Landesbanken in Not:Ein harter Herbst

Die Landesbanken müssen Kreditausfälle in großem Stil fürchten. Die LBBW soll trotz neuer Milliardenverluste keine Kapitalerhöhung bekommen.

Dagmar Deckstein und Thomas Fromm

Trotz eines bevorstehenden Milliardenverlusts erwägt die angeschlagene Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) keine Kapitalerhöhung, um die Finanzkrise zu überstehen. Derartige Gerüchte aus dem Umfeld von Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) seien "Quatsch", sagte ein LBBW-Sprecher. Schon am Donnerstag war aus Eigentümerkreisen herausgesickert, dass der größten deutschen Landesbank ein Verlust von fast zwei Milliarden Euro auch 2009 ins Haus stehe, nachdem das Institut bereits im vergangenen Jahr 2,1 Milliarden Euro Minus gemacht hatte.

Die Lage der LBBW wirft Schatten auf die Zukunft der meisten Landesbanken. Zuletzt war es BayernLB-Chef Michael Kemmer, der vor einem schwierigen zweiten Halbjahr gewarnt hatte und wegen der "unsicheren Konjunktur- und Marktlage" weitere Verluste nicht ausschließen wollte. "Im zweiten Halbjahr liegt eine schwierige Wegstrecke vor uns", sagte Kemmer vor einigen Wochen in München.

Kerngeschäft bedroht

Waren es bislang wackelige Wertpapiere, die die Bilanzen der Landesbanken belasteten, dürfte es in den kommenden Monaten an das Kerngeschäft der öffentlichen Institute gehen: Sie haben vor allem Kredite für den Mittelstand und gewerbliche Immobilien in ihrem Portfolio - Kredite, die im Zuge der Wirtschaftskrise häufig wackeln und wegbrechen.

Zum Beispiel die LBBW: Zwar hält die Landesbank noch immer Milliarden an toxischen Papieren in ihrem Bestand. In den vergangenen Monaten aber hatte sich immer stärker eine zweite Front gebildet: Die LBBW ist als eine der größten Mittelstandsfinanzierer des Landes unmittelbar von den Krisenproblemen der exportabhängigen Mittelständler vor allem im Südwesten betroffen, darunter zahlreiche Maschinenbauer und Autozulieferer. Zum anderen drücken Verluste aus dem Projektgeschäft mit Immobilien auf die LBBW-Bilanz. So stehen manche Büro- oder Geschäftshäuser, die die Immobilientochter der Stuttgarter Landesbank mitfinanzierte, zum Teil bis zu 96 Prozent leer.

Der Hoffnungsschimmer, der sich Mitte 2009 für die LBBW in Form eines Halbjahresgewinns von 215 Millionen Euro abzeichnete, trog also. Insider vermuten, dass die Botschaft vom anstehenden Milliardenverlust wenige Tage vor der Bundestagswahl vor allem als Warnschuss für Oettinger gemünzt war, der zugleich Aufsichtsratschef der Bank ist.

Fünf Milliarden Euro für die LBBW

Die LBBW gehört zu je 40 Prozent dem Land und dem baden-württembergischen Sparkassenverband sowie der Stadt Stuttgart. Schon im vergangenen Jahr hatten die Eigentümer allen Ehrgeiz darin entwickelt, die hoch verschuldete Landesbank aus eigener Kraft zu retten und nicht unter den Rettungsschirm des Bundes geraten zu lassen.

Ende letzten Jahres hatten die Eigentümer fünf Milliarden frisches Eigenkapital in die LBBW gesteckt und zusätzlich eine Ausfallbürgschaft über 12,7 Milliarden Euro übernommen. Der damalige Bankchef Siegfried Jaschinski wurde auf Druck des Koalitionspartners FDP abgesetzt und im Juni durch den früheren Berliner Landesbankchef Hans-Jörg Vetter ersetzt.

So spricht einiges dafür, dass der neue Chef die Altlasten aus der Bilanz möglichst schnell loswerden will. Anfang Oktober will Vetter der Trägerversammlung seine Umbauplan vorstellen, auf den nicht zuletzt die EU-Kommission wegen der Landeshilfen gepocht hatte. Vetter will 400 Millionen Euro pro Jahr einsparen und mindestens 800 der 13500 Arbeitsplätze bei der LBBW streichen.

Die nächste Problemwelle, die auf die Landesbanken zurollt, dürfte die Schwierigkeiten der Häuser weiter verstärken und die Geschäftsmodelle noch mehr unter Druck setzen. Schon seit langem fordern Experten und Europäische Kommission Zusammenschlüsse der Landesbanken in Deutschland. Dies war bislang an den jeweiligen Landesregierungen, die an ihren Häusern nach wie vor eisern festhalten, gescheitert.

Gleichzeitig wächst der Druck der EU auf die Häuser, sich von ihren Beteiligungen zu trennen. Viele Landesbanken haben Milliardenverluste aufgetürmt und müssen von ihren Eigentümern, den Ländern und Sparkassen, gestützt werden.

Das Problem bleibt wohl auch an ihnen hängen: Denn gerade weil die Institute kein funktionierendes Geschäftsmodell mehr haben und Verluste schreiben, ist es schwierig, sie zu fusionieren oder an private Investoren weiterzureichen. "Es ist sehr unwahrscheinlich, dass eine der Landesbanken auf absehbare Zeit vollständig privatisiert werden kann", schreiben Analysten.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: