Er hatte Lehman Brothers erst groß gemacht - und dann in den Untergang geführt: Richard S. Fuld. Ein jetzt veröffentlichter Untersuchungsbericht des vom Gericht bestellten Gutachters Anton Valukas belegt, dass der "Gorilla", wie Fuld aufgrund seines oft brachialen Auftretens genannt wurde, getrickst hat, um die verheerende Lage seiner Bank zu vertuschen. Womöglich haben er und andere Führungskräfte sich damit sogar strafbar gemacht.
Denn während Fuld nach außen noch den starken Mann gab, schwächelte in Wirklichkeit sein Institut schon enorm. In den ersten Quartalen 2008 lagerte die Bank beispielsweise 50 Milliarden Dollar aus der Bilanz aus, um die wahre Verschuldung zu verbergen.
Das Vertrauen war futsch
Valukas äußerte sich zwar nicht direkt zur Rechtmäßigkeit des Handelns, mutmaßte aber, dass es zu einer Strafverfolgung führen könnte.
Er wirft dem Management dabei kein umfassendes Fehlverhalten vor. Fuld ist aber offenbar über die schmutzigen Bilanztricks informiert worden, und Lehman-Verantwortliche sollen intern vor dem Prozedere gewarnt haben.
Wörtlich heißt es in dem Bericht: "Lehmans finanzielle Notlage und die damit einhergehenden Konseqenzen für Lehmans Gläubiger und Aktionäre sind von den Lehman-Führungskräften verschlimmert worden." Die Bankchefs hätten teils fehlerhafte, aber nicht strafbare Entscheidungen gefällt, zugleich aber auch die Bilanz so manipuliert, dass die Manager dafür belangt werden könnten.
Weitere Gründe für die Lehman-Pleite sieht Valukas in dem Geschäftsmodell der Bank, dass die Übernahme exzessiver Risiken vor allem ab dem Jahr 2006 belohnt habe. Fuld suchte das Risiko, weil er unbedingt zum verhassten Rivalen Goldman Sachs aufschließen wollte. Diesem Ziel ordnete der Banker offenbar alles andere unter. "Es ist Krieg. Wir gegen sie" - so wird der Lehman-Chef und Eigner eines ausgestopften Gorillas, zitiert.
Die Chefetage der Lehman-Zentrale wurde zur Gefahrenzone: Fuld soll von seinen Mitarbeitern ausschließlich positive Meldungen geduldet und ihnen das auch deutlich gemacht haben. In einem Spiegel-Bericht vom Frühjahr 2009 wird der Fall von Mike Gelband geschildert. Der Chef der Abteilung "Kommerzielle und Wohn-Immobilien" soll Fuld bereits 2006 gesagt haben, dass Lehman Brothers bei seinen Immobiliengeschäften zu hohe Risiken eingehe und die Kredite auf die Häuser nicht mehr gesichert seien. Der Boss antwortete: "Du bist zu konservativ. Du willst keine Risiken mehr eingehen." Wenig später war Gelband gefeuert. Die Härte des Chefs trieb die Mitarbeiter zu Höchstleistungen an - und zur Unvorsichtigkeit.
Valukas-Report listet noch weitere Gründe für den Niedergang von Lehman Brothers auf. Denn auch die Behörden trügen Schuld - sie hätten die Probleme erkennen und entschärfen müssen.