Kopfpauschale:29 Euro für die Gesundheit

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Dauerzank um die horrenden Gesundheitskosten: Gesundheitsminister Philipp Rösler plant eine kleine Kopfpauschale. Die CSU ist empört.

Guido Bohsem, Berlin

Unmittelbar vor Start der Regierungskommission zur Gesundheitsreform ist der koalitionsinterne Streit über die Kopfpauschale wieder aufgeflammt. Anlass waren am Montag Berichte über angebliche Details zum Vorhaben von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler.

Die Märkische Allgemeine Zeitung hatte unter Berufung auf das Konzept des FDP-Politikers berichtet, die Pauschale werde bei 29 Euro pro Mitglied liegen. Röslers Sprecher dementierte den Bericht nicht. Er bezeichnete ihn lediglich als Spekulation, zu der sich das Ministerium nicht äußern werde. Es sei Aufgabe der Kommission, den von Rösler angestrebten Einstieg in die Kopfpauschale auszuarbeiten. Das Gremium kommt an diesem Mittwoch zu seiner ersten Sitzung zusammen. In Röslers Umgebung hieß es, die genannte Zahl stamme nicht aus dem Ministerium.

Damit ist die demonstrative Einigkeit in der schwarz-gelben Gesundheitspolitik nach gut einer Woche wieder dahin. Die seit Beginn der Regierungszeit zerstrittenen Koalitionspartner hatten Röslers Kampfansage gegen die Pharmaindustrie ungewohnt einhellig begrüßt und vom Streit über die Kopfpauschale abgesehen. Die Reaktionen auf den Bericht der in Potsdam erscheinenden Zeitung dokumentieren jedoch, wie oberflächlich dieser Koalitionsfrieden war.

So reagierte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion Johannes Singhammer (CSU) empört auf den Bericht. Im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung bezeichnete er das Vorhaben als "absurden Versuch, bereits bestehende Regelungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung zu einer Kopfpauschale umetikettieren zu wollen".

Vehemente Ablehnung

Die CSU lehnt die Kopfpauschale geschlossen und vehement ab. Bei diesem System würden gutverdienende Facharbeiter und schlechtbezahlte Putzkräfte den gleichen Beitrag für ihre Krankenkasse zahlen. Damit dies nicht zu sozialen Ungerechtigkeiten führt, will Rösler einen Sozialausgleich schaffen, der über das Steuersystem finanziert wird. Der Einstieg in ein solches System, das auch als Gesundheitsprämie bezeichnet wird, wäre ein Bruch mit den geltenden Regelungen. Derzeit zahlen Arbeitgeber sieben Prozent und Arbeitnehmer 7,9 Prozent des Bruttolohns an die Kasse. Manche Versicherer nehmen seit kurzem zudem einen Zusatzbeitrag, der zumeist bei acht Euro im Monat liegt.

Rösler erwägt seit längeren, zunächst die 0,9 Prozentpunkte in eine Kopfpauschale umzuwandeln, die die Arbeitnehmer seit 2005 zur Finanzierung des Zahnersatzes ohne Beteiligung des Arbeitgebers zahlen. Genauere Berechnungen für die Umwandlung dieses Sonderbeitrags waren bislang nicht bekannt. In der Koalition hält man eine Größenordnung von 29 Euro jedoch für realistisch.

"Offenbar soll nun aus dem Sonderbeitrag eine Gesundheitsprämie gestrickt werden", sagte Singhammer. Das mache keinen Sinn. Denn auch wenn man eine so niedrige Summe von den Versicherten nehmen wolle, brauche es dazu einen ungeheuren bürokratischen Aufwand.

"Will man zudem kein Versicherungsmitglied schlechter stellen als bisher, muss man zusätzliche Haushaltsmittel in Milliardenhöhe ins System pumpen", sagte der CSU-Gesundheitsexperte. "Derzeit zahlt ein Rentner mit einem Einkommen von 1000 Euro einen Sonderbeitrag von neun Euro", erklärte Singhammer. "Wenn die Kopfpauschale nun bei 29 Euro liegen soll, müssen 20 Euro durch einen steuerlichen Sozialausgleich kompensiert werden." Den Stein der Weisen habe das Ministerium mit diesem Konzept nicht gefunden.

© SZ vom 16.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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