Liechtenstein:Wenn die Privatsphäre heilig ist

Steuerparadies Liechtenstein: Die Regierung des Fürstentums pocht vehement auf das System der Privatstiftungen - und will den "Schutz von Privatsphäre und Eigentum" sogar noch weiter verstärken, wie aus einer bislang nicht veröffentlichten Regierungsvorlage für den Landtag hervorgeht. Das Ziel ist klar: Aus dem Ausland soll noch mehr Geld kommen.

Uwe Ritzer

Unbeeindruckt von der internationalen Kritik hält die Regierung Liechtensteins auch in Zukunft an Privatstiftungen als "Herzstück des Finanzplatzes Liechtenstein" fest. Während Kritiker sie für ein fragwürdiges Konstrukt halten, um in anderen Ländern dem Fiskus vorenthaltene Steuern zu verstecken, beharrt die Regierung des Fürstentums auch künftig auf Privatstiftungen als "ein weltweit gesuchtes Instrument der Nachfolgeplanung". So steht es in einer bislang unveröffentlichten Regierungsvorlage für den Landtag in Vaduz, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Das Parlament wird an diesem Mittwoch die Zukunft des Finanzplatzes Liechtenstein grundsätzlich debattieren.

Liechtenstein: Wahrzeichen: Die Burg von Vaduz.

Wahrzeichen: Die Burg von Vaduz.

(Foto: Foto: AFP)

Die Abgeordneten werden ein Gesamtkonzept für die langfristige Entwicklung Liechtensteins beraten, das Experten unabhängig von der deutschen Steueraffäre seit Ende 2006 unter dem Namen "Futuro" entwickelt haben. Die aus einer großen Koalition der Fortschrittlichen Bürgerpartei (FBP) und der Vaterländischen Union (VU) gebildete Regierung will den Kernvorschlägen des "Futuro"-Konzeptes folgen und im Finanzwesen des Fürstentums allenfalls leichte strategische Korrekturen vornehmen.

In ihrer 20-seitigen Vorlage bekennt sich die Regierung gleich mehrmals explizit zum "Schutz von Privatsphäre und Eigentum", der sogar verstärkt werden müsse. "Ein hohes Maß an Privatsphäre" bei Bankgeschäften sei schließlich ein wesentliches Argument Liechtensteins, um sich unter den europäischen Finanzzentren zu behaupten. Man habe sich dank seines Treuhandwesens "zu einem weltweit bedeutenden Stiftungsstandort entwickelt", dem jetzt aber "eine nachhaltige Wachstumsperspektive" fehle, heißt es weiter. "Individuelle, persönliche Gestaltungsspielräume" müssten daher unter "weitgehenden Schutz" gestellt werden.

Nur nebulöse Erläuterungen

Weswegen sowohl die "Futuro"-Verfasser, als auch die Regierung um ihren Chef Otmar Hasler künftig das Geschäft mit stiftungsähnlichen Trusts nach angelsächsischem Vorbild forcieren wollen. Während in "Futuro" und der Regierungsvorlage die Notwendigkeit von Stiftungen und der Schutz der Privatsphäre von Anlegern als wichtig hervorgehoben werden, ist von Rechtshilfe für andere Staaten auf der Suche nach ihren Steuersündern konkret nicht die Rede. Nur sehr allgemein schreibt die Regierung, man könne sich generell den Ansprüchen von EU, USA oder OECD "im Rahmen internationaler Regulierungen" nicht verweigern, weil sonst "einseitige Reaktionen drohen."

Nebulös ist von "raschen, prozessualen Verbesserungen bei der Rechtshilfe" die Rede, ohne diese klar zu benennen. Eine Regierungssprecherin sagte lediglich, man "forciere Reformbestrebungen im europäischen Kontext." Deshalb verhandele Liechtenstein auch mit der EU über ein Betrugsabkommen nach Schweizer Vorbild. Die These, das Fürstentum verschließe sich Veränderungen, wäre daher "nicht nur falsch, sondern irreführend", sagte die Sprecherin.

Auch im Land selbst rührt sich Kritik. Im Landtag von Vaduz werden an diesem Mittwoch kontroverse Debatten erwartet. Paul Vogt, Abgeordneter und Finanzplatz-Experte der oppositionellen Freien Liste (BL), gehen weder "Futuro" noch die Position der Regierung weit genug. "Nach wie vor soll der Finanzplatz zentral auf Stiftungen aufbauen, anstatt endlich davon wegzukommen, im Ausland als Oase für Steuerhinterzieher wahrgenommen zu werden", sagt der FL-Politiker.

Stattdessen hoffen die Verantwortlichen in dem Fürstentum, über den eigenen Stiftungen ähnliche Trusts angelsächsischer Prägung ein noch größeres Stück vom internationalen Anlagevermögen abschneiden zu können. Denn nach Expertenschätzung weit überwiegende Teil des in den bis zu 60 000 Liechtensteiner Stiftungen angelegte Geld liegt auf den Konten ausländischer Banken, vor allem in der Schweiz. Angeblich haben große eidgenössische Banken bis kurz vor bekannt werden der deutschen Steueraffäre Liechtensteiner Stiftungen als ganz normale Geldanlage angeboten. Inzwischen ist man diesbezüglich etwas vorsichtiger geworden.

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