Krise in der Eurozone:Juncker wirbt für Griechenland-Umschuldung

Von Euro-Gruppen-Chef Juncker kommt Unterstützung für den Kurs von Finanzminister Schäuble: An einer sanften Umschuldung Athens führe kein Weg vorbei. Der Luxemburger dringt auf eine Beteiligung privater Gläubiger - die Commerzbank ist skeptisch.

Im Ringen um eine Lösung der Griechenland-Krise mehren sich die Stimmen für eine sanfte Umschuldung. Daran führe kein Weg vorbei, wenn das Land vor der Pleite bewahrt werden solle, sagte Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker im RBB-Inforadio.

Protesters shout slogans and lift a Greek flag during a rally against austerity economic measures and corruption in Athens' Constitution (Syntagma) square

Proteste gegen die drastischen Sparmaßnahmen der Regierung in Athen: In der Eurozone mehren sich die Stimmen für eine sanfte Umschuldung Griechenlands.

(Foto: REUTERS)

Wie Finanzminister Wolfgang Schäuble plädierte auch Juncker erneut für eine Beteiligung privater Gläubiger. Im Gespräch ist, dass die Banken freiwillig einer Verlängerung der Laufzeit griechischer Kredite zustimmen. Das Euro-Land bekäme so einen Zahlungsaufschub und wäre nicht gezwungen, sich an den Finanzmärkten um Geld zu bemühen.

"Es wird eine sanfte, freiwillige Umschuldung geben müssen", sagte Juncker. Der luxemburgische Ministerpräsident vermied es, das Volumen des neuen Hilfspakets für Griechenland zu beziffern. Aus Kreisen der Euro-Zone hatte es geheißen, das Finanzloch betrage etwa 120 Milliarden Euro. "Die Zahlen, die in der Öffentlichkeit kursieren, sind in ihrer Totalität, in der Gesamtsumme richtig", sagte Juncker, der Vorsitzender der Gruppe der 17 Euro-Staaten ist. Dies sage aber nichts darüber, wer wieviel an Hilfen schultern müsse. Auf die 120 Milliarden Euro angesprochen sagte Juncker: "Ich glaube nicht, dass die Euro-Staaten für diese Summe werden geradestehen müssen."

Eine totale Umschuldung, die einem teilweisen Schuldenerlass gleichkäme, wird es nach Junckers Worten dagegen nicht geben. Für eine sanfte, freiwillige Umschuldung unter Einbeziehung privater Gläubiger müsse die EZB ins Boot geholt werden. "Wir können diese Privatgläubigerbeteiligung nicht ohne und nicht gegen die Europäische Zentralbank durchfechten." Die EZB hält einen Zahlungsaufschub nur für akzeptabel, wenn der Privatsektor freiwillig mitmacht.

Der deutsche Bankenverband BdB zeigte sich generell offen für die Anregung Schäubles, die Laufzeiten griechischer Staatsanleihen zu verlängern. Dieser Vorschlag sei im Prinzip nicht unvernünftig, sagte BdB-Hauptgeschäftsführer Michael Kemmer im Deutschlandfunk. "Da würden unsere Mitgliedsinstitute auch mitmachen." Er müsse allerdings noch konkretisiert werden.

Auch französische Banken sind einem Bericht der Financial Times zufolge grundsätzlich bereit, Griechenland einen Zahlungsaufschub zu gewähren. Die Institute hätten eingewilligt, ausstehende Staatsanleihen in neue Schuldpapiere umzutauschen, um Griechenland mehr Zeit für die Rückzahlung zu geben.

Skeptisch zeigte sich dagegen die Commerzbank. "Wir haben es auch mit einer Vertrauensfrage zu tun", sagte Bankchef Martin Blessing. "Zuletzt hieß es: Bis 2013 wird kein Gläubiger zur Sanierung Griechenlands herangezogen. Das soll nun nicht mehr gelten?", sagte Blessing der Welt am Sonntag. "Das trägt nicht gerade dazu bei, Vertrauen an den Märkten aufzubauen."

Die Commerzbank hält griechische Staatsanleihen im Umfang von 2,9 Milliarden Euro und ist damit unter deutschen Banken der zweitgrößte Gläubiger Griechenlands nach der Bad Bank der verstaatlichten Hypo Real Estate. Der Bund ist mit einem Anteil von 25 Prozent Hauptaktionär der Commerzbank.

Kritisch äußerte sich auch der mexikanische Notenbankchef und Kandidat für den IWF-Chefposten, Agustin Carstens. "Ich finde es ungewöhnlich, in diesen schwierigen Zeiten eine private Gläubigerbeteiligung ins Spiel zu bringen", sagte Carstens der Welt. Über einen solchen Schritt müsse man in Ruhe diskutieren. Er könne daher den Widerstand der EZB gegen den Vorstoß aus Deutschland verstehen. "Aber jetzt ist die Forderung in der Welt, man muss damit umgehen."

Bundesbankpräsident Jens Weidmann hingegen will eine Insolvenz Griechenlands für den Fall nicht ausschließen, dass die Regierung die vorgegebenen Ziele des gemeinsamen Programms mit dem Internationalen Währungsfonds, der Europäischen Union und der Europäischen Zentralbank nicht einhält. "Werden die eingegangenen Verpflichtungen nicht erfüllt, entfällt die Basis für weitere Mittel aus dem Hilfsprogramm", sagte Weidmann der Welt am Sonntag. Die Zahlungsfähigkeit Griechenlands hänge vor allem von der Haltung der griechischen Regierung und Bevölkerung ab. Weidmann fügte hinzu, dass er einen solchen Verlauf der Schuldenkrise in der südeuropäischen Republik "nicht für sinnvoll" hielte und sich daraus auch für die Partnerländer in der Eurozone eine schwierige Situation ergäbe. Allerdings sieht er durch eine Zahlungsunfähigkeit Griechenlands keine geldpolitische Gefährdung: "Der Euro wird aber auch in diesem Fall stabil bleiben."

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