Kurzlaufende Staatsanleihen:Anleger schenken Deutschland Geld

Angst vor der Schuldenkrise: Zum ersten Mal zahlen Anleger dafür, dem deutschen Staat Geld leihen zu dürfen - die sechsmonatigen Anleihen gelten als sehr sicher. Auch andere Staaten konnten schon von der Angst der Anleger profitieren.

Bei einer Auktion von Geldmarktpapieren platzierte der Bund 3,9 Milliarden Euro zu einem Durchschnittszins von minus 0,01 Prozent - also zahlen Anleger Geld dafür, dass sie ihr Vermögen dem Staat leihen, statt wie üblich Zinsen zu kassieren. Erstmals gilt somit für Deutschland eine sogenannte negative Rendite. Nach Angaben der Deutschen Finanzagentur, die die Sechsmonatspapiere versteigerte, war das Angebot 1,8fach überzeichnet, was darüber hinaus eine robuste Nachfrage bedeutet.

Anleger zeigen Deutschland bei Anleiheauktion Grenzen auf

Wolken über Frankfurt: Die Angst der Anleger drückt die Zinsen für deutsche Staatsanleihen.

(Foto: dpa)

Die Finanzagentur hatte die Auktionsregeln geändert, damit negative Renditen überhaupt erstmals möglich werden. Interessenten bieten jetzt nicht mehr Renditen, sondern Kurse, zu denen sie kaufen würden. Bietet ein Investor mehr als 100 Prozent des Nennwerts, dreht der Zins ins Minus.

Schon vergangene Woche hat Deutschland Staatsanleihen platziert, allerdings langlaufende über zehn Jahre. Damals hatte die Bundesrepublik insgesamt gut vier Milliarden Euro zu einem durchschnittlichen Zins von 1,93 Prozent aufgenommen. Analysten hatten dies als "zufriedenstellend aber nicht sensationell" bezeichnet. Im November hatte der Bund es ein Mal nicht geschafft, so viele Staatsanleihen zu verkaufen wie geplant. Die Auktion vom Montag zeigt nun, dass die Anleger doch weiterhin der deutschen Kreditwürdigkeit trauen, ihr Geld dort sicher wähnen.

So sehen es auch Analysten. "Der negative Durchschnittszins ist ein Indikator für die starke Nachfrage nach deutschen Staatsanleihen, welche in der derzeitigen Marktsituation als sicherste Anlage betrachtet werden", sagte Giuseppe Maraffino, ein Stratege bei Barclays Capital.

Negative Zinsen sind nichts Neues in der Schuldenkrise. Neben Deutschland zahlen auch die Niederlande und Dänemark Anlegern eine negative Rendite. Vergangene Woche versteigerte die niederländische Schuldenagentur Geldmarktpapiere im Wert von fast drei Milliarden Euro mit einer Laufzeit von drei Monaten - die Rendite lag bei 0,0 Prozent.

Schon Ende 2011 hatten Anleger bei einer dänischen Auktion für kurzlaufende Anleihen Verluste in Kauf genommen. Dänemark ist zwar Mitglied der Europäischen Union, gehört aber nicht zur Währungsunion.

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