Kapelle zum Verkauf:"In ruhiger Wohnlage"

Das Immobilien-Objekt Nummer 11, das die Stadt Warstein auf ihrer eigenen Internetseite verkaufen will, verspricht einen besonderen Reiz.

"Friedhofskapelle (Bj. 1998) in ruhiger Wohnlage", sieben Räume, knapp 200 Quadratmeter, 3870 qm großes Grundstück. Alfred Bathe sucht den Käufer, er ist beim Liegenschaftsamt der sauerländischen Stadt für das Objekt verantwortlich.

Kapelle zum Verkauf: Zu verkaufen: eine Kapelle in Warstein

Zu verkaufen: eine Kapelle in Warstein

(Foto: Foto: oh)

SZ: Hallo Herr Bathe, ist die Kapelle noch zu haben?

Bathe: Selbstverständlich, gern. Es ist nicht so leicht, einen Käufer zu finden. Das ist eben kein Haus von der Stange.

SZ: Stimmt. Wer hat schon eine Art Privatfriedhof auf dem Grundstück?

Bathe: Es sind nur wenige Gräber belegt und neue werden nicht mehr ausgehoben. Die Toten, die da liegen, werden nicht mehr umgebettet. Sie haben also eine garantiert ruhige Nachbarschaft. Um es noch einmal deutlich zu sagen: Das Immobilienangebot bezieht sich nur auf die ehemalige Kapelle mit durchaus großzügigen Grün- und Freiflächen, aber nicht auf das benachbarte Grabfeld.

SZ: Da ist ein Nachbarschaftsstreit wohl ausgeschlossen. Aber wer könnte denn die Kapelle kaufen?

Bathe: Wir sind da sehr offen. Da können sich natürlich Religionsgemeinschaften einkaufen, aber ich könnte mir da auch gut ein Fotostudio oder eine Galerie vorstellen, ein Objekt für freischaffende Künstler. In den früheren, nun ja, Leichenkammern könnten Sie etwa Büro- oder Wohnräume einrichten. Sie können das natürlich auch gerne als Privatwohnung nutzen.

SZ: Und sein Wohnzimmer kann man dann vor dem Altar einrichten?

Bathe: Das dürfte schwierig werden, das Gebäude ist ja schon längst entwidmet und die sakralen Gegenstände haben wir entnommen.

SZ: Und was ist mit dem Glockenturm, der neben der Kapelle steht?

Bathe: Den können Sie abreißen, wenn Sie mögen. Aber von uns aus kann er auch stehenbleiben.

"In ruhiger Wohnlage"

SZ: Warum will die Stadt Warstein die Kapelle überhaupt verscherbeln?

Bathe: Wir sind eine Haushaltssicherungskommune und aus Gründen der Sanierung wollen wir alle Objekte abstoßen, die wir nicht mehr brauchen. So wie die Kapelle.

SZ: Aber die haben Sie doch erst vor zehn Jahren gebaut.

Bathe: Als wir 1998 das Gebäude und den kleinen Friedhof als städtische Immobilie gebaut haben, war der nahegelegene Friedhof total ausgebucht. Aber dann kann dieser wahnsinnige Trend zur Urnenbestattung, und jetzt haben wir eben keinen Bedarf mehr.

SZ: Eine Million Euro hat die Stadt damals investiert - der Bund der Steuerzahler rügt Sie wegen Verschwendung.

Bathe: Hinterher ist man immer klüger. Die Zeit hat uns überholt. Und das mit der Welle an Urnenbeisetzungen war so nicht abzusehen.

SZ: Ein Minus-Geschäft wird es auf alle Fälle. Was soll es denn kosten?

Bathe: Verzeihen Sie, das möchten wir nicht öffentlich sagen. Wer sich wirklich interessiert, dem teilen wir den Preis schon mit. Ich kann Ihnen aber versichern: Das Ganze ist erschwinglich.

SZ: Na dann, viel Glück.

Bathe: Danke, das können wir gebrauchen. Ist ja nicht meine einzige Spezialimmobilie. Ich hätte da noch eine frühere Grundschule im Angebot, 9500 Quadratmeter Grundstücksfläche. Die wird auch nicht mehr genutzt. Da könnte ich mir gut ein Alten- oder Pflegeheim vorstellen. Wir haben mehr Urnenbestattungen - aber auch weniger Kinder.

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