Klimaschutz:Was bleibt von den Plänen übrig?

Bundeskanzleramt gegen Bundesumweltministerium: Die Verschärfung der Standards für Neubauten wackelt.

Von Ralph Diermann

Als Umweltministerin Barbara Hendricks Ende Juni den Entwurf für den "Klimaschutzplan 2050" der Bundesregierung vorlegte, erntete sie lauten Protest aus der Immobilienwirtschaft. Zu teuer, zu kompliziert und dazu investorenfeindlich sei der Plan, hieß es bei den Branchenverbänden. Ihre Kritik hat nun offene Ohren gefunden: Das von Hendricks Vorgänger Peter Altmaier geführte Bundeskanzleramt stellte vor Kurzem in einem Kommentar zum Entwurf infrage, ob die energetischen Standards von Neubauten tatsächlich wie vorgesehen verschärft werden müssen, um die nationalen Klimaziele zu erreichen. Die Bundesregierung will den Klimaschutzplan bis zum Jahresende verabschieden.

Hendricks misst Gebäuden bei der Minderung des Treibhausgasausstoßes eine Schlüsselrolle bei, da sie für fast ein Drittel der gesamten Emissionen in Deutschland verantwortlich sind. Bereits im Herbst 2015 hat die schwarz-rote Koalition beschlossen, dass der Energiebedarf des Wohngebäudebestands bis 2050 auf unter vierzig Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr sinken soll. Derzeit sind es nach Berechnungen der Deutschen Energie-Agentur (dena) noch durchschnittlich 170 Kilowattstunden. Der Klimaschutzplan präzisiert nun, wie dieses Ziel erreicht werden soll. So ist unter anderem vorgesehen, dass bei Sanierungen bis spätestens 2030 ein Effizienzstandard erzielt wird, der den von Neubauten nur um maximal vierzig Prozent überschreitet. Ist eine solche Modernisierung nicht wirtschaftlich, springt der Staat mit einer Förderung ein. Der Wärmebedarf der Gebäude soll 2030 mindestens zu 25 bis 30 Prozent durch erneuerbare Energien gedeckt werden. Das entspricht etwa einer Verdoppelung des Anteils gegenüber heute.

Niemand soll zu Maßnahmen gezwungen werden, die sich nicht rechnen

Im Neubau will Hendricks den ab 2021 geltenden Niedrigstenergiestandard so weiterentwickeln, dass neue Immobilien künftig klimaneutral sind. Gas- und Ölheizungen dürfen dann nicht mehr installiert werden. Dieser Vorschlag ist brisant, da er auf eine Fortschreibung der gegenwärtigen Energieeinsparverordnung (EnEV) hinauslaufen könnte. Die Immobilienverbände kritisieren, dass die EnEV das Bauen deutlich teurer mache. Sie plädieren stattdessen für einen neuen, technologieoffenen Ansatz, der die fossilen Energien nicht ausschließt. Das soll die Baukosten begrenzen. Im Ministerentwurf wird allerdings betont, dass das Wirtschaftlichkeitsgebot auch künftig gelten werde - niemand soll zu Maßnahmen gezwungen werden, die sich nicht rechnen.

Neben der Kritik an einer Verschärfung der Standards für Neubauten distanziert sich das Bundeskanzleramt auch vom Vorhaben Hendricks, den Austausch alter fossiler Heizungen durch effizientere Gas- oder Öl-Kessel nach 2020 nicht weiter zu fördern. So will die Ministerin Hausbesitzer dazu bewegen, Erneuerbare-Energien-Heizungen zu installieren. Der Branchendachverband Zentraler Immobilien Ausschuss (ZIA) begrüßt die Intervention des Kanzleramts. "Der dringend benötigte Neubau von Wohn- und Wirtschaftsimmobilien wird uns nur gelingen, wenn die Immobilienwirtschaft nicht durch unverhältnismäßige und unwirtschaftliche Eingriffe gebremst wird", erklärt ZIA-Präsident Andreas Mattner.

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