Lebensqualität:Wohnt hier das Glück?

Laut Umfrage fühlen sich die Starnberger am wohlsten. Dort leben auch die meisten bayerischen Millionäre. Gehören also Geld und Glück zusammen wie Pech und Schwefel? Die wichtigsten Pfeiler des Wohlbefindens.

Von Lars Klaaßen

"Reichtum ist besser als Armut, aber nur aus finanziellen Gründen", behauptete Woody Allen. Doch seine These scheint soeben durch die repräsentative Online-Umfrage "Perspektive Deutschland" widerlegt worden zu sein. Das Magazin Stern, die Unternehmensberatung McKinsey, das ZDF und Internetanbieter AOL befragten zum dritten Mal Internet-Nutzer nach ihrer Meinung zur Lebensqualität in Deutschland.

Mehr als 450.000 Menschen waren dieses Mal an der Umfrage beteiligt. Ergebnis: In Starnberg leben die glücklichsten Deutschen - und die meisten bayerischen Millionäre.

Gemeinsam mit Landsberg am Lech belegt Starnberg Rang eins in der regionalen Zufriedenheitsskala.

Macht Reichtum also tatsächlich glücklich?

Wohnt hier das Glück?

Macht Reichtum also tatsächlich glücklich? "Damit hat das nichts zu tun", beteuert Thomas Janssen, vom Verein Stadtmarketing in Starnberg. "Die meisten Bürger unserer Stadt sind nach wie vor gar keine Millionäre."

Das Glück Starnbergs wurzelt für Janssen darin, dass die Starnberger in kommunale Entscheidungen mit einbezogen werden. Der alte Bahnhof und die Seepromenade etwa sollen umgestaltet werden. Im Vorfeld werden dazu die Bürger befragt. "Und die fühlen sich dadurch ernst genommen, weil sie mitgestalten können", glaubt Janssen.

Glücklicher Sieger 2003

Dass es am Reichtum allein nicht liegen kann, zeigt das Ergebnis der Umfrage vom vergangenen Jahr. Da führte Osnabrück die Liste an - diesmal hat es nur zu Platz vier gereicht.

Die Gegend am bayerischen Untermain rund um Aschaffenburg, 2002 noch auf Platz eins, liegt jetzt auf Rang sieben. Mit Freising (Platz 3) und Dachau (11) stehen zwei weitere Regionen aus dem Speckgürtel um München auf vorderen Plätzen.

Beide Gemeinden profitieren offenbar vom großen Freizeitwert in Oberbayern, der Arbeitsamtsbezirk Freising weist zudem mit einer Arbeitslosenquote von 4,5 Prozent die bayernweit beste Beschäftigungslage auf.

Beliebteste deutsche Großstädte sind der Umfrage zufolge Stuttgart (12), München (16), Köln (23) und Hamburg (31). Berlin rangiert unter 120 Städten und Regionen nur auf Platz 91.

Die Regionen mit den zufriedensten Einwohnern in Ostdeutschland sind Dresden (94) und Leipzig (95). Dort sind die Menschen gerade so zufrieden wie im östlichen Oberfranken (96) oder in Gelsenkirchen (97), den schwächsten Regionen im Westen.

Unglückliches Schlusslicht, in diesem wie im vergangenen Jahr, ist Dessau.

Arbeit ist der gemeinsame Glücks-Nenner

Vor allem eines haben die Glücklichen, was die Unglücklichen nicht haben: Arbeit. Dessau hatte im Juli 2003 18,8 Prozent Arbeitslose. Die Alten bleiben und die Jungen wandern ab, weil sie in Dessau keine Zukunft haben. Das drückt auf die Stimmung.

Der Wissenschaftler Bruno Frey, der die Lebenszufriedenheit in der Schweiz untersucht hat, kommt zu dem Schluss, dass sich Arbeitslosigkeit negativ auf alle auswirkt - auch auf die, die einen Job haben. Gründe seien die Angst, selbst arbeitslos zu werden und der Verlust an Solidarität.

Wohnt hier das Glück?

Bei hoher Arbeitslosigkeit klafft auch die soziale Schere immer weiter auseinander. Das schafft Unzufriedenheit.

So zeigen Länderstudien, dass die Menschen dort am glücklichsten sind, wo der Wohlstand - oder eben die Armut - relativ gleichmäßig verteilt sind.

Geld hat mit Glück nichts zu tun

Geld allein macht übrigens wirklich nicht glücklich: Zwar steige in Entwicklungsländern der "Glücksindex" mit dem Einkommen, in Industrieländern aber bringe mehr Wohlstand nicht mehr Wohlbefinden, berichtet Stefan Klein in seinem Buch "Die Glücksformel". So seien Westdeutsche fast ein Drittel reicher als Iren, dennoch seien sie unzufriedener.

Auch Überschaubarkeit ist von Vorteil. Mit knapp 23.000 Einwohnern ist Starnberg eine kleine Kommune. Hier scheint noch jeder jeden irgendwoher zu kennen. Manchen ist das zu eng und zu langweilig. Solche Leute ziehen dann weg, zum Beispiel nach München. In Starnberg ist alles in fünf Minuten zu Fuß erreichbar. Und inmitten des schönen grünen Umlands leben die Starnberger ohnehin schon. So haben sie möglicherweise mehr Zeit für die schönen Dinge des Lebens.

Vertrautheit ist ebenfalls ist ein wichtiger Pfeiler des Glücks, konstatiert Klein: Am wenigsten zufrieden seien die Bürger von Staaten, die vor kurzem einen tief greifenden Wandel oder eine Krise durchgemacht haben, schreibt er. Hier lebten die Menschen oft noch in Unsicherheit, wie etwa die Völker der ehemaligen Sowjetunion. Denen ist ihr Wertesystem zerbrochen, wie auch manchem Ostdeutschen. Bayerische Traditionspflege hingegen besticht durch Beständigkeit. Felix Bavaria!

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