KfW: Zwei Debakel:Eine Versagerbank mit 37 Kontrolleuren

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Die staatliche Bankengruppe KfW hat mit dem Desaster in den USA zum zweiten Mal viel Geld verloren - 37 Personen beaufsichtigen sie.

Hans von der Hagen

Die KfW-Bankengruppe war einmal eine richtig tolle Bank. Sie war ein Beispiel für Planung, Weitsicht und Vernunft. Dummerweise ist das 60 Jahre her: Damals hieß sie einfach Kreditanstalt für Wiederaufbau und verwaltete das Geld, das 1948 der damalige US-Außenminister George C. Marshall im Rahmen der Europa-Hilfe nach Deutschland schickte.

KfW: Eine Bank macht sich arm (Foto: Foto: dpa)

Die meisten übrigen Staaten Westeuropas, die ebenfalls Geld aus dem Marshall-Plan erhielten, verteilten das Geld als Direkthilfe, die Deutschen verliehen es hingegen nur - und zwar über die KfW.

Darum sind aus den 1,4 Milliarden Dollar, die Deutschland ursprünglich aus den USA erhielt, mittlerweile mehr als zwölf Milliarden Euro geworden, die immer wieder neu im Rahmen zinsvergünstigter Kredite an Mittelständler oder Häuslebauer vergeben werden.

Neun Milliarden Euro - einfach weg

Früher durfte man formulieren, dass dank den Künsten der KfW das Geld noch existiert - heute gilt muss man sagen: trotz der KfW. Nun ist sie für das Boulevardblatt Bild "Deutschlands dümmste Bank".

Im Rahmen der Kreditkrise wurden binnen Jahresfrist nun bereits knapp neun Milliarden Euro verschleudert. Dies entspricht drei Vierteln des in sechzig Jahren aufgebauten Sondervermögens des Marshallplans, selbst wenn formal das Geld aus anderen Quellen kommt.

Der Grund für die einzigartige Malaise: Überforderung. Erst am Montag überwies die KfW noch 300 Millionen Euro an die US-Bank Lehman Brothers, die gerade in die Pleite schlidderte. Das Geld ist weg - und der Vorfall richtet den Blick auf eine längere Chronik des Versagens.

Da war zunächst das Debakel um die Mittelstandbank IKB - auch so ein Institut, das seine Wurzeln in einer Nachkriegszeit legte: Die Bank für Industrie-Obligationen, aus der später die IKB hervorging, übernahm nach dem ersten Weltkrieg die Abwicklung der Reparationszahlungen. Die Bank hat sich wie die KfW dem Mittelstand verschrieben und fungierte lange als Bindeglied zwischen beiden Seiten.

Die KfW hielt bis vor kurzem zunächst 38, dann mehr als 90 Prozent an der IKB, die unlängst an den US-Investor Lone Star verkauft wurde. KfW und IKB - beide Institute sind sich so ähnlich, dass sie oft verwechselt werden, obschon die KfW ein staatliches Institut und die IKB ein privates Institut ist.

Beiden ging die ursprüngliche Bestimmung verloren. Beide müssen sich jeden Morgen aufs Neue fragen: Warum gibt es uns überhaupt noch?

Aus diesem Grund ist die KfW so etwas wie ein Mädchen für alles geworden. Wenn der Bund Telekom-Anteile loswerden möchte, werden sie bei der KfW geparkt. Und wenn das deutsche Bankensystem schweren Schaden zu nehmen droht, springt die KfW ebenfalls ein: Die IKB musste sie mit acht bis neun Milliarden Euro stützen. Die Mittelstandsbank hatte hochriskante Geschäfte in den USA mitfinanziert und wurde im Sommer gleich als eines der ersten Institute tief in den Strudel der Finanzkrise gerissen.

Zufall? Nein! Das unklare Geschäftsmodell der IKB sorgte dafür, dass sie ihr Geld in Bereichen lenkte, von denen sie nichts verstand. Und die KfW hätte ihre Tochter besser überwachen müssen.

Nun der neue Fauxpas: Die KfW überweist 300 Millionen Euro an die insolvente amerikanische Investmentbank Lehman Brothers und macht sich damit endgültig zum Gespött der Nation. Mochte man die Milliardenhilfe noch dem Kontext "Finanzkrise" und ihrer ungeheueren Dynamik zuordenen, bleibt für die Überweisung nur noch ein Wort übrig: Dummheit - noch dazu, wo offenbar mehrere Stellen am vergangenen Montagmorgen den Vorgang genehmigten. Formal zumindest.

Zufall? Nein! Dass die andere Banken ihre Verbindungen zu Lehman längst gekappt hatten und nur die KfW nicht in der Lage war, zeigt, dass dieses staatliche Institut dem Wirbel an den Finanzmärkten nicht gewachsen ist.

Die KfW ist eine durch und durch politische Bank: Den Verwaltungsrat führt der Müllermeister und Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU), ansonsten finden sich dort verdiente Kräfte aus Politik und Wirtschaft. Nicht zwanzig, wie etwa bei der Deutschen Bank, nein, sage und schreibe 37 Personen überwachen das Institut, entsandt von Bundestag, Bundesrat und den großen Wirtschaftsverbänden. Der Vorstand wiederum wird von Ulrich Schröder angeführt, der erst vor zweieinhalb Wochen von der NRW-Bank kommend dort anfing.

Glos hatte schon nach dem Fall der IKB die Größe des KfW-Verwaltungsrates als Problem erkannt. Mittlerweile gibt es auch eine Art Verwaltungsratskonzentrat in Form eines siebenköpfigen Präsidialausschuss, der für Eilentscheidungen zuständig ist - geschehen ist ansonsten nichts.

Es ist nicht alles schlecht an der KfW: Nach ihrem Vorbild wurden die großen internationalen Entwicklungsbanken eingerichtet und viele Mittelständler in Deutschland haben von Privatbanken Geld bekommen, weil die KfW ebenfalls eine Finanzierung zusagte.

Die KfW ist eine Bank für Fälle, in denen der Markt versagt. Gerade deshalb braucht sie eine Führung, die etwas vom Markt versteht - und die der Politik Paroli bieten kann.

Ansonsten wird die Bank gegen das Marktversagen endgültig zur Versagerbank verkommen.

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