Süddeutsche Zeitung

Laub:Blätter von nebenan

Der Baum muss nicht weichen, wenn seine Blätter zum Nachbarn segeln.

Es ist für Grundstücksbesitzer zweifellos eine Last, im Herbst auch noch das Laub vom Nachbarn zusammenzufegen. Die Gerichte lassen es in der Regel aber nicht zu, dass der Laubbaum zurückgeschnitten oder gar gefällt werden muss. Das Landgericht Nürnberg-Fürth bezeichnet Blätterregen als "ortsüblich"; damit sei er hinzunehmen.

Der Fall:

Eine Korkenzieher-Weide wuchs in 15 Jahren zehn Meter hoch. Der Nachbar störte sich an dem großen Baum, weil Laub auf sein Grundstück fiel und ihm im Oktober und November viel Arbeit machte. Ständig müsse er die Blätter zusammenkehren, aus dem Gartenteich fischen und seine verstopfte Dachrinne reinigen. Er forderte deswegen, dass der Baum auf eine Höhe von etwa sechs Metern zurückgeschnitten werde. Damit nehme die Belastung für ihn deutlich ab.

Der Besitzer der Korkenzieher-Weide sah dies nicht ein. Er vertrat die Meinung, dass der Laubfall zu den normalen Belastungen zähle, mit denen man in einer Wohngegend mit vielen Einfamilienhäusern und Gärten nun einmal rechnen müsse. Die Parteien stritten durch zwei Instanzen hindurch, ob der Baum in der ursprünglichen Höhe stehen bleiben dürfe.

Das Urteil:

Die Richter entschieden zu Gunsten "Grün". Sie verweigerten jedes Zurechtstutzen des Baumes und bezeichneten den Laubfall als "ortsüblich" - das heißt als eine Belastung, die jedem Bewohner eines bestimmten Stadtteils oder einer Gemeinde zugemutet werden kann. Schließlich sei es ja im Rest des Jahres ein gewisser Vorteil, in einer grünen Umgebung zu wohnen. Eine Duldung des Blätterregens sei schon alleine deswegen zumutbar, weil sich das Problem nur an wenigen Wochen im Jahr stelle.

Aktenzeichen: Landgericht Nürnberg-Fürth 13 S 10117/99

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