Islamic Banking:Mit dem Segen des Propheten

Der Koran ächtet Zinseinkünfte als Wucher, doch die deutsche Bank umwirbt munter islamische Investoren - mit Erfolg.

Moritz Koch

Die Deutsche Bank ist eines der führenden Investment-Institute der Welt. In einem zwar kleinen, aber schnell wachsenden Teilbereich hat sie allerdings Aufholbedarf: dem islamischen Finanzmarkt.

Islamic Banking: Ein Händler an der Börse von Abu Dhabi.

Ein Händler an der Börse von Abu Dhabi.

(Foto: Foto: AFP)

Hier will das Geldhaus jetzt mit aller Macht vorankommen und hat kürzlich seinen ersten Publikumsfonds aufgelegt, der sich speziell an gläubige Muslime richtet.

Hans Jürgen Koch, als Vorstandschef der Deutschen Bank in der Schweiz für das globale Vermögensmanagement und die islamische Welt zuständig, schätzt das Vermögen der Muslime, die etwa 20 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen, auf 2,5 Billionen Dollar.

Boomender Markt

"Die Wirtschaften in der Golfregion legen jährlich um 20 Prozent zu, der Finanzsektor sogar noch schneller", sagt er. "An diesem Wachstum wollen wir teilhaben. Das Ziel ist es, zweistellig zu wachsen und zum weltweit größten Anbieter im Islamic Banking zu werden."

Die Investitionen der Deutschen Bank am Golf sind beträchtlich. Sie finanziert Pilgerwohnungen in Mekka, baut Niederlassungen in Bahrain, Dubai und Saudi-Arabien. Sie sieht sich wieder auf Augenhöhe mit den Schwergewichten der Finanzbranche: Großbanken wie UBS, Citibank und Morgan Stanley, die ebenfalls um die Gunst der gläubigen Muslime buhlen.

Noch sind die Margen lukrativ, doch der Konkurrenzdruck wächst und die Zeitabstände, in denen die Banken neue Produkte auf der Markt werfen, werden kürzer. Die Produktpalette des Islamic Banking ist inzwischen fast genauso vielfältig wie die Angebote auf dem westlichen Finanzmarkt.

Vom Koran geächtet

Es gibt Hegde- und Publikumsfonds, Rückversicherungen und Rentenpapiere. An alledem entwickelt die Deutsche Bank munter mit. Selbstbewusst sieht Koch sein Institut als "Innovationsführer".

Die Finanzanbieter müssen sich einiges einfallen lassen, um Religiosität renditeträchtig zu machen. Die Vorschriften des Koran für Geldanlagen sind streng. Zinseinkünfte gelten im Islam als Gewinn ohne Leistung und damit als Wucher.

Die Deutsche Bank besorgt sich die nötige Expertise für die Produktentwicklung bei der Denkfabrik "Dar Al Istithmar", das islamische Theologen in London gegründet haben.

Miteigentümerschaft statt Finanzinvestor

Um das Zinsverbot zu umgehen, werden Investoren beim Islamic Banking zu Miteigentümern. Die Besitzanteile werden so gestaltet, dass die erwartbaren Erträge den Renditen westlicher Schuldverschreibungen entsprechen. Die Haupthandelsplätze für die sharia-konformen Finanzzertifikate befinden sich in den arabischen Staaten Dubai und Bahrain.

Beflügelt werden morgenländische Märkte vom hohen Ölpreis, der in den vergangenen Jahren den arabischen Staaten großen Reichtum beschert hat. Gleichzeitig vollzieht sich in vielen islamischen Ländern eine Rückbesinnung auf religiöse Werte. Neben vermögenden Privatleuten suchen die milliardenschweren Ölfonds der Golfstaaten nach religiös korrekten Anlageoptionen.

Deutsche-Bank-Vertreter Koch hat noch eine andere Erklärung für den Aufschwung des Islamic Banking parat: einen jahrzehntelangen Innovationsstau. "Lange waren die Finanzprodukte, die mit islamischem Recht vereinbar sind, für Anleger unter Renditegesichtspunkten eher uninteressant", sagt er.

"Gläubige Anleger kauften oft konventionelle Finanzprodukte und hatten ein schlechtes Gewissen." Diesen Gewissenskonflikt könnten sie dank der Entwicklung innovativer Produkte nun lösen. Die neuen Anlageformen böten beides: Gute Rendite und Übereinstimmung mit islamischem Recht.

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