paares und Anwalt in einer renommierten Kanzlei für Wettbewerbsrecht.

Wenn schon Beschränkungen, dann für alle

Im Namen einer Darmstädter Apotheke - die ihrerseits Bonus-Taler einsetzt - hat er eine holländische Versandapotheke verklagt, die bis zu drei Prozent Rabatt auf Medikamente gewährt. Wenn schon Beschränkungen, dann für alle, lautet sein Ziel.

Bornkamm zeigte sich durchaus gewillt, das deutsche Preisbindungssystem auch für ausländische Anbieter gelten zu lassen. Allerdings hat das Bundessozialgericht vor zwei Jahren das genaue Gegenteil entschieden. Die Gerichtshöfe müssen den Dissens also zunächst ausräumen oder den gemeinsamen Senat der obersten Bundesgerichte anrufen.

Denn der Karlsruher Prozess spielt vor dem Hintergrund eines Wettbewerbs unter Apotheken, der mit der Zulassung des Versandhandels und der Preisfreigabe für nicht rezeptpflichtige Medikamente im Jahr 2004 schärfer geworden ist. Drogerien drängen in den Markt, Versandapotheken boomen. Bonus-Taler wirken da eher harmlos.

Die Offenburger Douglas-Taler konnte man übrigens sogar spenden, 10.000 Euro kamen zusammen für eine Schule im Senegal. Sie heißt jetzt Hermann-Douglas-Schule.

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