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Kunden ärgern sich über Banken:Online überweisen? Nur gegen Gebühr!

Die Banken haben eine neue Möglichkeit gefunden, ihre Kunden Gebühren abzuknöpfen. Und zwar beim Online-Banking: Bisher mussten diese bei Überweisungen im Netz lange Nummern eintippen. Jetzt stellen die Banken auf modernere Verfahren um - und lassen die Kunden dafür bezahlen.

Malte Conradi

Die Sicherheit, natürlich. Nichts anderes ist Bankkunden, die Geldgeschäfte im Internet erledigen, wichtiger. Sagen sie jedenfalls in Umfragen. So auch in der jüngsten Studie der Initiative D21, eines gemeinnützigen Vereins, der die Internetkompetenz der Deutschen fördern will. Gemeinsam mit dem Datenschutz rangiert die Sicherheit an der Spitze, weit vor der Bequemlichkeit.

In der Realität jedoch, das berichten die Vertreter gleich mehrerer Banken hinter vorgehaltener Hand, spielt die Bequemlichkeit der Nutzer eine weitaus größere Rolle. "Viele Kunden sind einfach nicht von der alten Tan-Liste abzubringen", klagt ein Mitarbeiter.

Der Papierstreifen mit den zumeist 100 Transaktionsnummern (Tans) ist noch immer das am häufigsten genutzte Sicherheitssystem beim Online-Banking. Dabei gibt es längst modernere Systeme - und nach Meinung von Experten sind die sicherer als die liebgewonnenen Listen.

Im Grunde dienen die Tans als Einmal-Passwörter, die beim Online-Banking die Unterschrift des Kunden ersetzen. Mit ihnen bestätigt der Nutzer jeden einzelnen Geschäftsvorgang im Internet. Die herumliegenden Tan-Listen sind jedoch relativ anfällig für Betrugsversuche, etwa wenn Kriminelle sich Zugang zu den Zahlenfolgen verschaffen.

Die beiden wichtigsten Systeme, die das verhindern sollen, sind die mobile-Tans (m-Tans) und der Tan-Generator. Beiden Verfahren ist gemeinsam, dass die Zahlenkombinationen nicht im Voraus feststehen, sondern für jedes Bankgeschäft einzeln produziert werden: Die Tan ist fest an einen bestimmten Vorgang gebunden und meist nur für wenige Minuten gültig. Sollte ein Betrüger sie ausspionieren, hilft sie ihm nicht viel: Die Höhe des Betrags und der Empfänger der Überweisung lassen sich nicht mehr ändern.

Vielen Kunden bleibt wohl keine Wahl

Bei der m-Tan gibt der Kunde seine Überweisung wie gehabt in das Internetformular ein und bekommt vor dem Abschluss per SMS eine Tan auf sein Mobiltelefon geschickt. Der Tan-Generator funktioniert ähnlich: In dieses taschenrechnergroße Gerät steckt der Kunde eine Karte - bei einigen Instituten die EC-Karte, bei anderen eine spezielle Chipkarte -, und gibt über ein Tastenfeld seinen Buchungswunsch ein. Der Generator spuckt dann eine Tan aus. Als dritte Variante bietet die Postbank für gewerbliche Kunden einen USB-Stick an, der ähnlich wie der Generator funktioniert.

Viele Bankkunden werden bald keine andere Wahl mehr haben, als sich umzustellen. Denn die meisten Institute stellen ihre Sicherheitssysteme zum Ende dieses Jahres endgültig um. "2012 wird es bei uns keine Tan-Listen mehr geben", sagt eine Sparkassen-Sprecherin. Dasselbe gilt für die Volks- und Raiffeisenbanken sowie die Postbank.

Anderswo hat der Nutzer weiterhin die Wahl. Als letzte große Institute führen die Direktbanken Ing-Diba und Comdirect die neuen Tan-Systeme ein. Einzig die Deutsche Kreditbank (DKB) will ihren Kunden auch weiterhin nur die Tan-Listen anbieten. "Wir denken, dass das Verfahren sicher ist", lautet der knappe Kommentar.

Und noch eine Neuerung kommt auf viele Bankkunden zu: Während das Online-Banking bisher zumeist kostenlos war, lassen sich nun einige Anbieter die Sicherheit von den Kunden bezahlen. Die Deutsche Bank und die Norisbank etwa berechnen im m-Tan-Verfahren neun Cent je verschickter SMS.

Große Unterschiede gibt es bei den Kosten für die Generatoren. Während einige Sparkassen oder Volks- und Raiffeisenbanken sie ihren Kunden kostenlos überlassen, verlangen andere Institute Geld dafür.

Verbraucherschützer kritisieren diese Preisgestaltung scharf. Genauso wie das Abschließen der Safetür, argumentieren sie, sei die Sicherung von Bankgeschäften im Internet Sache der Institute. Ohnehin würden sie durch das Online-Banking viel Geld sparen, da sie immer weniger Personal brauchten.

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Quelle:
SZ vom 09.08.2011/lom
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