Süddeutsche Zeitung

Kreditwürdigkeit:Ratingagentur stuft Spanien herab

Neuer Schock für Europa: Die Ratingagentur Fitch hat Spaniens Kreditwürdigkeit herabgestuft. Der Grund: Die Sparanstrengungen der spanischen Regierung belasten das Wirtschaftswachstum.

N. Piper

Nach einer Phase der Stabilisierung hat die Nervosität an den internationalen Finanzmärkten am Freitag wieder zugenommen. Zuvor hatte die Ratingagentur Fitch, die Kreditwürdigkeit Spaniens von der bisherigen Bestnote AAA um eine Stufe auf AA+ heruntergesetzt. Der Kurs des Euro sank wieder unter die Marke von 1,23 Dollar. An der Wall Street brach der Dow Jones ein und schloss mit einem Minus von 1,2 Prozent auf 10.137 Punkten.

Fitch begründete die Entscheidung unter anderem mit dem hohen Schuldenstand und dem neuen Sparprogramm. Beides werde mittelfristig das Wirtschaftswachstum bremsen. Außerdem werden die "Inflexibilität" des spanischen Arbeitsmarktes und die Probleme regionaler Banken in dem Land die wirtschaftliche Anpassung erschweren. Bereits Ende April hatte die Ratingagentur Standards and Poor's die langfristigen Kredite Spaniens von AA+ auf AA herabgestuft.

Nach dem Entwurf für den spanischen Staatshaushalt 2011, den das Kabinett am Freitag verabschiedete hatte, sollen die Ausgaben um 7,7 Prozent auf 122,3 Milliarden Euro sinken. Zugleich korrigierte die Regierung ihre Wachstumsprognosen erneut nach unten. 2012 werde die Wirtschaft um 2,5 Prozent und 2013 um 2,7 Prozent zulegen. Das sind jeweils 0,4 Prozentpunkte weniger als zunächst prognostiziert. Für das laufende Jahr erwartet Madrid einen Rückgang von 0,3 Prozent, für 2011 ein Wachstum von 1,3 Prozent. Die Regierung rechnet außerdem damit, dass die Arbeitslosigkeit dieses Jahr zunimmt, aber bis 2012 auf eine Quote von 17,5 Prozent reduziert werden kann. Derzeit sind 4,6 Millionen Menschen ohne Job. Das entspricht einer Quote von rund 20 Prozent. Die spanische Staatsschuld wird bis 2013 auf einen Anteil von 78 Prozent am Bruttoinlandsprodukt steigen. Vor Beginn der Finanzkrise 2007 lag dieser Anteil unter 40 Prozent.

Auch nach der Herabstufung durch Fitch ist die Lage in Spanien immer noch wesentlich besser als in Griechenland. "Ich möchte darauf hinweisen, dass dies immer noch ein gutes Rating ist," erklärte Soledad Nunez, der Direktor des Spaniens Finanzministeriums. Fitch habe anerkannt, dass die spanischen Staatsfinanzen gesund sind und die Regierung sich zum Sparkurs bekennt. Spanien habe seine Kreditaufnahme für dieses Jahr zu 40 Prozent abgewickelt. Als Reaktion auf die Entscheidung stieg der Zinsaufschlag spanischer Anleihen gegenüber deutschen leicht von 1,52 auf 1,53 Prozent. In Griechenland dagegen haben Staatsanleihen mittlerweile die Stufe BB+ erreicht, was offiziell dem "Schrott"-Status entspricht, bei dem im Falle einer weiteren Verschlechterung der Lage mit Zahlungsausfällen zu rechnen ist. In Spanien besteht dagegen nur ein geringes Ausfallrisiko.

Bemerkenswert an der Einstufung von Fitch ist vor allem die Tatsache, dass die Agentur ihre Entscheidung explizit mit dem Sparprogramm der Regierung begründet. Dies illustriert das Dilemma, in dem sich viele hoch verschuldete Länder mittlerweile befinden: Sie müssen zwar sparen, der Sparvorgang selbst entzieht der Wirtschaft aber Nachfrage und sorgt deshalb erst einmal für eine Verschlechterung der Lage. Auf internationaler Ebene sind sich die Regierungen der 20 großen Industrie- und Schwellenländer einig (G20), dass die Sparpolitik ausgewogen sein muss, um nicht eine neue Rezession auszulösen.

Die Finanzminister der G20-Staaten hatten im April in Washington beschlossen, dass Länder, die das Potenzial dazu haben, "Quellen heimischen Wachstums" nutzen sollen, um die Sparprogramme hoch verschuldeter Länder auszugleichen. Darüber, wie diese Beschlüsse ausgelegt werden sollen, gibt es aber erhebliche Unterschiede. Bei seinem Besuch in Berlin drängte der amerikanische Finanzminister Timothy Geithner die Bundesregierung, mehr zu tun, um das Wirtschaftswachstum zu fördern. Dagegen wollen die Deutschen weitere Belastungen für den Bundeshaushalt vermeiden.

Kurz vor Bekanntwerden der Entscheidung von Fitch hatte sich der Kurs des Euro erst noch einmal kräftig erholt, weil die chinesische Regierung Medienberichte dementiert, wonach sie angeblich plane, ihre Anlagen in großem Umfang aus dem Euro-Raum umzuschichten. Die Berichte seien "substanzlos", erklärte die staatliche Verwaltung von ausländischen Reserven, Safe.

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SZ vom 29.05.2010/wolf
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