Süddeutsche Zeitung

Kinder-Freizeitstudie:Kicken oder klicken?

Sind deutsche Kinder ein Jungvolk von Computer-Junkies? Eine Freizeitstudie bringt erstaunliche Einblicke in die Kinderzimmer.

Am Computer zu spielen, im Internet mit Freunden zu chatten, sich via Handy und SMS miteinander zu verabreden - das ist für die meisten Kinder heute selbstverständlich. Doch höher im Kurs stehen immer noch klassische Freizeitaktivitäten wie Freunde treffen, radeln, lesen oder kicken. Zu diesem Ergebnis kommt die Kids-Verbraucheranalyse 2008, die der Egmont Ehapa Verlag in Berlin vorstellte. Für die repräsentative Studie wurden 1631 Kinder und jeweils ein Erziehungsberechtigter befragt.

Danach haben heute bereits 2,2 Millionen Mädchen und Jungen zwischen sechs und 13 Jahren ein eigenes Handy - Tendenz steigend. Unter den Zehn- bis Dreizehnjährigen besitzen zwei Drittel ein Mobiltelefon, bei den Jüngeren immerhin schon 13 Prozent. Kostenpunkt: Im Schnitt 295 Euro pro Jahr.

Rund vier der knapp sechs Millionen Kinder nutzen zu Hause einen Computer, über die Hälfte geht damit auch ins Internet. Für die Autoren der Studie ist das kein Anlass für Kulturpessimismus. Handy und Computer gehören für die befragten Kinder zum Alltag. Dennoch gaben rund 80 Prozent an, dass sie am liebsten Zeit mit ihren Freunden verbringen.

Computer: Eltern setzen klare Grenzen

Nur 18 Prozent der Kinder haben der Studie zufolge einen eigenen Computer. Die meisten Eltern setzen ihren Kindern im Umgang damit klare Grenzen. Viele Erwachsene machen ihren Schützlingen klare Zeitvorgaben oder verbieten Internet-Chats. Mädchen haben bei der Computernutzung stark aufgeholt. Doch Computerspiele schaffen es bei ihnen noch nicht einmal unter die Top Ten der beliebtesten Freizeitaktivitäten.

Großzügig sind die Eltern bei der Unterhaltungselektronik im Kinderzimmer. 40 Prozent der Kinder besitzen eine Stereoanlage und 33 Prozent einen Fernseher. Absolute Renner sind MP3-Player, die sich inzwischen schon in jedem dritten Kinderzimmer wiederfinden.

Trotzdem bleibt auch das Lesen eine feste Größe. Rund vier Millionen Jungen und Mädchen greifen zu Kinderzeitschriften, hinzu kommen Bücher und Magazine. Die Nutzung ist allerdings stark abhängig vom Bildungsgrad. So lesen zwar fast die Hälfte der Gymnasiasten, aber nur 20 Prozent der Hauptschüler regelmäßig Bücher.

Taschengeld: Maß für soziale Kluft

Mit rund 6,4 Milliarden Euro ist die Finanzkraft der Sechs- bis Dreizehnjährigen in Deutschland noch einmal deutlich gestiegen. 2,6 Milliarden Euro Taschengeld und Geldgeschenken geben sie vor allem für Süßwaren, Zeitschriften und Eis aus. Weitere 3,8 Milliarden Euro liegen auf den Sparkonten. Über ihr monatliches Taschengeld von durchschnittlich 23,30 Euro (gegenüber rund 22 Euro im Vorjahr) darf die Mehrheit der Kinder frei verfügen.

Für Bekleidung geben die Familien pro Kind im Schnitt 319 Euro jährlich aus, für Taschengeld 279 Euro, für Spielzeug 180 und für Geldgeschenke 153 Euro. Für die steigende Zahl von Kindern in Deutschland, die im Armut lebt, spiegelt dies sicherlich nicht den Alltag wider. "Die Kluft zwischen Arm und Reich wächst", räumt Ingo Höhn ein, der Geschäftsleiter Anzeigen beim Egmont Ehapa-Verlag. Dies bedeute, dass die Kinder aus wohlhabenderen Familien einen überproportionalen Anteil an dem Wachstum hätten. Ein kleiner Trost bleibt: Auch in ärmeren Familien werde an den Kindern immer zuletzt gespart.

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