IWF-Treffen der Finanzminister:Neue Weltmacht Währungsfonds

Die Finanzminister verdoppeln die Kreditreserven des IWF und machen ihn zur zentralen Instanz im Kampf gegen die Folgen der Finanzkrise.

Die neue Großmacht der Finanzwelt verbirgt sich hinter einer schmucklosen Betonfassade in einem Washingtoner Büroviertel. Im Innenhof des wuchtigen Gebäudes aus den 70-er Jahren zieren Glaskästen mit Geldnoten aus den 185 Mitgliedstaaten die Wände. Menschen in Nadelstreifen, in wehenden afrikanischen Gewändern und indischen Saris eilten an diesem Wochenende durch die holzgetäfelten Korridore, sie hatten viel zu tun.

IWF-Treffen der Finanzminister: Chef einer finanzpolitischen Weltmacht? IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn.

Chef einer finanzpolitischen Weltmacht? IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn.

(Foto: Foto: dpa)

Der Internationale Währungsfonds (IWF), so haben es die mächtigen G-20-Staaten kürzlich in London beschlossen, soll in der gegenwärtigen Krise zu einer riesigen Kredit- und Kontrollmaschine ausgebaut werden.

Eine neue Weltordnung der Finanzpolitik

Dominique Strauss-Kahn ist als IWF-Direktor der Hausherr des Bürogebäudes an Washingtons 19th Street, das manche bereits als einen finanzpolitischen Weltsicherheitsrat der Zukunft sehen. An diesem Wochenende hatte der Franzose die Finanzminister der Mitgliedsstaaten zur traditionellen Frühjahrstagung zu Gast, die Aussicht auf den Machtgewinn beflügelte ihn: "Wir leben in neuen Zeiten, mir gefällt das", sagte er am Samstag zufrieden. Den Währungsfonds mit seinen 2490 Mitarbeitern sieht er im Zentrum des globalen Krisenmanagements.

In den letzten Jahren hatte der IWF mit anhaltendem Bedeutungsverlust zu kämpfen, nun steigt er aus der Asche der Weltwirtschaftskrise zu neuer Größe auf. Die Chefs der 20 größten Industrie- und Schwellenländer (G-20) beschlossen Anfang des Monats in London, ihm etwa eine Billion Dollar für krisengeschwächte Länder bereitzustellen, mehr als dreimal soviel wie bisher. Der IWF soll fortan im Zentrum dessen stehen, was der britische Premierminister Gordon Brown "eine neue Weltordnung" der Finanzpolitik nannte.

Schwierigkeiten des Umbruchs

Mit der schwindelerregenden Summe soll der IWF jenen Ländern helfen, denen im Strudel der Finanzkrise die Zahlungsunfähigkeit droht. Außerdem soll er als oberste Finanz-Kontrollinstanz fungieren, um Marktexzesse zu verhindern. Und er soll ein Frühwarnsystem entwickeln, um heraufziehende Wirtschaftskrisen zu entschärfen.

"Hier geht es um ein Maß an globalem wirtschaftlichen Management, wie wir es noch nicht gesehen haben", sagte der renommierte Wirtschaftsexperte C. Fred Bergsten der Washington Post. "Der IWF verändert sich, und mit ihm wird es einen Gezeitenwechsel beim Management der Weltwirtschaft geben."

Der neue IWF

Die Schwierigkeiten des Umbruchs beim IWF wurden am Wochenende in Washington freilich auch sichtbar. Die in London beschlossene Aufstockung der IWF-Mittel ist bislang nur zur Hälfte gesichert. Noch nicht einmal alle G-20-Länder hätten ihre Mittel aufgestockt, beklagte der deutsche Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen.

US-Finanzminister Timothy Geithner kündigte eine Prüfung an, "ob weiterer Druck nötig ist", um bei Staaten Zusatzmittel einzutreiben. Seine Aussagen waren auf Schwellenländer wie China und Brasilien gemünzt, die im Gegenzug für höhere Einlagen mehr Stimmrechte in den IWF-Gremien wollen.

Reformierte Vergabepolitik

Die Neujustierung von Geld und Einfluss beim IWF ist also noch in vollem Gange. Immerhin: Seine Rolle als Buhmann der globalen Finanzpolitik könnte er loswerden. Fast schon ist vergessen, dass der 1944 gegründete Währungsfonds noch vor einem Jahr in der Sinnkrise steckte: Viele Schuldnerstaaten hatten ihre Kredite zurückgezahlt, Entwicklungsländer liehen sich ihr Geld lieber anderswo, weil sie die strengen Auflagen fürchteten. So mussten manche Empfängerstaaten ihre Sozialausgaben zusammenstreichen, um IWF-Gelder zu bekommen, die Vorgaben aus Washington waren vielerorts verhasst.

Auf Strauss-Kahns Vorschlag wurde inzwischen die Vergabepolitik reformiert, die neue Kreditlinie ist nicht an die gefürchtete Reform-Rosskur geknüpft. Polen, Mexiko und Kolumbien haben bereits Interesse angemeldet. "Das Stigma des IWF hat sich beträchtlich verringert", resümiert der Finanzexperte Desmond Lachman vom American Enterprise Institute in Washington.

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