Kreditkrise:Sarkozy geht auf Notenbanker los

Frankreichs Präsident teilt aus: Die Krisenpolitik der Notenbanker sei zweifelhaft, niedrigere Zinsen geboten. Am stärksten trifft der Giftpfeil einen Luxemburger.

In der EU ist neue harsche Kritik des französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy am Krisenmanagement der Europäischen Zentralbank (EZB) und am luxemburgischen Premierminister Jean-Claude Juncker auf scharfen Protest gestoßen. "Juncker verdient unsere Anerkennung", sagte EU-Währungskommissar Joaquín Almunia am Samstag in Porto nach Beratungen der EU-Finanzminister.

Sarkozy EZB

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy.

(Foto: Foto: Reuters)

Bundesbankpräsident Axel Weber sagte: "Der Neuigkeitsgehalt dieser Kritik des französischen Präsidenten an der EZB ist null. Ebenfalls null ist der Einfluss solcher Äußerungen auf das Verhalten des EZB-Rates. Wir tun was notwendig ist, und was notwendig ist, beurteilen wir selbst."

Weber ist als Chef der Bundesbank Mitglied des EZB-Rates. Der österreichische Finanzminister und Vizekanzler Wilhelm Molterer sagte: "Wir sind gut beraten, die EZB in ihren Entscheidungen zu stärken." Sarkozy sagte der französischen Tageszeitung Le Monde, er werde weiter fordern, einen echten Dialog mit der EZB und ihrem Präsidenten Jean-Claude Trichet zu führen.

Die EZB habe natürlich auf die von der US-Immobilienkrise ausgehende Liquiditätskrise reagieren müssen. "Aber ich finde es seltsam, Liquidität zu schaffen, ohne die Zinsen zu senken. Man hat Erleichterungen für die Spekulanten geschaffen, man macht die Aufgabe für die Unternehmer komplizierter."

Sarkozy schießt gegen Juncker

Hintergrund ist die aktuelle Finanzkrise, in deren Verlauf es den Banken an Liquidität mangelt. Die EZB hatte daraufhin Milliarden in den Markt gepumpt. Sarkozy hatte bereits im französischen Präsidentschaftswahlkampf die Geldpolitik der EZB als wachstumsfeindlich kritisiert.

Sarkozy schoss in dem Gespräch in beispielloser Weise gegen Juncker als Vorsitzenden der Euro-Gruppe in der aktuellen Krise. "Welche Initiative hat er ergriffen?", fragte er.

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück sagte, es gebe in der EU keine Mehrheit, "die Unabhängigkeit der EZB auszuhebeln". Für ihn sei damit die Status-Frage der EZB erledigt. Ohne Sarkozy namentlich zu nennen, sagte Steinbrück, Absender solcher Vorschläge müssten "irgendwann doch einmal registieren, dass sie ins Vakuum laufen".

Die französische Wirtschafts- und Finanzministerin Christine Lagarde rechtfertigte in Porto die Kritik Sarkozys: "Der Präsident hat völlig Recht, die Frage der Leitzinsen anzuschneiden." Sie fügte hinzu: "Man darf nicht vor Debatten zurückschrecken. Es gibt keine Tabu-Themen."

Sie nannte in diesem Zusammenfassung auch den stark bewerteten Euro. Es sei ebenfalls in Ordnung, auf die Unterbewertung des chinesischen Yuan und des japanischen Yens hinzuweisen. Die niedrige Bewertung dieser Währungen verschafft dortigen Exporteuren Vorteile.

Die Ministerin hob hervor, dass die gemeinsame Initiative von Sarkozy und Bundeskanzlerin Angela Merkel für mehr Transparenz an den Finanzmärkten von den EU-Finanzministern übernommen wurde. Es werde eine Debatte der Ministerrunde im Oktober folgen, die im selben Monat dann im Kreis der sieben reichsten Industrieländer (G7) fortgesetzt werden solle.

Lagarde hatte bereits am Freitag von den Ressortkollegen des Euro-Gebiets harte Kritik wegen ihrer Budgetpolitik einstecken müssen. Frankreich will die Vorgabe der Euro-Finanzminister, 2010 einen Haushalt ohne neue Schulden zu erreichen, nur unter der Bedingung erfüllen, dass das Wachstum mitspielt.

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