Kulturgeschichte des Goldtransports:Schwere Fracht zwischen Stürmen und Freibeutern

Kulturgeschichte des Goldtransports: Ein Model bei der Ausstellung "Designing 007":  James Bond musste gegen Goldfinger ran, der Frauen einen tödlichen Goldüberzug verpasste.

Ein Model bei der Ausstellung "Designing 007":  James Bond musste gegen Goldfinger ran, der Frauen einen tödlichen Goldüberzug verpasste.

(Foto: AFP)

Die Bundesbank will 700 Tonnen ihrer Goldreserven aus Paris und New York nach Frankfurt heimholen. Die Frage ist nur: wie? Der sichere Transport des Edelmetalls ist seit Jahrtausenden das größte Problem von Eroberern und Herrschern - und die verschollenen Schätze rufen noch heute Abenteurer auf den Plan.

Von Joachim Käppner

Wie manche Männer, die sich Ruhm und Reichtum erarbeitet haben, ist auch Dagobert Duck jederzeit bereit, sich als Vorbild für andere zur Verfügung zu stellen. Insbesondere seinen Neffen Donald weist er ein ums andere Mal auf folgenden Umstand hin: Es war ja keineswegs so, dass all "meine geliebten Talerchen", die er in seinem Geldspeicher hortet, sowie der dort lagernde Goldschatz - dessen Gewicht jenes der Bestände der Deutschen Bundesbank um ein Vielfaches übertreffen dürfte -, dass ihm all das also in den Schoß gelegt worden sei. Oh nein. Vielmehr habe er als junger Enterich um 1890 die Grundlage dieses Vermögens beim Goldrausch am Klondike River, Alaska, mit eigener Hände Arbeit geschaffen.

Doch das nur am Rande. Bedeutsamer ist hier die Frage, wie er sein erstes Gold, und das war nicht wenig, wie er durchblicken lässt, in Sicherheit gebracht hat. Gold lässt sich gut und sicher lagern, ob im Geldspeicher von Entenhausen, in den Schatzkammern der spanischen Könige oder den Gewölben von Fort Knox. Die vergeblichen Versuche Unbefugter, sich Zugang zu den Zitadellen des schimmernden Metalls zu verschaffen, füllen Comics, Romane, Kinothriller. Nicht der Ankunftsort ist das Problem, sondern der Weg dorthin.

Deshalb wollen die Bundesbanker auch keinesfalls verraten, wie sie denn ihren Schatz aus Paris und New York heim nach Frankfurt zu schaffen gedenken. Paris ist einfach, das könnte mit geschützten Transportern gehen, deren Panzerung selbst einer Panzerfaust widersteht. Das Gold aus New York muss immerhin über den Atlantik reisen, weshalb nur das Schiff infrage kommt oder das Flugzeug. Bedenkt man, dass selbst die zyklopischen russischen Antonow-Frachtmaschinen, welche bald das schwere Gerät der Bundeswehr aus Afghanistan fortschaffen, nur jeweils 120 Tonnen zuladen können und normale Transportflugzeuge sehr viel weniger: Da werden einige Flüge nötig sein bei den 300 Tonnen aus Amerika.

Dass Gold auch in beträchtlicher Größenordnung bewegbar ist, wenn man es nur bewegen will, soll die frühere tunesische Präsidentengattin Leila Trabelsi laut Le Monde bewiesen haben. Die "Königin von Karthago" floh demnach vor dem Volkszorn des arabischen Frühlings, freilich nicht ohne zuvor Goldbarren im Gewicht von 1,5 Tonnen aus der Zentralbank mitgenommen zu haben.

In der Finanzkrise mag es manchen Gold-Guru gegeben haben, der die Anleger auf den Holzweg führte. Schon im märchenhaft reichen Babylon lehrten weise Männer, dass "das Gold flüchtet" - von jenem nämlich, der es, verführt durch trickreiche oder törichte Berater, herumtrage und nicht wohl verwahre. Aus Sicht des Goldbesitzers jedenfalls hat das edle Metall nur einen einzigen Nachteil - es ist höllisch schwer und damit in größeren Mengen ein Transportproblem.

Römergold, Spaniergold, Nazigold

Diesem Umstand sind die Römerschätze in den Antikenmuseen zu verdanken. In Straubing sind die großartigen Goldrüstungen zu sehen, die ein reicher Römer vergrub, als im 3. Jahrhundert die Alemannen anrückten. Offenbar rechnete der Besitzer damit, dass die ruhmreichen Legionen die Barbarenhorde zurück in die sumpfigen Wälder jagen würden, in die sie gehörte; doch war dies leider ein Irrtum. In Trier baggerte ein Arbeiter 1993 beim Bau einer Tiefgarage mehr als 2500 Goldmünzen mit dem Gesamtgewicht von 18,5 Kilogramm aus. Einige Münzen fanden ihren Weg in eine Trierer Kneipe, wo sie gegen Freibier getauscht wurden, das Gros des Schatzes aber befindet sich wohlverwahrt im Rheinischen Landesmuseum in Trier. Ganz offenkundig hat sein Besitzer das Gold unter seiner Villa verbuddelt, bevor er eilends das Weite suchte. Er dürfte zu den Parteigängern des glücklosen Gegenkaisers Clodius Albinus gehört haben. Und als der nicht für seine Langmut gefeierte Imperator Septimius Severus anrückte, um diesem machtvoll aufs Haupt zu schlagen, da waren des Albinus Parteigänger froh um jedes Kilo, das ihre rasche Flucht nicht erschwerte.

