Koalition prüft:Bund erwägt Steuersplitting für Homosexuelle

Muss die Regierung das Ehegattensplitting auch auf Homosexuelle ausdehnen? Die Koalition prüft eine Rechtsänderung.

Daniela Kuhr, Berlin

Die Union warnt vor einem Schnellschuss bei der Ausweitung des Ehegattensplittings auf eingetragene Lebenspartner. "Ich bin sehr dafür, dass wir im Interesse der Sache jetzt keine vorschnellen Festlegungen treffen sollten", sagte der finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Leo Dautzenberg (CDU), zur Süddeutschen Zeitung. "Dies würde diesem sehr sensiblen Thema nicht gerecht."

Bund erwägt Steuersplitting für Homosexuelle, Foto: AP

Muss die Regierung das Ehegattensplitting auch auf Homosexuelle ausdehnen?

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Der wissenschaftliche Dienst des Bundestags war in einem Gutachten zu dem Ergebnis gekommen, dass die Regierung das Ehegattensplitting auch auf Homosexuelle ausdehnen muss, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben. Sie könnten sich dann, genau wie Verheiratete, beim Finanzamt gemeinsam veranlagen lassen und von Steuervorteilen profitieren. Der Grund für die Einschätzung ist ein im Oktober veröffentlichtes Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Darin hatte der Senat klargestellt, es sei nicht zu rechtfertigen, dass die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder nur Eheleuten eine Hinterbliebenenrente gewähre, nicht aber Lebenspartnern. Vor allem gebe es keine abstrakte Vermutung, dass aus einer Ehe Kinder hervorgehen.

"Die staatlichen Stellen (Verwaltung, Gerichte, Gesetzgeber) dürften daher berufen sein, sämtliche Ungleichbehandlungen von Lebenspartnern zu beseitigen, die sich nur mit der Vermutung rechtfertigen lassen, dass aus einer Ehe Kinder hervorgehen", heißt es in dem Gutachten des wissenschaftlichen Diensts. Es spreche "viel dafür", dass eingetragene Lebenspartner im Beihilfe- und Steuerrecht Eheleuten grundsätzlich gleichzustellen seien.

Verfassungsrechtlicher Anspruch

Dautzenberg wies darauf hin, dass man im Koalitionsvertrag bereits verabredet hatte, gleichheitswidrige Benachteiligungen im Steuerrecht abzubauen. "Hierbei werden wir dann selbstverständlich auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angemessen berücksichtigen", sagte er. Im Bundesfinanzministerium hieß es, man prüfe das Urteil und die Folgen für das Steuerrecht eingehend. Der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Volker Wissing, dagegen sprach sich klar dafür aus, das Ehegattensplitting auszuweiten. Genau wie Ehepartner würden auch Lebenspartner eine Erwerbsgemeinschaft bilden, sagte er. "Und deshalb haben sie einen verfassungsrechtlichen Anspruch darauf, ebenfalls leistungsgerecht besteuert zu werden."

Der finanzpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Gerhard Schick, sagte, er teile die Auffassung der Gutachter. "Natürlich geht es nicht, dass man nur bei den Pflichten, nicht aber bei den Rechten die Lebenspartnerschaft der Ehe gleichstellt." Doch sei das Ehegattensplitting insgesamt nicht sinnvoll. "Ehe- und Lebenspartner sollten individuell besteuert werden, aber jeweils einen Grundfreibetrag bekommen, den sie gegebenenfalls auf den Partner übertragen können."

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