Irischer Pleitier Sean Quinn:Wie man 4,6 Milliarden verzockt

Er war der reichste Mann Irlands, der menschgewordene Keltische Tiger: Jetzt ist Sean Quinn pleite. Er hat sich verspekuliert und Milliarden verloren. Aus Mut wurde Gier, aus Unternehmergeist Realitätsverlust.

Christian Zaschke, London

Wenn er schon pleitegehen muss, hatte sich Sean Quinn überlegt, dann so, dass es am wenigsten weh tut. Also meldete der vormals reichste Mann Irlands am High Court in Belfast Insolvenz an. 2007 war er in der Geldliste der Sunday Times mit einem geschätzten Vermögen von 4,6 Milliarden Euro geführt worden. Jetzt besitzt Quinn, 64, nach eigenen Angaben weniger als 50.000 Euro, und er hat riesige Schulden. Dass Quinn versucht, sein Insolvenzverfahren in Belfast, also in Nordirland, und nicht in der Republik Irland abzuwickeln, hat einen einleuchtenden Grund: Das Insolvenzrecht des Vereinigten Königreichs sieht vor, dass Quinn nach einem Jahr schuldenfrei wäre und wieder Geschäfte betreiben könnte. Zudem behielte er seine Rentenansprüche. In Irland wäre er zwölf Jahre lang aus dem Geschäft, und seine Rentenansprüche wären verloren.

Anglo Irish Bank Irland

Der Name Anglo Irish Bank steht für die irische Krise. Der Absturz des Grundstücksmarktes auf der Gründen Insel riss das Geldinstitut mit in den Abgrund. Sean Quinn verlor Milliarden mit seinen Investments in die Anglo Irish. Mittlerweile heißt sie Irish Bank Resolution Corporation. Im Frühjahr entfernten Arbeiter das Logo vom Hauptquartier in Dublin.

(Foto: Bloomberg)

Der Aufstieg und Fall des Sean Quinn ist eine nahezu klassische Geschichte von Tatkraft, Mut, Glück, Unternehmergeist, Gier und Realitätsverlust. 1973, so will es die Legende, lieh er sich 100 Pfund und eröffnete einen Kieshandel. Er baute ein Imperium auf, er machte unter anderem in Zement, Glas, Plastik, Heizungen, Pubs, Hotels, Immobilien und Versicherungen.

5500 Menschen waren in seinen Unternehmen beschäftigt. Quinn war der Vorzeige-Unternehmer des Landes, er war der menschgewordene "Keltische Tiger". Das ist vorbei: Seit diesem Jahr fordert die Anglo Irish Bank (die jetzt als Irish Bank Resolution Corporation firmiert) 2,8 Milliarden Euro von Quinn. Bereits im April war er enteignet worden. Da die Anglo Irish Bank in dieser Woche auf der Fälligkeit der 2,8 Milliarden Euro bestehen wollte, entschloss sich Quinn dazu, Insolvenz anzumelden - es ist die größte Privatinsolvenz in der britischen und irischen Geschichte.

Dass er den Weg vom Multimilliardär zum Milliardenschuldner in so kurzer Zeit beschritt, liegt daran, dass er sich verzockt hat. Seit Ende 2007 hat Quinn in die Anglo Irish Bank investiert, die er für unterbewertet hielt. Er kaufte jedoch nicht einfach Anteile an der Bank, sondern steckte das Geld in sogenannte Differenzkontrakte. Das bedeutet, dass er zunächst nur einen Bruchteil des tatsächlichen Werts der Anteile bezahlen musste. Er hoffte auf eine Hebelwirkung zu seinen Gunsten, wenn der Aktienkurs steigen würde. Der Kurs sank jedoch. Quinn glaubte, dass die Märkte irrten und schoss Geld nach. Als die Bank Anfang 2009 verstaatlicht wurde, hatte Quinn Schulden in Höhe von 2,8 Milliarden Euro angehäuft.

Ein Milliardär wird enteignet

Bereits 2001 hatte sich Quinn schon einmal verzockt, wenn auch vergleichsweise harmlos. Damals musste seine Quinn Group Geld in das Versicherungsunternehmen Quinn Insurances stecken, das mit Hightech-Aktien 20 Millionen Euro verloren hatte. 2008 musste Quinn Insurances 3,25 Millionen Pfund Strafe an die irische Finanzaufsicht zahlen, weil die Versicherung 288 Millionen Euro an andere Quinn-Unternehmen verliehen hatte.

2009 machte Quinn Insurances 706 Millionen Euro Verlust, 2010 waren es 160 Millionen. Im April 2011 wurde Quinn enteignet, die Anglo Irish Bank setzte einen Konkursverwalter bei der Quinn Group ein.

Seither streiten die Bank und Quinn vor Gericht. Angeblich soll Quinn Anteile an Unternehmen im Ausland im Wert von Abermillionen von Euro für je 1000 Dollar an einen Neffen und einen Schwiegersohn verkauft haben. Quinn bestreitet das vehement. Er wirft der Bank über einen Sprecher vor, "den Namen von Mr. Quinn und seiner Familie beschmutzen" zu wollen. Zudem schulde er der Bank nicht 2,8 Milliarden sondern lediglich knapp 200 Millionen Euro. Die Anglo Irish Bank will nun prüfen lassen, ob Quinn nicht in der Republik Irland Insolvenz anmelden muss, wo er das Gros seiner Geschäfte machte. Quinn verweist darauf, dass er im County Fermanagh in Nordirland geboren wurde und stets von dort gearbeitet habe.

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