Kampf den Steueroasen:Ein Lob auf Steinbrück

Dass die Koalition Steueroasen an einen virtuellen Pranger stellt und damit einen Beitrag zur Verbesserung der Steuermoral leistet, ist vor allem ein Verdienst von Finanzminister Steinbrück.

Guido Bohsem

Wäre der Mensch nur an seinem eigenen Vorteil interessiert, gäbe es deutlich mehr Steuerhinterzieher. Zu hoch ist der materielle Anreiz, dem Fiskus das sauer erwirtschaftete Geld vorzuenthalten, zu gering die Gefahr, entdeckt zu werden, zu lasch die drohenden Strafen. Dass die meisten Deutschen, Japaner oder Amerikaner trotzdem ihre Steuern zahlen und sich korrekt verhalten, finden viele Ökonomen verblüffend. Sie sprechen vom Steuerzahler-Rätsel.

Peer Steinbrück, ddp

Schlägt im Kampf gegen Steuerhinterziehung auch schon mal heftigere Töne an: Bundesfinanzminister Peer Steinbrück.

(Foto: Foto: ddp)

Des Rätsels Lösung ist die Moral. Halten die Bürger Steuerhinterziehung für grundsätzlich falsch, so beeinflusst das ihr Verhalten. Ob ein Volk eine niedrige oder eine hohe Steuermoral besitzt, hängt davon ab, wie hoch die Steuer- und Abgabenlast ist. Hat der Steuerzahler den Eindruck, er bekommt zu wenig für sein Geld, neigt er dazu, bei der Einkommensteuer zu schummeln. Zudem beeinflusst ein gewisser Neidfaktor die Ehrlichkeit. Man will nicht der zahlende Depp sein, während die Kollegen oder Nachbarn das Finanzamt reihenweise hinters Licht führen.

Am letztgenannten Punkt hat die große Koalition mit ihrem wohl letzten Beschluss angesetzt. Indem sie Steueroasen an einen virtuellen Pranger stellt, leistet sie einen guten Beitrag dazu, die Steuermoral zu verbessern. Sie macht den Bürgern klar, dass es sich nicht um ein Kavaliersdelikt handelt, das eigene Vermögen ins Ausland zu schaffen und die Zinsen darauf zu hinterziehen. Das gilt ganz besonders für die Reichen.

Die Regierung macht zudem den betreffenden Staaten klar, dass sie Geschäftsmodelle auf Kosten des deutschen Fiskus nicht länger dulden möchte. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) verdient Lob für seine Beharrlichkeit bei der Umsetzung der Regelung. Beinahe allerdings wäre er über die eigene Verbalradikalität gestolpert, und das Vorhaben damit gescheitert. Dass Kanzlerin Angela Merkel ihren rüpeligen Minister gegen die internationalen Proteste in Schutz genommen hat, obwohl er der Schweiz mit der Kavallerie drohte, ist ihr positiver Beitrag zum Vorhaben.

Dennoch gibt es noch viel zu tun, um die Steuermoral der Bürger zu heben. Steuersenkungen wären einfach und naheliegend, vielleicht sogar wünschenswert. Doch die gigantischen Defizite in den öffentlichen Kassen machen Steuergeschenke auf absehbare Zeit unmöglich.

Die Politiker sollten neue Wege in Betracht ziehen. Vielversprechend wäre zum Beispiel, ein Mehr an direkter Demokratie bei Steuern zu wagen und die Bürger in Steuerdingen zu befragen. Staaten, in denen die Bürger über ihre Belastung mitentscheiden können, weisen eine erheblich bessere Steuermoral auf.

Das klappt nicht bei jeder Steuerart. Vieles ist zu kompliziert, um mit einem "Ja" oder "Nein" entschieden zu werden. Doch käme es auf den Versuch an. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Abstimmung über eine höhere Mehrwertsteuer - mit dem Ziel, das Geld konsequent für Bildung zu verwenden?

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