Josef Ackermann:Der Optimist schweigt

Vergeblich versuchte Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, ein gutes Ende der Finanzkrise herbeizureden. Jetzt muss er wieder den Krisenmanager geben.

Martin Hesse

So viel Zeit muss sein. Zwischen Börsenkrach und Bankenpleiten will Josef Ackermann an diesem Mittwoch einen Kurzbesuch im Frankfurter Städel einschieben. Der Chef der Deutschen Bank möchte dem Museum Bilder und Skulpturen junger Künstler übergeben. Der Zeitpunkt ist günstig, da die Zwillingstürme der Bank renoviert werden und die komplette Sammlung raus musste. Ackermann mag solche Termine, wo er die schönen Seiten der Bank hervorkehren und seine Verbundenheit mit Deutschland demonstrieren kann.

Josef Ackermann: Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank.

Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank.

(Foto: Foto: Reuters)

Diese Verbundenheit hatte Ackermann an den Tagen zuvor in ganz anderer Weise gezeigt, oder besser gesagt, zeigen müssen. Da ging es um die hässlichen Seiten des Bankwesens. Der Immobilienbank Hypo Real Estate drohte der Kollaps, weil ihre Tochter Depfa-Bank von der Kreditversorgung abgeschnitten war. Tief in der Nacht zum Montag klingelte noch einmal Ackermanns Handy. Bundeskanzlerin Angela Merkel wollte mit dem Bankchef die letzte Chance ausloten, HRE zu retten und einen Kollaps des Bankenmarktes zu verhindern.

Für die privaten Banken hatten zuvor Ackermann, Commerzbank-Chef Martin Blessing und Bankenverbandschef Klaus-Peter Müller an aufreibenden Verhandlungen in Frankfurt über eine Rettung teilgenommen, teils direkt, teils per Telefon. Lange wehrten sie sich gegen eine private Rettung, später sollten sich Banken und Politiker gegenseitig vorwerfen, die Zukunft des deutschen Finanzsystems aufs Spiel gesetzt zu haben.

Im eigenen Interesse

Schließlich aber machte Ackermann den Weg frei. Angeführt von der Deutschen Bank und der Commerzbank werden sich die privaten Banken an der vorwiegend vom Staat getragenen Kreditlinie für HRE beteiligen. Natürlich geht es für Ackermann auch darum, Schaden von dem eigenen Haus abzuwenden. Auch die Deutsche Bank hätte eine Pleite der HRE hart getroffen. Trotz der Rettung hat auch ihre Aktie binnen zwei Tagen ein Zehntel ihres Wertes verloren.

Ende des ersten Halbjahrs hatte die Deutsche Bank noch fast 45 Milliarden Euro in Wertpapieren, deren Preise im Zuge der Kreditkrise unter Druck geraten sind. Wäre Hypo Real Estate zusammengebrochen, wäre dieser Druck weiter gestiegen. Schon vergangene Woche kamen die Analysten von J.P. Morgan zu der Einschätzung, die Deutsche Bank müsse im zweiten Halbjahr weitere 4,5 Milliarden Euro abschreiben.

Dennoch wird die Deutsche Bank in der Finanzwelt als eines der stabileren Kreditinstitute angesehen. "Das Risikomanagement ist sehr gut", lobt ein Kreditanalyst. Auch deshalb war Ackermann in den vergangenen 15 Monaten immer wieder als Krisenmanager gefragt. Es begann mit der Rettung der Mittelstandsbank IKB im vergangenen Juli, deren Schieflage Ackermann als Erster erkannt haben soll. Und als im März die Investmentbank Bear Stearns kollabierte, wurde ihm die Investmentbank per Telefon angeboten - Ackermann war da gerade mit seiner Frau zum Shoppingbummel in Manhattan.

Als die Krise im September mit dem Kollaps von Lehman Brothers einen neuen Höhepunkt erreichte, suchte die amerikanische Regierung dem Vernehmen nach auch Ackermanns Rat, die Deutsche Bank beteiligte sich an einem 70 Milliarden Dollar schweren Kreditpool, über den sich große internationale Banken künftig in schwierigen Situationen gegenseitig mit Geld versorgen wollen.

Die Krise als Chance

Das ist der eine Ackermann, der Krisenmanager, der sich und seine Bank als Hort der Stabilität vermarktet. "Ich habe Krisen immer auch als Chancen gesehen", sagte er einmal. Immer wieder hat sich der Schweizer in Krisenphasen persönlich profiliert, manch einer wirft ihm das vor.

Der andere Ackermann aber redete diese Krise seit mehr als einem Jahr schön. Er erklärte im Herbst 2007, das Schlimmste sei überstanden, auf die Deutsche Bank kämen voraussichtlich keine Abschreibungen mehr zu. Er fabulierte im Frühjahr vom Anfang des Endes und wiederholte diese Botschaft noch drei Tage vor der Lehman-Pleite. Natürlich versuchen führende Banker wie Ackermann, in diesen Tagen Zuversicht zu verbreiten, um die Panik nicht noch zu schüren. Doch wegen seiner Fehlprognosen hat auch Ackermann in der Krise an Glaubwürdigkeit eingebüßt. In Frankfurt witzelt man schon, wenn Ackermann Entwarnung gebe, müsse man bald mit der nächsten Schieflage rechnen.

Seit dem Lehman-Desaster hat Ackermann sich nicht mehr öffentlich zur Krise geäußert. Doch spätestens kommende Woche wird er seine Rolle als Sprecher der globalen Bankbranche wieder wahrnehmen. Als Präsident des Institute of International Finance (IIF) reist er zur Jahrestagung der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds nach Washington. Frohe Botschaften sind von Ackermann dort nicht zu erwarten. Er wird eher als Krisenmanager gefragt sein.

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