Kreditinstitute:Risiken und Nebenwirkungen der Bank

Wer Bankprodukte kauft, soll künftig besser vor Risiken gewarnt werden. Doch das ist offenbar nicht so leicht.

H. Freiberger und T. Öchsner

Wer ein Medikament kauft, findet in der Verpackung stets einen Beipackzettel über "Risiken und Nebenwirkungen". Für Bankkunden gibt es bald etwas ähnliches: Es nennt sich "Produktinformationsblatt" und soll in übersichtlicher Form über die Kosten, Risiken und Funktionsweise eines Anlageproduktes informieren. Vorreiter sind die privaten Banken, die bereits vom Frühjahr an einheitliche Informationsblätter anbieten wollen. Die Sparkassen und Genossenschaftsbanken arbeiten ebenfalls an Muster-Beipackzettel für Anleger, die etwa Fonds oder Zertifikate kaufen.

Auf dem zweiseitigen Infoblatt, das der Bundesverband deutsche Banken (BdB) am Freitag in Berlin vorstellte, gibt es sieben Felder: Hier müssen die Banken zum Beispiel eintragen, um was für ein Produkt es sich handelt, wer es verkauft, was es einschließlich der Provisionen kostet oder was Käufer etwa bei der Steuer beachten müssen.

Unter der Rubrik Kosten ist auch aufgeführt, welche Rückvergütungen ("Kickbacks") der Herausgeber des Papiers an die Bank zahlt. Diese Informationen wurden bislang häufig verschwiegen oder so im Kleingedruckten versteckt, dass diese Kosten für weniger versierte Anleger kaum nachzuvollziehen waren.

Das Standard-Informationsblatt baut auf einem Muster auf, das das Bundesverbraucherschutzministerium im Sommer 2009 vorgestellt hatte. Außerdem sind darin nach Angaben des BdB auch die Vorgaben der EU-Kommission berücksichtigt. Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, Hans-Joachim Massenberg, sagte, er hoffe, dass mit dem Beipackzettel "eine gesetzliche Regelung überflüssig wird". Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) hatte zuvor damit gedroht, die Infoblätter notfalls per Gesetz durchzusetzen.

Enorme Zahl von Produkten

Bis die Beipackzettel auf den Markt kommen, müssen sich die Anleger jedoch gedulden: Im Frühjahr oder Frühsommer dürften private Banken die ersten Produkte auf Basis des neuen Infoblattes vertreiben, sagte Massenberg. Dies gilt vor allem für neue Angebote. Die Banken dürften damit überfordert sein, alle 360.000 Optionen und Zertifikate plus mehrere 1000 Fonds mit Beipackzetteln zu versehen.

Die Vorlage des Verbandes ist als Muster gedacht: Die einzelnen Institute könnten auch "eigene Akzente setzen", sagte der BdB-Vertreter. Die Deutsche Bank und die größte deutsche Direktbank, die ING-Diba, hatten bereits eigene Informationsblätter vorgelegt. Verbraucherschutzministerin Aigner wertete die Initiative des Bankenverbands positiv: Damit "kommen wir unserem Ziel ein großes Stück näher, die Vergleichbarkeit der oft schwer verständlichen Anlageprodukte zu verbessern", sagte sie.

Ein einheitlicher Beipackzettel aller deutschen Banken und Sparkassen ist in nächster Zeit allerdings unwahrscheinlich. Die Genossenschaftsbanken arbeiteten an einem eigenen Muster für ein standardisiertes Info-Blatt, teilte der Bundesverband BVR mit. Noch im Frühjahr soll das Blatt für Kunden verfügbar sein. Die Sparkassen wollen ebenfalls unter sich bleiben. Eine Sprecherin sagte, der Sparkassenverband sei dabei, die Produktinformation innerhalb der Sparkassen und Landesbanken zu vereinheitlichen. Keine Rede war davon, sich mit den Privat- und Genossenschaftsbanken abzustimmen.

Gerade das aber fordern die Verbraucherschützer. "Wir brauchen einen einheitlichen gesetzlichen Standard für die gesamte Branche", sagte Manfred Westphal vom Verbraucherzentrale Bundesverband. Andernfalls seien die einzelnen Beipackzettel der Institute nicht vergleichbar. Das Muster des BdB weiche außerdem schon von dem der Deutschen Bank ab. "Es bleibt bei einem Flickenteppich", kritisierte Westphal. Schlecht sei auch, dass der Zettel zunächst nur für neue Produkte kommen soll. Auch seien Formulierungen wie "Transaktionspreis gemäß Preis- und Leistungsverzeichnis" nicht gerade das, was man von einer verständlichen Produktinformation erwarte.

Sein Kollege Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg sieht den Beipackzettel ohnehin nur als einen Baustein für eine bessere Anlageberatung. Er ändere nichts daran, dass bei Finanzprodukten der Berater zugleich Verkäufer ist. Nötig seien unabhängige Berater, die Anlegern sagen, ob ein Finanzprodukt für sie geeignet sind.

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