Kreditklemme:Und den Schrank, den bezahlt die Bundesbank

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Finanzminister Steinbrück hat eine wüste Diskussion in Gang gesetzt: Die Bundesbank soll Kredite vergeben - also Geld drucken.

Hans von der Hagen

Gut, Personal wäre ausreichend da. Die Bundesbank beschäftigt mit rund 11.300 Mitarbeitern fast sieben Mal so viele Personen wie die Bank of England, obwohl die Frankfurter keine eigene Währung mehr zu betreuen haben.

Die Bundesbank soll Kredite an Unternehmen vergeben. Doch das darf sie gar nicht. (Foto: Foto: dpa)

Da würde nochmals Leben in den grauen Betonkasten an der Wilhelm-Epstein-Straße zurückkehren, mag Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) gedacht haben, wenn die Bundesbanker künftig die deutschen Unternehmen mit Geld versorgen. Vielleicht hätte er damit sogar recht. Ansonsten hilft sein Vorschlag Deutschland nicht weiter.

Sicher, die Firmen hierzulande haben teils große Probleme, an Geld zu kommen. Die Banken sind bei der Vergabe von Krediten vorsichtig geworden, vor allem wenn es um langfristige Geschäfte geht. Aber wer möchte schon in einer Zeit Geld verleihen, in der alle Prognosen binnen weniger Wochen Makulatur werden?

Bald könnten sich die Firmen womöglich schwertun, überhaupt noch einen Kredit zu bekommen, mutmaßt Steinbrück: Deutschland stehe also vor einer Kreditklemme.

Darum, und natürlich weil Wahlkampf ist, macht Steinbrück Druck. Bereits vor ein paar Tagen schlug er vor, dass die Bundesbank direkt Kredite an Unternehmen vergeben sollte. In Frankfurt gab Bundesbank-Chef Axel Weber eifrig Kontra. Die Bundesbank dürfe überhaupt nicht direkt Kredite vergeben. Im Falle einer "Dysfunktionalität des Bankensystems" könnten die Notenbanken allenfalls über den Ankauf von Unternehmensanleihen nachdenken. Aber soweit sei es noch nicht, außerdem liege das dann eher in der Zuständigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB).

Umso verwunderlicher ist es, dass Finanzminister Steinbrück nun nochmals nachlegt: Die Bundesbank könne ja auch Unternehmensanleihen kaufen, schlägt er vor.

Doch wem soll das nutzen? Die Unternehmen, die groß genug sind, selbst Anleihen aufzunehmen, bekommen ihr Geld direkt am Kapitalmarkt. Marktexperten versichern, dass die Nachfrage derzeit gut sei. Es sind vielmehr die kleineren Unternehmen, die sich schwertun, Geld zu bekommen. Und denen würde der Ankauf von Unternehmensanleihen nicht helfen - sie können gar keine ausgeben.

Daneben ist fraglich, ob die Bundesbank überhaupt Anleihen kaufen dürfte, denn sie würde damit die Geldmenge ausweiten - vereinfacht gesagt: Geld drucken. Das aber fällt in den Kompetenzbereich der EZB.

Die wiederum tut sich außerordentlich schwer mit diesen sogenannten unkonventionellen Maßnahmen, mit denen sie jetzt in der Krise erstmals hantiert.

Gut erkennbar ist das zögerlichen Vorgehen bei dem mit viel Tamtam verkündeten Programm zum Aufkauf von Pfandbriefen, das in dieser Woche gestartet wurde. Die EZB ging mit einem so winzigen Betrag in den Markt, dass Analysten spotteten: "Das ist die Größe eines einzelnen Handelsgeschäfts - und zwar eines kleinen."

Ohnehin käme sie mit dem Ankauf von Unternehmensanleihen wohl zu spät - die anderen großen Notenbanken räumen bereits auf. Ein Analyst verglich die aktuelle Situation mit einer Party: Die US-Notenbank habe schon vor zwei Wochen angefangen, Geld aus dem Markt zu nehmen. Das sei, als ob die Musik noch laufe und genügend Bier im Fass sei, aber die Dame des Hauses schon mal die Teller in die Spülmaschine stelle.

Die Bank of England sei ebenfalls vorsichtig geworden, und habe alle Entscheidungen erst mal vertagt - so, als würden die Gäste gefragt, ob sie noch etwas Nachtisch haben wollten, doch der Gastgeber in der Küche nachschauen müsse, ob überhaupt noch etwas da sei.

Und die EZB? Sie kennt den Begriff Party nicht, sondern gibt höchstens mal einen Empfang. Und das auch nur dann, wenn die Gäste die Getränke selbst mitbringen. Aber vielleicht ist in den 20.000 Quadratmetern Bürofläche der unweit gelegenen Bundesbank Platz für einen Partykeller. Steinbrück scheint ihn schon entdeckt zu haben. Axel Weber jedenfalls sucht noch.

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