Krise in Europa:Bankenverband gibt Griechenland auf

Signalisiert das die Staatspleite? Vielleicht ja! Der Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken Schmitz rät Geldhäusern, griechische Anleihen teilweise abzuschreiben.

H. Freiberger und M. Hesse

Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) bricht ein Tabu: Erstmals spricht er davon, dass die Kreditinstitute griechische Staatsanleihen wohl abschreiben müssen. "Man kann nicht ignorieren, dass griechische Anleihen nur noch zu etwa 70 Prozent ihres Nennwerts gehandelt werden", sagte BdB-Chef Andreas Schmitz. Damit würden die Kreditinstitute davon ausgehen, dass Griechenland nicht mehr in der Lage ist, die eigenen Schulden komplett zurückzuzahlen. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann hatte im Mai 2010 für diese Aussage noch viel Kritik einstecken müssen und ruderte später zurück.

Akropolis in Athen

Der Bankenverband hat sich zu einem ungewöhnlichen Schritt entschlossen - er gibt Griechenland faktisch auf.

(Foto: dpa)

Die Reaktionen auf Schmitz' Vorstoß fallen nun positiver aus. "Das ist ein wichtiger Schritt in Richtung Transparenz", sagt Konrad Becker, Analyst bei Merck Finck. Die europäischen Banken litten seit Ausbruch der Finanzkrise unter einem Mangel an Vertrauen, weil man nicht wisse, wie hoch die Risiken sind, die sich in ihren Büchern noch verbergen. Wenn Banken diese Risiken im nächsten Stresstest nun auswiesen und abschrieben, könne das verlorenes Vertrauen wiederherstellen.

"Wird den deutschen Bankensektor nicht umwerfen"

Genau dies will der Bankenverband offenbar bezwecken. Erleichtert wird dies dadurch, dass die deutschen Institute nicht übermäßig stark in Griechenland engagiert sind. "Ein Schuldenschnitt in Griechenland wird den deutschen Bankensektor nicht umwerfen", sagte Schmitz. Versicherungen und Pensionsfonds wären stärker betroffen. Für einige Banken wäre eine Abschreibung um 30 Prozent allerdings ein Schlag. So hatte die Hypo Real Estate beim letzten Stresstest ihr Griechenland-Engagement mit knapp acht Milliarden Euro angegeben, sie müsste also 2,4 Milliarden Euro abschreiben. Die Anleihen liegen mittlerweile in der abgespaltenen Bad Bank FMSW. Der Bund, dem die FMSW gehört, müsste sie mit mehr Kapital ausstatten. Die Commerzbank hatte im Sommer 2,9 Milliarden Euro in Griechenland investiert, die LBBW 1,4 Milliarden Euro, die Postbank 1,3 Milliarden Euro.

Schmitz plädierte dafür, beim nächsten Stresstest, der demnächst beginnen soll, anders als beim ersten auch das sogenannte Bankbuch der Kreditinstitute zu testen. Dort sind Anlagen verbucht, die das Kreditinstitut bis zum Ende der Laufzeit halten möchte. Wertverluste müssen dort nur abgeschrieben werden, wenn man davon ausgehen muss, dass sie dauerhaft sind. Im Bankbuch liegen die meisten Staatsanleihen. Die Ausweitung des Stresstests auf das Bankbuch ist aber umstritten. Kritiker wenden ein, dass es die Spekulationen über Staatspleiten verstärken würde, wenn die Bankaufseher einen dauerhaften Wertverfall der Anleihen annehmen.

Vorsichtig ist Schmitz bei der Frage, ob die Ergebnisse des Stresstests veröffentlicht werden sollen: Es bestehe die Gefahr, dass eine neue Bankenkrise heraufbeschworen werde. Analyst Becker sieht das anders: Es sei nötig, alles transparent zu machen und im Notfall zu erläutern, wie man die Probleme in den Griff zu bekommen gedenke.

Die Ratingagentur Moody's stufte indes Hybridanleihen deutscher Banken im Volumen von 24 Milliarden Euro herab. Sie geht davon aus, dass der Staat Banken im Pleitefall künftig nicht mehr rettet. Deshalb liegt dem Rating nun nicht mehr die Zahlungsfähigkeit der Bundesrepublik zugrunde, sondern die Finanzkraft jeder einzelnen Bank. Die Institute müssen daher künftig deutlich höhere Zinsen zahlen, wenn sie neue Anleihen herausgeben. In der Praxis halten sich die Auswirkungen in Grenzen, da Regulierer Hybridanleihen künftig nicht mehr als hartes Eigenkapital anerkennen. Deshalb dürften Banken sie auch nicht mehr im großen Volumen auflegen.

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