Plan zum Klimaschutz:EU fordert neue Sprit-Steuern

Den Anhängern von Diesel-Motoren droht Ungemach: Die EU forciert ihre Bemühungen, Treibstoffe künftig nach ihrem Energiegehalt zu besteuern. Deutschland läuft gegen die Pläne Sturm, denn Diesel könnte langfristig teurer werden als Benzin.

Cerstin Gammelin

Die Europäische Union will Treibstoffe nach ökologischen Kriterien besteuern lassen. EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta sagte, der für alle Mitgliedsstaaten geltende Mindestsatz solle davon abhängen, wie viel Energie der Treibstoff enthalte und wie viel Kohlendioxid beim Verbrennen entstehe. Damit würde Diesel langfristig teurer als Benzin. Deutschland lehnt den Vorstoß ab.

Benzin - kein Ende im Kraftstoff-Chaos

Diesel enthält mehr Energie als herkömmliches Benzin, er soll daher künftig ungefähr 15 Prozent höher besteuert werden.

(Foto: dpa)

Wir brauchen ein neues Steuersystem, das uns hilft, die europäischen Energie- und Klimaziele zu erfüllen", begründete Semeta seinen Plan, das Steuersystem umbauen zu wollen. Die 27 europäischen Länder hatten sich 2008 unter maßgeblicher Führung von Bundeskanzlerin Angela Merkel verpflichtet, ihre klimaschädlichen Emissionen bis 2020 um ein Fünftel im Vergleich zu 1990 zu senken.

Alle Branchen müssen dazu beitragen, auch der Verkehr. Steuerkommissar Semeta geht davon aus, dass das ökologisch ausgerichtete Steuersystem Verbraucher motiviert, sparsamere Autos zu kaufen und die Hersteller unter Druck setzt, schneller moderne Antriebe oder Elektroautos auf den Markt zu bringen.

Bisher werden die Steuern für Diesel, Benzin, Autogas, Erdgas oder Biosprit individuell erhoben. Künftig sollen für alle Treibstoffe die gleichen Regeln gelten, um die Preise besser vergleichbar zu machen. Fossile Treibstoffe, die einen hohen Energiegehalt haben und beim Verbrennen vergleichsweise viel Kohlendioxid erzeugen, werden automatisch teurer als umweltfreundliche Spritsorten. Da Diesel mehr Energie enthält als herkömmliches Benzin, wird er künftig ungefähr 15 Prozent höher besteuert.

Aus den neuen Berechnungen ergibt sich, dass der europäische Mindestsatz für Diesel von heute 33 Cent je Liter bis 2018 in Stufen auf 41 Cent je Liter steigen könnte. Damit liegt er immer noch unter dem gültigen deutschen Steuersatz von 47 Cent je Liter. Die Preise an den deutschen Zapfsäulen "werden keinesfalls automatisch steigen", sagte Semeta. Die Bundesregierung entscheide eigenverantwortlich über den endgültigen Steuersatz. Zudem seien lange Übergangsfristen vorgesehen. Erst 2023 müsse das neue System voll umgesetzt werden.

Ursprünglicher Klimavorteil von Diesel aufgehoben

Von diesem Zeitpunkt an entfällt auch der bisherige Steuervorteil für Diesel in Deutschland. Er wird bisher massiv subventioniert. Der Steuersatz von 47 Cent je Liter liegt deutlich unter dem von Benzin, der 65 Cent je Liter beträgt. Jedes zweite verkaufte Auto fährt heute bereits mit Diesel, Tendenz steigend. Da die Wagen meist mit großen Maschinen ausgestattet sind, entweicht ihnen mittlerweile ebenso viel Kohlendioxid wie Fahrzeugen, die mit Super betankt werden. Damit ist der ursprüngliche Klimavorteil der Dieselantriebe aufgehoben.

In Deutschland stoßen die Pläne auf heftigen Widerstand. Merkel und Verkehrsminister Peter Ramsauer wiesen sie bereits Anfang dieser Woche zurück, am Mittwoch auch Wirtschaftsminister Rainer Brüderle. Die Länder sollten auch künftig selbst über die "Steuersatzstruktur der Energieerzeugnisse" entscheiden.

Der Präsident des Verbandes der Automobilwirtschaft, Matthias Wissmann, sprach von einem "falschen Signal". Deutsche Autofahrer würden verunsichert, Arbeitsplätze und Marktanteile deutscher Premiumhersteller gefährdet. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso räumte ein, Deutschland habe "einen immensen Druck" ausgeübt, die Pläne in der Schublade zu lassen. Er sei jedoch überzeugt, dass der Vorschlag extrem vernünftig und der richtige Weg für mehr Wachstum in Europa sei.

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