Kündigung wegen Eigenbedarf:Teure Notlüge

Vermieter kündigen oft mit der Begründung, dass er die Wohnung für sich oder seine Familie braucht. Sind seine Gründe allerdings nur ein Vorwand, kann es für ihn richtig teuer werden.

Andrea Nasemann

Das Mietrecht in Deutschland ist strikt: Nur wer einen handfesten Grund hat, darf als Vermieter seinem Mieter kündigen. Ein solches berechtigtes Interesse ist vor allem der Eigenbedarf. Braucht der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts, kann er den Auszug verlangen.

Kündigung wegen Eigenbedarf: Der Vermieter kommt nicht immer mit der Begründung "Eigenbedarf" durch.

Der Vermieter kommt nicht immer mit der Begründung "Eigenbedarf" durch.

(Foto: Foto: Photodisc)

Dann muss er allerdings im Kündigungsschreiben dezidiert erklären, für welche Person er die Wohnung benötigt und warum ihre jetzige Wohnung nicht mehr ausreicht. Dabei ist er nach einer neuen Entscheidung des Bundesgerichtshofs auch dann berechtigt zu kündigen, wenn er die Wohnung nur teilweise für eigene Wohnzwecke, überwiegend aber für eigene berufliche Zwecke - zum Beispiel für die Einrichtung eines Architekturbüros - nutzen will (VIII ZR 127/05).

Manchmal stellt sich allerdings heraus, dass der Vermieter den Eigenbedarf nur vorgeschoben hat. Vor allem dann, wenn er die Wohnung verkaufen will, kann es in seinem Interesse liegen, den Mieter loszuwerden. Hat der Mieter Anhaltspunkte dafür, dass der Eigenbedarf nur vorgetäuscht ist, sollte er diese in einem Kündigungsrechtsstreit vorbringen. Grundsätzlich muss immer der Mieter darlegen und beweisen, dass ihm zu Unrecht wegen Eigenbedarfs gekündigt wurde. Ist der Mieter schon ausgezogen, ist es möglicherweise einfacher für ihn, den Verdacht der vorgeschobenen Eigenbedarfskündigung zu erhärten.

Der Vermieter mag aber gute Gründe dafür haben, dass er nicht sofort eingezogen ist. Hier gelten folgende Beweisregeln: Der Vermieter muss plausibel darlegen, warum er gekündigt hat beziehungsweise aus welchen Gründen der ursprünglich behauptete Eigenbedarf später weggefallen ist. Gelingt ihm das, muss der ehemalige Mieter beweisen, dass der Eigenbedarf und dessen späterer Wegfall nur vorgetäuscht waren, es also an einem Selbstnutzungswillen des Vermieters fehlte (Bundesgerichtshof, VIII ZR 368/03).

In diesem Fall kann es für den Vermieter richtig teuer werden. Er macht sich dann nicht nur wegen Betrugs strafbar, sondern auch schadensersatzpflichtig. Ein Anhaltspunkt, dass kein wirklicher Eigenbedarf vorlag, könnte zum Beispiel sein, dass es schon im Vorfeld der Kündigung Auseinandersetzungen mit dem Vermieter gab, zum Beispiel über eine Mieterhöhung oder über die letzte Nebenkostenabrechnung.

Fällt der Eigenbedarfsgrund während der laufenden Kündigungsfrist weg, zum Beispiel weil die Person, zu deren Gunsten gekündigt wurde, inzwischen verstorben ist oder eine andere Wohnung angemietet hat, muss der Vermieter dies dem Mieter mitteilen und auf dessen Verlangen das Mietverhältnis fortsetzen. Diese Informationspflicht besteht aber nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, also bis zur Beendigung des Mietverhältnisses, nicht jedoch im Falle einer verzögerten Räumung.

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