Krankenversicherung:Zur Kasse bitte!

Das marode Gesundheitssystem und die Frage der Finanzierung - jetzt soll die Pharmaindustrie ihren Beitrag leisten. Krankenkassen könnten so vier Milliarden Euro sparen.

Guido Bohsem

Die Koalition zieht die Pharmaindustrie auch zur Finanzierung des aktuellen Defizits in der Krankenversicherung heran. Noch in diesem Jahr sollen die Kassen durch die Regelungen eine halbe Milliarde Euro sparen. Bis Ende 2013 werden es etwa vier Milliarden Euro sein. Das geht aus den Gesetzestexten hervor, die das Gesundheitsministerium den Fraktionen von Union und FDP zugesandt hat und die der Süddeutschen Zeitung vorliegen.

Kern der Regelung ist es, den Abschlag zu erhöhen, den die Pharmaindustrie auf alle verschreibungspflichtigen Arzneimittel zu zahlen hat. Statt wie bislang sechs Prozent sollen von August an 16 Prozent fällig sein. Generika - also wirkstoffgleiche Nachahmer-Präparate - sollen von der Erhöhung ausgeschlossen werden.

"Hierdurch wird die Kostenbelastung der gesetzlichen Krankenversicherung vermindert, die auch durch einen eingeschränkten Preiswettbewerb bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln bedingt ist", heißt es in der Begründung.

Die Gesundheitsexperten der Fraktionen wollen die Vorlagen noch in dieser Woche beraten. Es handelt sich um den ersten Teil des Gesetzespaketes, mit dem Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) das Preismonopol der Pharmaindustrie brechen möchte. Die Wirtschaftsverbände hatten heftig gegen das Vorhaben protestiert und mehrfach vergeblich versucht, in der Regierung und bei den Liberalen namhafte Verbündete gegen das Vorhaben zu gewinnen. Sie verweisen darauf, dass die Abgabe die Arbeitsplätze der Pharmaunternehmen in Deutschland bedrohe. Obwohl die Bundesrepublik der größte Markt in Europa ist, sind die Preise für Arzneimittel hier in der Regel deutlich höher als in Nachbarländern.

Preisstopp für die Hersteller

Damit die Hersteller den Anstieg des Zwangsrabatts nicht durch Preiserhöhungen ausgleichen können, soll gleichzeitig ein Preisstopp verhängt werden. Dieser gilt rückwirkend zum August des vergangenen Jahres. Hebt ein Unternehmen trotzdem seine Preise an, muss es die Differenz in Form eines Abschlages an die gesetzliche Krankenversicherung zahlen. Das gilt auch für den Fall, dass es bereits die Preise erhöht hat.

Die FDP-Gesundheitsexpertin Ulrike Flach zeigte sich zufrieden mit der Vorlage des Ministeriums. Sie gehe davon aus, dass die Fraktionen sie ohne Änderungen verabschieden würden. Das jährliche Einsparvolumen von 1,15 Milliarden Euro sei noch einmal höher ausgefallen als erwartet. Zugleich würden die Generika-Hersteller nicht unverhältnismäßig hoch belastet: "Wir gehen mit dem Minister d'accord."

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