Süddeutsche Zeitung

Klage gegen US-Bank:Goldman Sachs fällt in Ungnade

Der Deutschland-Chef von Goldman Sachs ist ein Berater von Kanzlerin Merkel. Politiker fordern nach der Klage der Börsenaufsicht gegen das Institut mehr Distanz.

Der Gegenwind für die US-Investmentbank Goldman Sachs wird nun auch in Großbritannien und Deutschland stärker. Nach der Klage der US-Börsenaufsicht SEC nimmt jetzt die britische Finanzaufsicht FSA die Bank mit Blick auf Interessenkonflikte bei komplizierten Finanzprodukten vor der Finanzkrise unter die Lupe.

Die FSA kündigte am Dienstag eine formelle Untersuchung von Goldman an, wie es Premierminister Gordon Brown gefordert hatte.

Bund will Schadenersatz

Dabei geht es um die gleichen Vorwürfe, die bereits die SEC erhoben hatte. Die mächtige US-Aufsicht hat die Bank wegen Finanzanlagen verklagt - Goldman soll Investoren nicht ausreichend informiert haben: Der einflussreiche Hedgefonds-Manager John Paulson hat demnach für die Bank an der Konstruktion des synthetischen Finanzprodukts, eines sogenannten CDO, mitgearbeitet und zugleich selbst dagegen gewettet.

Auch wenn die Klage viel Aufsehen erregt hat - ihre Erfolgsaussichten sind ungewiss. Experten betonen, dass es schwer werden wird, Goldman illegales Verhalten nachzuweisen. Sogar innerhalb der SEC gingen die Meinungen auseinander. Informationen des Wall Street Journals (WSJ) zufolge hat am vergangenen Mittwoch das fünfköpfige Entscheidungskomitee nur mit 3:2 für eine Klageerhebung gestimmt. Normalerweise werde versucht, solche Beschlüsse einstimmig zu treffen, heißt es in dem Bericht.

Das ändert allerdings nichts daran, dass das Vorgehen des Instituts weitherum missbilligt wird. Goldman selbst betont zwar, dass auch die Bank einen Verlust von 90 Millionen Dollar erlitten habe. Allerdings habe Goldman nie vorgehabt, die Anlagen im eigenen Portfolio zu halten - berichtet das WSJ süffisant. Das Papier habe nur nicht vollständig an andere Investoren verkauft werden können.

Zu den Käufern des CDO gehörte neben der mit deutschem Staatsgeld gestützten Mittelstandsbank IKB auch die niederländische ABN Amro, die später in der Royal Bank of Scotland aufging.

Der für den CDO verantwortliche Goldman-Manager Fabrice Tourre hatte zuletzt in London für die Bank gearbeitet, derzeit nimmt er nach Angaben des Instituts eine "Auszeit", die allerdings bezahlt wird.

Die Bundesregierung hat unterdessen die deutsche Finanzaufsicht Bafin angewiesen, mit der SEC Kontakt zu halten. Sie prüft - ebenso wie die IKB - Schadenersatzforderungen. Die Bafin war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Politiker von Union und FDP stellten alle Geschäfte der deutschen Regierung mit Goldman Sachs angesichts der Vorwürfe in Frage. So lange die Ermittlungen der SEC liefen, sollte die Zusammenarbeit auf Eis gelegt werden, sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt dem Handelsblatt.

Auch der Obmann der FDP-Bundestagsfraktion im Finanzausschuss, Frank Schäffler, sagte: "Wir sollten die Geschäftsbeziehungen mit der US-Bank ruhen lassen, bis die Vorwürfe geklärt sind." Goldman Sachs Deutschland äußerte sich dazu nicht.

Glänzende Zahlen

Deutschland-Statthalter Alexander Dibelius gehörte lange zu den von Bundeskanzlerin Angela Merkel favorisierten Gesprächspartnern. Die Bank war unter anderem am gescheiterten Börsengang der Deutschen Bahn beteiligt, Dibelius hatte auch vor der Insolvenz von Arcandor einen Rettungsversuch unternommen, der von der Regierung aufmerksam verfolgt worden war.

Zu Jahresbeginn hatte der Banker jedoch für Unmut in der deutschen Politik gesorgt, als er öffentlich eine gesellschaftliche Verantwortung der Banken für das Gemeinwohl verneinte.

Unterdessen überrascht die Bank im ersten Quartal mit einem Milliardengewinn: Der Überschuss verdoppelte sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nahezu auf 3,29 Milliarden Dollar. Wie bereits in den vorangegangenen Quartalen verdiente Goldman einen Großteil davon im klassischen Wertpapiergeschäft. Analysten hatten mit einem deutlich geringeren Gewinn gerechnet.

Für Vergütungen wie Bonuszahlungen legte das Institut 5,5 Milliarden Dollar zurück, nach 4,7 Milliarden Dollar im Vorjahresquartal.

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