Süddeutsche Zeitung

Lehman-Pleite:"Blöd für die Amerikaner"

Gerd Billen, Vorstand des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, erzählt, wie er vom Lehman-Kollaps erfuhr.

Wo erfuhren Sie von Lehmans Pleite?

Ich war in Kenias Hauptstadt Nairobi auf einer Sitzung der Weltverbraucherorganisation Consumers International. Schwerpunkt des Treffens waren die Auswirkungen der steigenden Energie- und Lebensmittelpreise auf die Verbraucher in den Entwicklungsländern.

Was war Ihr erster Gedanke?

Blöd für die Amerikaner, dachte ich. Und dass es da wohl ein paar Banker erwischt hat, die den Hals nicht voll kriegen können.

Seien Sie bitte ehrlich: Ahnten Sie, was da auf uns zukommt?

Bereits vor dem Ausbruch der Finanzkrise war die Weltkonjunktur im Zurückgehen begriffen. Zum Zeitpunkt der Lehman-Insolvenz war die Datenlage wohl nur für die unmittelbar befassten Wissenschaftler entsprechend lesbar. Ich glaubte damals, dass die Finanzkrise lediglich eine Wachstumspause für die Weltwirtschaft zur Folge haben würde. Insbesondere hatte ich das Wachstum der Schwellenländer viel robuster eingeschätzt.

Wie haben die vergangenen sechs Monate die Welt aus Ihrer Sicht verändert?

Eine Ära ist zu Ende gegangen, in der der Glaube an den Segen deregulierter Märkte herrschte und die Vorstellung, schwindelerregende Renditen seien zum Nulltarif zu haben. Das ist gleichzeitig eine Chance, die Idee der sozialen Marktwirtschaft verstärkt mit Leben zu füllen. Dazu gehört auch zu begreifen, dass Verbraucherschutz nicht nur dem Einzelnen nützt, sondern Märkte stabiler macht. Gerade im Finanzbereich müssen wir die Rechte von Verbrauchern stärken, unabhängige Beratung ausbauen und effektive Kontrollen schaffen.

Die Lehman-Pleite erschütterte vor einem halben Jahr die Finanzwelt. Eine Woche lang erzählt jeden Tag ein Prominenter, was er dachte, als er es erfuhr.

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Quelle:
SZ vom 20.03.2009/hgn
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