Keine Mittel für Testkäufer:Aigner schont die Banken

Vor der Finanzkrise hatten Banken ihren Kunden Schrottpapiere angedreht. Kontrollen durch anonyme Testkunden sollten das in Zukunft verhindern. Doch bis heute hat die Regierung keinen einzigen verdeckten Kontrolleur losgeschickt - und vor der Bundestagswahl wird das wohl auch nichts mehr.

Daniela Kuhr

Schlechte Bankberater - das ist ein Thema, bei dem Ilse Aigner richtig wütend werden kann. Und deshalb hat die Bundesverbraucherschutzministerin für eine Protokollpflicht gekämpft, für bessere Produktinformationen und für eine unabhängige Beratung. Als sie im Dezember 2010 zudem auch noch ankündigte, dass die Finanzaufsicht Bafin künftig verdeckte Ermittler einsetze, um zu prüfen, ob die Berater sich in den Verkaufsgesprächen an die gesetzlichen Vorgaben halten, reagierte die Branche, gelinde gesagt, verwundert. Viele Banken halten den Vorstoß für unnötig - sind sie doch überzeugt, dass sie längst die Lehren aus den vielen skandalösen Fällen von Falschberatung vor der Finanzkrise gezogen haben. Verbraucher- und Anlegerschützer dagegen begrüßten Aigners Idee eines staatlich initiierten Mystery Shoppings damals einhellig.

Inzwischen sind 20 Monate vergangen. Und wie viele verdeckte Ermittler wurden seither den Banken ins Haus geschickt? Kein einziger. Das geht aus Antworten des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervor. Derzeit prüfe die Bundesregierung noch, ob mit Hilfe eines Gesetzes "der Einsatz sogenannter Testkunden in der Finanzberatung möglich wäre", schreibt Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk (CSU). "Eine solche Regelung wirft jedoch auch verfassungsrechtlich erhebliche Fragen auf."

Vor allem könnten dem die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Arbeitnehmer entgegenstehen. Darauf hatte der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, bereits unmittelbar nach Aigners Ankündigung aufmerksam gemacht. Und deshalb werde "die rechtliche Zulässigkeit insbesondere im Hinblick auf das Datenschutzrecht, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und die Grundrechte der in den Banken beschäftigten Berater sorgfältig geprüft", schreibt Koschyk. Weder im Haushaltsplan für dieses Jahr noch im Entwurf des Haushaltsplans für das kommende Jahr seien bei der Finanzaufsicht Bafin "Mittel für die Testkundeneinsätze vorgesehen".

Für die Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn steht damit fest: "Ministerin Aigner hat mal wieder etwas angekündigt, was nicht kommt. " In dieser Legislaturperiode jedenfalls werde wohl nichts mehr aus den Testkunden. Die "angebliche Prüfung" hält Höhn für vorgeschoben: "So etwas dauert nicht fast zwei Jahre." Ein Sprecher des Bundesverbraucherschutzministeriums dagegen zeigte sich zuversichtlich: "Wir hoffen, dass es gelingt, das Projekt so bald wie möglich zu starten", sagte er auf Anfrage. "Die Abstimmungen zu dem Vorhaben sind noch nicht abgeschlossen. Es wurden datenschutzrechtliche Bedenken erhoben, die selbstverständlich auch wir ausgeräumt wissen wollen."

Testkunden sind "ein wichtiges Instrument"

Auch beim Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) hofft man, dass es doch zum Einsatz von Testkunden kommt. "Zwar prüft die Bafin auch jetzt schon, ob die Banken sich bei der Beratung an die gesetzlichen Vorgaben halten", sagt Dorothea Mohn, Finanzexpertin beim VZBV. "Doch geschieht das vorrangig anhand von Unterlagen." So werde etwa kontrolliert, ob den Kunden ein Beratungsprotokoll ausgehändigt worden sei, das den gesetzlichen Anforderungen genüge. "Ob dieses Protokoll aber tatsächlich alle wesentlichen Aussagen des Beraters wiedergibt, weiß man nur, wenn man bei dem Gespräch dabei war."

Geheime Testkunden, mit denen beispielsweise auch die Stiftung Warentest seit Jahren die Arbeit von Banken überprüft, seien ein "wichtiges Instrument", sagt Mohn. "Denn ein Berater, der stets damit rechnen muss, dass er kontrolliert wird, wird dadurch unter Druck gesetzt, richtig zu beraten. Allein die Möglichkeit, dass es sich um einen Testkunden handelt, der da vor ihm sitzt, hat schon eine disziplinierende Wirkung."

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