IWF-Kandidatur: Christine Lagarde vor der Presse:Selbstbewusst, aber nicht triumphierend

Christine Lagarde weiß, dass sie gute Chancen hat, IWF-Chefin zu werden. Einige Stolpersteine liegen allerdings noch auf dem Weg nach Washington. Die französische Wirtschafts- und Finanzministerin hat sich daher genau überlegt, wie sie die Bekanntgabe ihrer Kandidatur für den Posten intoniert.

Michael Kläsgen und Paul Katzenberger

Es ist der Auftritt einer selbstbewussten Frau: Als Christine Lagarde an diesem Mittwoch kurz vor Mittag auf den Presseraum des von ihr geführten Wirtschafts- und Finanzministerium in Paris zustrebt, ist zunächst kaum ein Durchkommen für sie. Denn auf den Gängen lauern schon etliche Fotografen, die bei ihrem Auftauchen eine dichte Menschentraube um sie bilden.

France's Finance Minister Christine Lagarde announces her candidacy to head the IMF during press conference in Paris

Christine Lagarde bei der "Präsentation" ihrer Kandidatur für den IWF-Chefposten. 

(Foto: Reuters)

Lagarde hatte die Pressekonferenz erst kurz zuvor anberaumt, ohne ein Thema zu nennen. In einer solchen Situation wissen Journalisten, das ein besonderes Ereignis bevorsteht. Doch mit einer Überraschung rechnete an diesem Tage niemand. Allen Anwesenden war klar, dass es bei diesem Termin nur um eine Sache gehen konnte. Nach tagelangen Diskussionen über die Neubesetzung des IWF-Chefpostens würde die für diese Personalie als Favoritin gehandelte Lagarde ihre Kandidatur nun offiziell bekanntgeben.

Und so kam es dann auch. Nachdem sich die 55-Jährige mühsam zu den Mikrofonen durchgekämpft und sich die Traube um sie herum gelichtet hatte, kam die Politikerin zur Sache, und zwar ohne - die in Frankreich sonst so üblichen - Umschweife: "Ich habe entschieden, meine Kandidatur für die Generaldirektion des Internationalen Währungsfonds zu präsentieren", sagte sie gleich in ihrem ersten Satz.

Die mit einem schwarzen Hosenanzug bekleidete Lagarde wirkt dabei selbstbewusst, aber nicht triumphierend. Sie weiß, dass andere Länder den Posten des geschäftsführenden IWF-Generaldirektors für sich reklamieren. Erst am Vortag hatten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika laut dagegen protestiert, dass der Posten erneut mit einem europäischen Kandidaten besetzt werden soll.

Bei ihrer kurzen Rede legt Lagarde daher Wert auf die Feststellung, dass sie sich als Privatperson für das Amt bewerbe und nicht als Kandidatin der EU, der Euroländer oder gar Frankreichs. Diese Haltung erklärt auch das ungewöhnliche Zustandekommen dieses Pressetermins. Denn üblicherweise präsentieren sich die Kandidaten für den IWF-Chefposten nicht selbst, sondern werden von der EU oder dem entsendenden Land präsentiert. So will es Lagarde wegen der Empfindlichkeiten in den Schwellenländern aber dieses Mal bewusst nicht handhaben. Sie sagt: "Ich richte mich mit meiner Kandidatur an alle 187 IWF-Länder."

Aus Deutschland bekommt sie bereits Zuspruch. Die Bundesregierung unterstütze die Kandidatur Lagardes, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. "Sie vereint hohe fachliche Kompetenz mit internationaler Erfahrung."

Stolpersteine im In- und Ausland

Ob Lagarde mit ihrer Bewerbung durchkommt, werden erst die nächsten Tage zeigen. Die Macht der Europäer im entscheidenden Gremium der 24 IWF-Exekutivdirektoren ist zwar groß, doch eine absolute Mehrheit haben sie nicht. Und Lagarde kämpft nicht nur auf internationaler Bühne mit Widrigkeiten - auch über heimische Verwicklungen könnte sie noch stolpern, wie bei dem Termin ebenfalls deutlich wird. Denn bei einigen Fragen taucht der Name Bernard Tapie auf. Die Sozialisten werfen Lagarde vor, dass sie sich bei einem Schadensersatzverfahren, das der französische Geschäftsmann angestrengt hatte, dem Verdacht des Amtsmissbrauchs ausgesetzt habe.

In der Causa steht am 10. Juni ein Gerichtstermin an. Es ist just der Tag, an dem die Bewerbungsfrist für den IWF-Chefposten endet.

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