Kryptowährungen:Reale Häuser für virtuelles Geld

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Wer hätte nicht gern eine Villa am Meer? So mancher versucht, mit Spekulationen in Kryptowährungen reich zu werden und sich seine Wünsche zu erfüllen. Häuser mit Bitcoin zu bezahlen, das geht inzwischen an einigen Orten.

(Foto: imago stock&people)

Der Bitcoin-Hype hat auch die Immobilienwirtschaft erreicht. Sollte sich dieses Bezahlmittel durchsetzen, könnte das die Branche komplett verändern.

Von Marianne Körber

Ein Haus- oder Wohnungskauf ist teuer, in Großstädten oft nur noch etwas für Bestverdiener oder Menschen, die geerbt haben. Oder für diejenigen, die mit Kryptowährungen wie Bitcoin schnell reich geworden sind - zumindest auf dem Papier, denn allzu viel kann man in der realen Welt nicht damit anfangen. Noch nicht, aber das wird sich wohl bald ändern. Es gibt sie schon, die Innovativen, die sich auf die neue Bezahlwelt einstellen.

Eine Wohnung in München-Bogenhausen im Wert von 550 000 Euro, etwa 55 Quadratmeter, voll möbliert und renoviert, gegen Bitcoin zu kaufen. Das Angebot stammt vom Unternehmer und Investor Felix Haas, der die Wohnung im Dezember bei Immobilienscout 24 inserierte. "Es gibt zahlreiche Interessenten, der Notar bereitet gerade eine Transaktion vor", berichtet der gebürtige Münchner, der in Start-ups aus der digitalen Welt investiert und selbst einige Firmen mitgründete, zum Beispiel den Ticket-Anbieter Amiando.

Für Haas ist das eine Art Testlauf; er will wissen, ob der Immobilienhandel mit Kryptowährungen funktioniert. Und wenn dem so ist, will er mitmischen. "Als Internetunternehmer beschäftige ich mich immer mit neuen Technologien. Blockchain beziehungsweise dezentralisierte Ledgers sind eine sehr interessante Technologie. Immobilientransaktionen sind mit hohen Kosten und komplizierten Prozessschritten verbunden. Wir evaluieren, wie die neuen Technologien diesen Prozess vereinfachen können", sagt Haas. Er hat aber natürlich mehr als ein theoretisches Interesse: "Wir planen gerade mehrere Projekte in diesem Bereich mit Gründung hier in München." Näheres will er dazu noch nicht verraten.

Verwirrendes Angebot: Neubau mit Seeblick für 1,2 Millionen Dollar oder für 100 Bitcoin

Haas ist längst nicht der Einzige, der vom Bitcoin-Boom profitieren will. Und ein Boom ist es tatsächlich, seit Japan Bitcoin zum 1. April 2017 als offizielles Zahlungsmittel anerkannte. Täglich werden mehrere Milliarden Dollar bewegt, für verschiedene finanzielle Transaktionen. Immobilienverkäufe sind zwar eher noch selten, aber das Interesse wächst auch in dieser Branche. Auf inländischen Immobilienplattformen gibt es bereits vereinzelt Inserate mit dem Hinweis auf Bitcoin, auf ausländischen viele. Die Plattform Bitcoin-realestate.com beispielsweise bietet weltweit Geschäfte an, etwa einen Bungalow im Nordosten von England für 375 000 Dollar - "Cash or Bitcoin, Ethereum, Ripple and Stellar", einen Neubau in Portugal mit Seeblick für 1,2 Millionen Dollar oder 100 Bitcoin oder ein Haus in der Dominikanischen Republik für 37 Bitcoin.

Der Markt wächst - trotz heftiger Kursausschläge, Handelsbeschränkungen und Unkenrufe, aber warum eigentlich? Wo liegen die Vorteile von Bitcoin & Co. auf dem Immobilienmarkt? Haas: "Eine Immobilientransaktion ist in viele einzelne Schritte unterteilt: Makler-Vereinbarung, Besichtigung, Vorvertrag, Notartermin, Grundbucheintragung, Zahlung. Bei vielen dieser Schritte halten Intermediäre die Hand auf. Und genau hier liegt viel Automatisierungs- und Verbesserungspotenzial. Kryptowährungen beziehungsweise Blockchain-Technologien können hier eine entscheidende Rolle spielen".

