Kraftstoffpreise:Verkehrte Welt an der Tankstelle

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Die Dieselpreise liegen teilweise höher als die für Benzin. Die Mineralölwirtschaft erklärt das mit dem Benzin-Preiskampf. Beim ADAC schüttelt man die Köpfe.

Sarina Märschel

Das war so nicht ausgemacht: Fahrer von Dieselautos gehen beim Autokauf davon aus, dass sie zwar bei der Steuer kräftig blechen müssen, dafür aber günstigeren Kraftstoff bekommen. Nun wurde dem ADAC aus einigen Regionen Deutschlands gemeldet, dass Diesel teurer verkauft wird als Normal- und Superbenzin .

Dabei wird Dieselkraftstoff sehr viel niedriger besteuert als Benzin. Der Unterschied liegt bei 20 Cent pro Liter. "Als Erklärung für den hohen Dieselpreis wird die große Heizöl-Nachfrage angeführt und dass es immer mehr Diesel-Autos gibt - der Bedarf an Krafstoff in den vergangenen Jahren also stetig gestiegen ist. Aber das sind Erklärungen, keine Begründungen", sagt ADAC-Sprecher Maximilian Maurer. "Wir denken, dass Diesel zu teuer angeboten wird."

Barbara Meyer-Bukow vom Mineralölwirtschaftsverband sieht das ganz anders: Diesel sei teils teurer als Super, weil auf dem Benzinmarkt ein Preiskampf tobe: "Die Benzinpreise sind teilweise nicht mehr kostendeckend."

"Jetzt rächt sich, dass der Dieselabsatz lange Jahre so stark gefördert wurde", sagt Gabriele Radke, Sprecherin beim Konzern Esso. Am Heizöl liege es nicht - für die Dieselpreise macht die Esso-Sprecherin neben dem gestiegenen Bedarf an Dieselkraftstoff in Deutschland vor allem die internationale Preisentwicklung bei Diesel verantwortlich: Grundsätzlich sei Diesel am Ölmarkt in Rotterdam, dem wichtigsten Handelspunkt für Erdöl in Europa, schon seit Jahren teurer als Benzin. Durch die unterschiedliche Besteuerung war Diesel für die Verbraucher zwar immer noch um einige Cent billiger.

Die Preise gleichen sich aber schon seit längerem immer mehr an, bestätigt auch Ulrich Winkler, Sprecher für Aral und BP. Momentan sei im Bundesdurchschnitt Diesel immer noch etwa sieben Cent günstiger als Ottokraftstoff. An einer Handvoll Aral-Tankstellen im Bundesgebiet sei nun jedoch der Preiskampf durchgeschlagen: "Benzin ist billiger als Diesel. So rum wird ein Schuh draus", findet Winkler.

Normalbenzin gleich teuer wie Super

Zum Preiskampf an der Zapfsäule gehört auch, dass Normal- und Superbenzin teilweise gleich teuer sind. Meyer-Bukow erklärt das damit, dass die Nachfrage nach Normalbenzin in den vergangenen Wochen international größer als das Angebot gewesen sei - das habe zu der "widersinnigen" Börsenreaktion geführt, dass das schlechtere Produkt höher bewertet wurde als das bessere.

Eine Prognose, wie lange Diesel teurer als Superbenzin bleibt, wollten weder der Mineralölwirtschaftsverband noch der ADAC abgeben. Aral-Sprecher Winkler will sich dazu ebenfalls nicht äußern: "Das hängt davon ab, wie sich die Wettbewerber im Markt verhalten." Meyer-Bukow vom Mineralölwirtschaftsverband erwartet allerdings, dass die derzeitigen Preise kein Dauerzustand bleiben werden - sie rechnet damit, "dass das Kartellamt auf der Matte steht", wenn das Benzin dauerhaft unter Preis verkauft werde.

Die Sprecherin der Mineralölwirtschaft rechnet also eher mit höheren Benzinpreisen als mit niedrigeren Dieselpreisen. Der ADAC ist angesichts dessen auch etwas ratlos: Der Verbraucher könne nur versuchen, die jeweils billigste Tankstelle zu finden, um wenigstens ein paar Cent zu sparen. So richtig wehren können sich die Autofahrer aber nicht.

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