Lebensversicherungen:Neues Gesetz soll Auszahlungen kürzen

Noch streiten Bundestag und Bundesrat über eine Kürzung bei der Lebensversicherung. Inhaber von Policen, die bald auslaufen, müssen rätseln, was ihnen am Ende der Vertragslaufzeit tatsächlich ausgezahlt wird. Eine vorzeitige Kündigung lohnt aber nicht immer.

Von Andreas Jalsovec

Bei Rudolf Steinhauser wird es eine ganz knappe Angelegenheit. Zum 1. März 2013 läuft der Vertrag zu seiner Kapitallebensversicherung aus. Drei Tage vorher soll der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat erneut das Gesetz über die Lebensversicherungen beraten. Gehen die geplanten Änderungen durch und treten sie noch vor März in Kraft, muss Steinhauser auf eine Menge Geld verzichten.

Knapp 24 400 Euro bekäme er dann nach Auskunft seines Versicherers zum 1. März ausbezahlt. Kommt das neue Gesetz erst nach diesem Datum, liegt die Ablaufsumme bei mehr als 28 700 Euro. Dann nämlich erhält Steinhauser noch seinen Anteil an der Hälfte der stillen Reserven des Versicherers. Nach dem neuen Gesetz ist das nicht mehr so. Das würde den Regensburger gut 4300 Euro kosten - ein Minus von 15 Prozent. "Wenn das wirklich so umgesetzt wird", sagt Steinhauser, der seinen echten Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, "fühle ich mich richtig verschaukelt".

Eine vorzeitige Kündigung kann sich lohnen

Noch ist offen, ob der Abschlag tatsächlich so hoch ist. Es wird diskutiert, ihn auf fünf Prozent zu begrenzen. Bei Steinhauser wären das knapp 1500 Euro. Was ihn aber besonders ärgert: Von dem Minus, der ihm bei der Ablaufleistung seiner Police droht, erfuhr er erst, als er per Telefon beim Versicherer nachfragte. "Normalerweise schicken die lange vor Ablauf der Police eine Mitteilung", berichtet Steinhauser. Die kam aber nicht. "Der Versicherer spielt auf Zeit", vermutet er. Hätte er frühzeitig von dem Abschlag gewusst, hätte er die Police möglicherweise vorzeitig kündigen können - und die stille Reserve ausgezahlt bekommen.

"In einigen Fällen kann das sinnvoll sein", sagt Axel Kleinlein, Chef des Bunds der Versicherten (BdV). Eine Kündigung lohnt sich, wenn der Vorteil, den man durch die Auszahlung stiller Reserven hat, die Nachteile überwiegt, die der Abbruch des Vertrages mit sich bringt. So kürzen einige Versicherer bei einer vorzeitigen Beendigung der Police die Schlussüberschüsse, die sie den Kunden am Ende auszahlen. Andere ziehen zusätzlich noch Stornokosten ab. Außerdem sind die stillen Reserven bei jedem Versicherer unterschiedlich hoch. Ob es besser ist, den Vertrag durch zu halten und auf die Reserven zu verzichten oder zu kündigen, bevor das neue Gesetz kommt, kann letztlich nur der Versicherer beantworten.

Man solle sich daher im Zweifel die beiden Varianten vom Versicherer durchrechnen und gegenüber stellen lassen, empfiehlt eine Sprecherin des Branchenverbandes GDV. Der Bund der Versicherten rät Kunden überdies, unabhängigen Rat einzuholen. Selbst dann jedoch bleibt ein Problem bestehen: Die Kunden müssen den Vertrag kündigen, bevor die neuen Regeln gelten. Wann das aber sein wird - und ob es überhaupt kommt - ist offen.

Von dem Streit profitieren Versicherte, deren Verträge im Januar endeten

Sinnvoll ist eine Kündigung ohnehin nur für jene Versicherten, deren Verträge bald auslaufen. Sie bekommen besonders hohe stille Reserven ausbezahlt. Die Reserven entstehen, wenn die Kurse der Wertpapiere, in denen die Versicherer das Geld ihrer Kunden anlegen, über jenem Preis liegen, zu denen sie die Papiere gekauft haben. Wegen der historisch niedrigen Zinsen notieren festverzinsliche Papiere derzeit hoch. Entsprechend groß sind die stillen Reserven, die auf heute auslaufende Verträge entfallen. Für Versicherte, deren Police noch Jahre läuft, empfiehlt sich eine Kündigung dagegen eher nicht. "Sie können noch gar nicht wissen, ob sie überhaupt Reserven ausbezahlt bekommen und wie hoch sie sein werden", heißt es bei der Stiftung Warentest.

Von dem Streit um das neue Gesetz haben bislang in jedem Fall jene Versicherte profitiert, deren Verträge im Januar endeten. Wären die neuen Regeln - wie geplant - schon Ende Dezember in Kraft getreten, hätten sie auf die Reserven verzichten müssen. Auch Rudolf Steinhauser setzt nun darauf, dass sein Vertrag ausbezahlt wird, bevor das Gesetz kommt: "Ich hoffe, das Geld ist dann schon auf meinem Konto."

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