Jedes Römergold gleicht den berühmten Deutsche-Bank-Peanuts im Vergleich zu den Mengen, welche die Spanier aus Mittel- und Südamerika holten. Die allerchristlichsten Heere Ihrer katholischen Majestät zerstörten im 16. Jahrhundert die indianischen Hochkulturen und schickten die Überlebenden in die Minen, wo sie Gold und Silber für die Eroberer zu graben hatten. Über lange Zeit begründeten die Edelmetalle aus Übersee Reichtum und Macht des spanischen Imperiums. Wie alle Goldbesitzer standen freilich auch die Spanier vor dem Grundproblem: Wie bekommt man es nach Hause? Von den Minen wurde es per Maultierkarawanen zu den Seehäfen geschafft, dort wartete die berühmte Silberflotte, die Flota de Indias. Zur Zeit der günstigsten Winde segelten schwer bewachte Konvois übers Meer, ähnlich wie beim alliierten Geleitzugsystem des Zweiten Weltkrieges. Was den Deutschen die U-Boote waren, das waren für die Briten im 16. bis 18. Jahrhundert die Kaperfahrer, von der britischen Krone offiziell ernannte Piraten auf der Spur des spanischen Goldes. Zu den berühmtesten gehörte der Weltumsegler Sir Francis Drake, der die Konvois mit kleinen, wendigen Schiffen von erstaunlicher Feuerkraft attackierte, und wehe den Nachzüglern und Verirrten, die er fand.

Auch die Häfen waren nicht sicher. 1572 griff Drake den Hafen Nombre de Dios in Panama an. Er bekam einen Beinschuss ab, doch das war es ihm wert. Im Ort fanden seine Männer gestapelte Silberbarren, "70 Fuß lang, zehn Fuß breit und zwölf Fuß hoch". Von den Spaniern erpresste er zudem eine große Menge Gold. Ihn dürste nämlich, ließ er sie wissen, "nach jener besonderen Ware", die dieses Land zu bieten habe. Er würde gern von dem ernten, was die Spanier gesät hätten, was sie aus der Erde holten, um damit Unglück über die gesamte Erde zu bringen.

Es darf als sicher gelten, dass die Schatzflotten einen noch weitaus ärgeren Feind hatten: die See. Stürme und Riesenwellen versenkten manches überladene Schiff, noch heute ist die Suche nach Wracks voller Gold und Silber der Traum der Unterwasserarchäologen und Abenteurer. 1744 sank eines der stärksten Schiffe der britischen Flotte, die HMS Victory - eine Vorgängerin des noch erhaltenen, namensgleichen Flaggschiffes von Lord Nelson - mit 1150 Mann und 100 Kanonen im Ärmelkanal. An Bord, heißt es, sollen sich Tonnen von Gold befunden haben. Seit vor einigen Jahren Reste des Wracks auf dem Meeresgrund gefunden wurden, liefern sich Regierungen und private Firmen ein Hickhack um Rechte und Kosten der Bergung. Auch als der Unterwasserroboter einer US-Schatzsucherfirma 2007 fast 20 Tonnen Gold- und Silbermünzen aus dem Wrack der Nuestra Señora de las Mercedes fischte, erhob der spanische Staat Anspruch darauf. Die Engländer hatten die Fregatte 1804 dummerweise versenkt. Nach langem Streit kam der Schatz im Wert von 350 Millionen Euro 2012 an seinen ursprünglichen Bestimmungsort: Madrid.

Wenn jemand die Spanier im Ausplündern fremder Staaten überboten hat, dann zweifellos die Nazis. Devisen, Kunst, Gold nahmen die Besatzer mit oder ihren Opfern ab; vieles davon lag bei der Reichsbank in Berlin und wurde 1945 auf Lastwagen und Zügen eilig vor der heranrückenden Roten Armee in Sicherheit gebracht. Man spricht von "Raubgold". Flüchtende NS-Bonzen, Plünderer, US-Soldaten dürften etliches davon einkassiert haben. Bis heute gehen Schatzsucher am bayerischen Walchensee um, wo das Gold der Reichsbank sein Versteck gefunden haben soll. Vergangenen Herbst wurden Taucher auf der Suche in einem verborgenen Felsentümpel fündig. Es war aber kein Gold, sondern eine verrostete Panzerfaust.

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