Krise in Europa:Sie streiten endlich

Europa diskutiert erbittert über die Euro-Bonds. Die Auseinandersetzung wirkt uneuropäisch, wird doch sonst dem Harmoniestreben in Europa alles andere untergeordnet. Aber der Streit ist wichtig.

Guido Bohsem

Der Streit über Europas Zukunft mutet seltsam infantil an. Da sprechen bekennende Europäer anderen bekennenden Europäern das Europäersein ab. Diese Aberkannten wiederum werfen den Aberkennern vor, den Wandel der Zeiten nicht begriffen und ergo auch keine Konzepte für die Zukunft zu haben. Man könnte auf den Gedanken kommen, ein Kindergarten-Komitee hätte den Auftrag erhalten, Europa durch die Euro-Krise zu führen.

Reizwort Euro-Bonds spaltet Eurozone

Staaten wie Deutschland müssten nach der generellen Einführung von Euro-Bonds aller Voraussicht nach höhere Zinsen zahlen, was in letzter Konsequenz Steuererhöhungen oder Kürzungen im Staatsetat bedeuten würde.

(Foto: dpa)

Anlass der hitzigen Erregung ist der Eurobond, ein an sich simples Instrument der Finanzpolitik. Gäbe es so ein Ding, die 16 Euro-Länder würden ihre Kredite nicht mehr eigenständig aufnehmen, sondern im europäischen Geleitzug. Das hört sich gut an, birgt aber für Staaten wie Deutschland, Frankreich, Österreich oder die Niederlande Nachteile. Sie müssten aller Voraussicht nach höhere Zinsen zahlen, was in letzter Konsequenz Steuererhöhungen oder Kürzungen im Staatsetat bedeuten würde. Um wie viele Milliarden es letztlich geht, lässt sich nur schwer schätzen. Es dürfte aber genug sein, um erst mal zu fragen, ob man so ein Instrument braucht.

Doch diese Frage, geschweige denn eine offene Diskussion darüber, ist derzeit nicht erlaubt. Das liegt am Druck der internationalen Finanzmärkte, die daraus Anhaltspunkte für weitere Angriffe auf die Mitgliedsstaaten des Euro gewinnen könnten. Es liegt aber auch an einer falsch verstandenen europapolitischen Korrektheit, die um der Harmonie willen alles andere unterordnen will. Europa kann aber nur gelingen, wenn die Interessen seiner Mitgliedsländer in Einklang gebracht werden. Dazu gehört eine ehrliche und offene Aussprache. Das schadet Europa nicht, es hilft.

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