Kosten des Blindgängers in München:Wer für die Bombe zahlt

Verschmutzte Häuser, verkohlte Dachstühle, zerborstenes Glas: Wer muss die Kosten für die Beseitigung eines Blindgängers begleichen? Das Recht bietet da einige Überraschungen - es spielt etwa eine Rolle, wer die Bombe vor Jahrzehnten geworfen hat.

Es galt als kontrollierte Explosion, gleichwohl hat die Sprengung eines Blindgängers im Münchner Stadtteil Schwabing erhebliche Schäden angerichtet. Hinzu kommen die Kosten für den Einsatz des Kampfmittelräumdienstes, für die Ordnungskräfte, für Notunterkünfte und mehr. Wer zahlt das alles? Eine Übersicht in Fragen und Antworten.

Wer trägt die Kosten zur Beseitigung von Kampfmitteln aus dem Zweiten Weltkrieg?

Im Grundsatz gilt: Die Kosten für die Bergung und den Abtransport des Kampfmittels tragen entweder der Bund oder aber Länder und Gemeinden. Ausschlaggebend für die Aufteilung der Kosten ist die Herkunft der Bombe. Für die Schäden, die an umliegenden Gebäuden entstehen, können - je nach Vertrag - Versicherer einspringen.

Wann zahlt der Bund, wann die Bundesländer?

Der Bund zahlt höchstens dann, wenn es um die Beseitigung ehemals reichseigener Munition geht. Beim Bundesfinanzministerium heißt es: "Die Unschädlichmachung und Beseitigung alliierter Munition sowie die Finanzierung dieser Maßnahmen ist ausschließlich Sache der Länder." Da es bei der Bombe in Schwabing um eine amerikanische Fliegerbombe ging, habe der Bund "keine Finanzierungszuständigkeit". Dies gelte nicht nur für die Beseitigung selbst, sondern auch für Folge- oder Spätschäden.

In welchem Gesetz ist das geregelt?

Die Zuständigkeit des Bundes ist im Allgemeinen Kriegsfolgengesetz (AKG) festgelegt, das in den fünfziger Jahren in Kraft trat. Die Ansprüche gegen das Deutsche Reich sind in dem Fall nicht mit dem Krieg erloschen, sondern vom Bund zu erfüllen. Doch der Bund soll nicht alles bezahlen. Darum wurde im Grundgesetz eine Lastenverteilung verankert, derzufolge der Bund nicht für die Beseitigung ausländischer Bomben aufkommen muss.

Wer kommt für Schäden auf, die infolge einer Bombenexplosion entstanden sind?

Entstandene Schäden werden hauptsächlich von der Wohngebäudeversicherung abgedeckt. Wichtig ist, dass die Versicherung auch die Kategorien "Brand, Blitzschlag, Explosion" abdeckt. "Etwa 80 Prozent der Versicherten haben dieses Risiko bei Abschluss ihrer Versicherung automatisch mitversichert", sagt eine Sprecherin der Allianz. Vor zwanzig Jahren sei es noch Pflicht gewesen, diese Schadensfälle abzudecken. Mittlerweile sei es aber auch möglich, eine Wohngebäudeversicherung ohne diese Kategorien abzuschließen. Die Versicherten müssten daher genau prüfen, ob sie für diesen Schadensfall versichert sind. Allerdings gibt es auch Versicherungen, in denen Kriegsfolgeschäden etwa durch Bomben von einer Kostenerstattung ausgeschlossen sind. Hier muss der Geschädigte selbst für die Schäden aufkommen.

Welche Schäden werden ersetzt?

Grundsätzlich werden nach Auskunft des Versicherers Allianz alle Schäden ersetzt, die im Zusammenhang mit der Bombenexplosion stehen. Bei zersprungenen Glasscheiben greift sowohl die Gebäudeversicherung als auch eine spezielle Glasversicherung, die oft von Ladeninhabern abgeschlossen wird. Sollte das Mobiliar durch die Glassplitter beschädigt worden sein, kann sich der Versicherte an die Hausratversicherung wenden. Die zahlt, sofern sie für Kriegsfolgeschäden aufkommt. Schäden, die aufgrund von eingedrungenem Regen entstanden sind, beispielsweise wenn das Parkett aufquillt, werden von der Gebäudeversicherung übernommen.

Wie geht man als Versicherter vor?

"Der Geschädigte sollte sofort die Versicherung verständigen und wenn möglich auflisten, was zu Schaden gekommen ist", erklärt die Allianz-Sprecherin. Haben die Scheiben Risse und hat der Regen das Mobiliar beschädigt, sollte man den genauen Zustand der Einrichtung beschreiben. Hat die Couch nur Wasserflecken oder ist sie total durchnässt? Und wie hoch ist der Schaden in etwa? So kann sich die Versicherung ein besseres Bild der Schäden machen.

Wer zahlt die Suche nach dem Blindgänger beim Neubau?

"Wichtig ist, dass man nicht gleich den Handwerker beauftragt, sobald irgendwo ein Mangel festgestellt wird". Die Versicherung habe nämlich grundsätzlich das Recht, sich die Schäden selbst anzuschauen und dann einen geeigneten Handwerker oder Dachdecker zu beauftragen. "Am besten ist es, sich mit der Versicherung in Verbindung zu setzen. Die weiß, wie man weiter vorgeht."

Die Druckwelle der Explosion hat die Scheiben eines Autos beschädigt - springt die Versicherung ein?

Durch die Explosion entstandene Schäden am Auto werden durch die Teilkaskoversicherung nach Abzug der Selbstbeteiligung abgedeckt, sofern sie abgeschlossen wurde. Wer sie in Anspruch nimmt, muss keine Rückstufung beim Tarif befürchten wie etwa bei der Autohaftpflichtversicherung. Auch Vollkaskoversicherte können auf Schadensersatz hoffen, da diese Versicherung automatisch eine Teilkaskoversicherung mit einschließt.

Wegen der Evakuierung müssen Nächte im Hotel verbracht werden. Zahlt die Versicherung das?

Im Regelfall nicht. Die Versicherung zahlt höchstens, wenn durch die Sprengung schwerwiegende Schäden am Haus entstanden sind. Ist das Haus etwa aufgrund mangelnder Statik unbewohnbar geworden, werden die Hotelkosten erstattet. Dafür muss der Versicherte allerdings eine entsprechende Zusatzversicherung abgeschlossen haben.

Werden Ladenbesitzern und Unternehmen Einnahmeausfälle etwa aufgrund der Evakuierung ersetzt?

Nein, solange in der Zeit der Evakuierung keine Sachschäden am Laden entstehen. Anders sieht es aus, wenn der Laden aufgrund von Schäden nach der Explosion auch weiterhin geschlossen hat. "Hier greift die sogenannte Ertragsausfallversicherung, die den entgangenen Betriebsgewinn ersetzt", erklärt die Allianz-Sprecherin. Allerdings muss auch diese Versicherung extra abgeschlossen werden.

Wer kommt für die Kosten für die Suche nach Blindgängern auf, wenn neu gebaut wird?

Der Bauträger hat eine besondere Sorgfaltspflicht. Er muss gegebenenfalls überprüfen, ob auf seinem Grundstück Blindgänger liegen könnten. Die Kosten dafür muss er selbst tragen.

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