Liechtenstein:In diskreter Mission

Vom Kriminalitätsbekämpfer zum Teil eines äußerst fragwürdigen Finanzkartells: Michael Lauber ist der Cheflobbyist des Finanzplatzes Liechtenstein.

Uwe Ritzer

Irgendwann im März wird Michael Lauber wieder nach Berlin fliegen. Er wird dort Bundestagsabgeordnete besuchen, bei Politikberatern vorbeischauen und mit ausgewählten Journalisten wichtiger Medien Hintergrundgespräche führen.

Es werden unauffällige, geräuschlose Treffen sein. Wie immer. Etwa 100 solcher Reisen habe er in den vergangenen vier Jahren nach Deutschland unternommen, sagt Lauber.

Er nennt weder genaue Termine noch die Namen seiner Gesprächspartner. Denn Diskretion ist das größte Kapital des sportlichen, schlanken Mannes mit der sanften Bräune im Gesicht.

"Deutsches Problem"

Michael Lauber ist der Cheflobbyist des Finanzplatzes Liechtenstein - jenes Fürstentums also, das gerade durch die Steueraffäre um Ex-Postchef Klaus Zumwinkel und andere, die ihr Geld vor dem deutschen Fiskus in Privatstiftungen in dem Fürstentum versteckt haben, wieder einmal schwer in Verruf geraten ist.

"Das ist vorwiegend ein deutsches Problem", sagt Michael Lauber zum Fall Zumwinkel und seinen Nachbeben. Weiter will er die Causa nicht kommentieren. Während der Vaduzer Erbprinz heftig zürnt und die Regierung des Zwergstaates angesichts der Vorwürfe aus Deutschland, man leiste der Steuerhinterziehung Vorschub, beleidigt schmollt, verbreitet der 42-Jährige mit sonorer, unaufgeregter Stimme und Schweizer Zungenschlag diplomatische Zuversicht.

"Die Basis der Beziehungen zwischen Deutschland und Liechtenstein ist so fest, dass sich die Debatten sicher wieder versachlichen werden", sagt Lauber. Er könnte es auch einfacher formulieren: In Liechtenstein hofft man, dass bald Gras über die leidige Sache wächst und man wieder zum Tagesgeschäft zurückkehren kann. Genau das wollen jene, in deren Auftrag Michael Lauber unterwegs ist.

Als Geschäftsführer des Liechtensteiner Bankenverbandes (LBV) vertritt er die Interessen der 15 in dem winzigen Fürstentum ansässigen Geldhäuser. Als Lauber 2004 engagiert wurde, geschah dies ausdrücklich auch, um "Leistungen und Ergebnisse des Finanzplatzes" nach außen besser zu kommunizieren und "ein internationales Netzwerk aufzubauen", wie es damals hieß.

Wer könnte dies glaubwürdiger als jemand, der sich als Kämpfer gegen organisierte Kriminalität international einen Namen gemacht hat? Michael Lauber, Pfarrerssohn aus einem kleinen Dorf zwischen Bern und Zürich im Kanton Solothurn, startete seine Karriere als Untersuchungsrichter in Bern. Er wurde Spezialfahnder bei der Kripo und 1995 damit beauftragt, in Bern eine Zentralstelle zur Bekämpfung organisierter Kriminalität aufzubauen.

Nach einem kurzem Intermezzo als Rechtsanwalt in Zürich kam 2001 der Ruf aus Liechtenstein. Das Land stand auf der Schwarzen Liste jener Staaten, die gemessen an internationalen Standards zu wenig gegen Geldwäsche unternehmen. Um diesen wenig schmückenden Status loszuwerden, ließ man Lauber eine Financial Intelligence Unit (FIU) aufbauen, eine Zentralstelle zur Bekämpfung von Geldwäsche. Nach drei Jahren wechselte der Schweizer auf den LBV-Geschäftsführerposten.

"Null Toleranz"

Böse Zungen sagen, Michael Lauber habe damit endgültig die Seiten gewechselt: vom Kriminalitätsbekämpfer zum Teil eines äußerst fragwürdigen Finanzkartells. Er selbst weist das weit von sich: "Wenn es um kriminelle Handlungen geht, herrscht bei mir und überhaupt in Liechtenstein null Toleranz", sagt er.

Lauber ist gewohnt, Angriffe professionell und elegant abtropfen zu lassen. Wie vorige Woche, als ihm in der ZDF-Talkshow Kerner von einem Journalisten vorgeworfen wurde, in Liechtensteiner Stiftungen würden auch "kriminelle Profite geparkt und versteckt". Lauber antwortete, man bekämpfe Geldwäsche auf höchstem Standard, man sei in guten Gesprächen, man müsse den internationalen Dialog fortsetzen - kurzum: Alles wird gut.

Als er nach Liechtenstein kam, habe er sich schon umstellen müssen, sagt Lauber. Kurz sind die Wege in einem Ländchen, dessen Hauptstadt Vaduz nicht einmal 6000 Einwohner zählt. Natürlich habe man genau beobachtet, ob der Neue von außen sich benehme "wie der große Hirsch auf dem Feld." Inzwischen gilt er, der Nicht-Banker, als Fachmann, der intern durchaus vorsichtig Reformen anschiebt. Wohl wissend, dass diese in Liechtenstein lange dauern und meist nur auf Druck von außen passieren.

Lauber sitzt in einem Besprechungsraum der LBV-Zentrale, die aus ein paar Zimmern im dritten Stock eines unscheinbaren Bürohauses besteht. Er spreizt die Finger und tippt damit auf dem Tisch herum, als forme er Haufen. Dort ist Deutschland, hier ist Liechtenstein. Dort sei Steuerhinterziehung eine Straftat, hier nur ein untergeordnetes Vergehen. So sei das nun mal, und deswegen könne man in Fällen wie dem von Zumwinkel auch keine Rechtshilfe gewähren. "Der Link wird sein, wie man auf europäischer Ebene kooperiert und das Thema löst", sagt Michael Lauber.

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