Auch bei Immobilienscout 24 wird das so gesehen. Auf der Homepage heißt es: "Gäbe es Datenbanken in Blockchain-Technologie und eine passende Infrastruktur, ließe sich der zeit- und ressourcenaufwendige Prozess des Immobilienkaufs oder -verkaufs deutlich vereinfachen. Der gebührenpflichtige Grundbucheintragung beim Amt sowie der kostspielige Notarbesuch wären überflüssig. Denn die entsprechenden Informationen könnten während der Verkaufstransaktion automatisch und fälschungssicher gleich mitübertragen werden." Thomas Schroeter, seit Mitte April 2017 neben Michael Bütter Geschäftsführer von Immobilienscout 24, sagt: "Welche Währungen sich als Zahlungsmittel dauerhaft bei Konsumenten durchsetzen, ist letztlich eine Frage des praktischen Nutzens. Dieser kann vom Tauschmittel über die Wertaufbewahrung bis hin zur Recheneinheit reichen." Er will aber auf jeden Fall den Wünschen der Kunden entgegenkommen. "Wir diskutieren ständig neue Tech-Trends und Digital-Entwicklungen und damit auch die Kryptowährungen. Denn als Digitalunternehmen entwickeln wir disruptive Technologien und Produkte, die vom Konsumenten gewünscht oder gar gefordert werden. Wenn Kunden beispielsweise ihre Wunschimmobilie oder das Traumauto auch in Bitcoin angezeigt haben wollen, dann werden wir dies umsetzen." Schroeter hat Erfahrung mit neuen Technologien. Vor dem Wechsel zu dem Immobilienportal war er unter anderem beim Online-Marktplatz Ebay tätig und war Mitgründer und Geschäftsführer des Sprachportals Bab.la.

Wie viele Immobilien tatsächlich schon mit Kryptowährungen gekauft wurden, lässt sich nicht sagen. Bei Immobilienscout 24 ist noch kein solcher Handel getätigt worden. "Es gibt vereinzelt Inserate, bei denen der Anbieter die Möglichkeit bietet, in Bitcoin zu zahlen", sagt Schroeter mit Blick auf das Inserat von Felix Haas. "Bislang ist allerdings kein Anbieter oder Makler an uns herangetreten, der seine Immobilien ausschließlich in Bitcoin anbieten möchte. Was aber keine Aussage über die Zukunft ist. Wir sehen, dass eine neue Generation an Immobilienkäufern an den Markt kommt: Sie sucht anders, sie lebt anders. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie auch anders bezahlen will."

Es gibt viele Unklarheiten. Aber Kryptowährungen sind mehr als eine Modeerscheinung

Konkret hat bisher auch der Immobilienverband IVD, bei dem Immobilienberater, Makler, Verwalter und Sachverständige zusammengeschlossen sind, nichts mit Bitcoin zu tun. "Das Thema Kryptowährungen spielt derzeit keine Rolle bei uns", erklärt IVD-Sprecher Heiko Senebald.

Sicher ist aber, dass das Interesse weltweit steigt. Das zeigt beispielsweise die Entwicklung in der Schweiz, die sich als Drehscheibe für digitale Währungen etabliert, weil vermögende Kunden und institutionelle Anleger, also auch Immobilienkäufer, in Kryptowährungen investieren. Selbst im neuen Technologien gegenüber eher zurückhaltenden Deutschland wird in der Fachwelt genau beobachtet, was auf diesem Markt geschieht. So heißt es etwa beim Spitzenverband Zentraler Immobilien Ausschuss (ZIA): "Aufgrund der zu Grunde gelegten Distributed Ledger Technology ist das Thema tatsächlich auch für uns interessant. Da Kryptowährungen aber im Bereich der Immobilienfinanzierung bislang noch keine Rolle spielen, haben wir unsere Aktivitäten noch nicht vertieft. Wir verfolgen aber mit großem Interesse die Aktivitäten der Marktteilnehmer und Bafin auf diesem Gebiet."

Trotz aller Unwägbarkeiten und Risiken sind Kryptowährungen mehr als eine Modeerscheinung. Wie ernst die internationale Finanzwelt die neuen Bezahlmittel nimmt, zeigen die Versuche einzelner Länder und Institutionen, Bitcoin und Co. rechtlich in den Griff zu bekommen. Verschwinden wird das virtuelle Geld wohl so schnell nicht mehr. Da ist sich auch Felix Haas sicher. Beschreibt man ihm das Zukunftsszenario, dass in zehn Jahren in Deutschland viele Immobilien mit Kryptogeld bezahlt werden, sagt er: "Auf die Hälfte würde ich mich jetzt nicht festlegen, aber einen zweistelligen Prozentsatz halte ich für realistisch."

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