Interview mit Hypo-Alpe-Adria-Vorstand:"Müssen die Bank entkriminalisieren"

Milliardengrab Hypo Alpe Adria: Vorstand Kranebitter spricht über alte Machenschaften. Österreich soll die gezahlten Steuergelder zurückbekommen - aber Bayern geht leer aus.

Klaus Ott

Die österreichische Finanzgruppe Hypo Alpe Adria hat sich zu einem Albtraum entwickelt. Misswirtschaft und Machenschaften hätten fast zur Pleite geführt. Bayerns Landesbank hat als früherer Hauptaktionär des in Kärnten ansässigen Instituts 3,7 Milliarden Euro verloren. Nun gehört die Hypo Alpe Adria der Republik Österreich, die 1,4 Milliarden Euro zahlte, um die Bank zu retten. Gottwald Kranebitter, seit April Vorstandschef, soll das Institut sanieren.

Interview mit Hypo-Alpe-Adria-Vorstand: Gottwald Kranebitter will die Hypo Alpe Adria sanieren.

Gottwald Kranebitter will die Hypo Alpe Adria sanieren.

(Foto: Hypo Alpe Adria)

SZ: Herr Kranebitter, bei Ihrer Bank tun sich ständig neue Abgründe auf. Wie oft haben Sie es schon bereut, Chef der Hypo Alpe Adria geworden zu sein?

Gottwald Kranebitter: Ich stehe zu meinen Entscheidungen, und ich habe es noch keinen Tag bereut, diese Aufgabe übernommen zu haben. Ich habe gewusst, dass das kein Spaziergang wird, und dass es viele Überraschungen geben wird.

SZ: Staatsanwälte mehrerer Länder ermitteln wegen Betrug und diversen weiteren Delikten gegen 50 Beschuldigte. War die Hypo Alpe Adria die kriminellste Bank Europas?

Kranebitter: Es ist offensichtlich dass es Fehlverhalten gab. Ich verwehre mich aber entschieden dagegen, die ganze Bank zu kriminalisieren. Es darf keinen Generalverdacht gegen unsere 8000 Mitarbeiter geben. Und es gibt einen gesunden Kern, der in der Lage ist, Gewinne zu machen.

SZ: Frühere Manager sollen in Koffern Geld nach Liechtenstein gebracht und so Millionen für sich abgezweigt haben. Kärntens verstorbener Landeshauptmann Jörg Haider hat die Bank für teure Projekte benutzt, mit denen er sich als Wohltäter aufspielte. Auf dem Balkan liefen zweifelhafte Geschäfte. Die Vergangenheit holt Sie doch täglich ein.

Kranebitter: Wir müssen sauber trennen zwischen der Bewältigung der Vergangenheit und dem Zukunftsmodell für die Bank. Wir haben ein Team von rund 100 Experten eingesetzt, das schonungslos aufklären soll, was schief gelaufen ist. Das Team agiert selbständig und unabhängig, nichts wird vertuscht. 2011 soll das abgeschlossen sein. Was dabei herauskommt, wird den Behörden vorgelegt. Es muss gelingen, diese Bank zu entkriminalisieren und zu stabilisieren.

SZ: Und wer kommt für die Schäden auf? Die Hypo Alpe Adria hat die Steuerzahler in Bayern und Österreich mehr als fünf Milliarden Euro gekostet.

Kranebitter: Meine Aufgabe ist es, die Bank wertvoll und verkaufsfähig zu machen. Die Hypo Alpe Adria soll 2011 keine Verluste mehr machen und ab 2012 dauerhaft profitabel sein. Und wir gehen davon aus, dass sich die Finanzmärkte in den nächsten Jahren erholen und Investoren dann einen lukrativen Preis für die Bank bezahlen.

SZ: Den ausschließlich die Republik Österreich kassiert. Für Bayern, das weit mehr Geld verloren hat, fällt nichts ab.

Kranebitter: Österreich ist nun mal alleiniger Eigentümer der Bank. Mein Ziel ist es, dass die Republik möglichst viel von ihrem Geld zurückbekommt.

SZ: Ist die BayernLB zu früh ausgestiegen und hat so viel Geld verschenkt?

Kranebitter: Ich gehe davon aus, dass die BayernLB sich Ende 2009 ihren Ausstieg gut überlegt hat.

SZ: Ein griechischer Reeder will angeblich die Hypo Alpe Adria sofort für 1,3 Milliarden Euro kaufen. Österreich hätte sein Geld zurück, und ihre Arbeit wäre schnell erledigt. Müssen Sie sich bald nach einem neuen Job umschauen?

Kranebitter: Für Kaufangebote ist unser Eigentümer zuständig, die Republik Österreich. Im übrigen gehe ich davon aus, dass ich meinen Job noch etwas länger mache.

SZ: Die Offerte aus Griechenland wird in der Regierung als dubios betrachtet. Der Reeder konnte nicht einmal erklären, woher er das Geld hat. Nun wird wegen Geldwäscheverdacht geprüft.

Kranebitter: Dazu kann ich nichts sagen. Das ist Sache der Behörden.

"Wir wollen Schadensersatz einklagen"

SZ: Die Hypo Alpe Adria will von Ex-Vorstandschef Wolfgang Kulterer und anderen früheren Managern Schadensersatz in Millionenhöhe fordern? Um wie viel Geld geht es insgesamt?

Kranebitter: Wir sind verpflichtet, Schadenersatzansprüche zu prüfen und einzuklagen. Das soll rasch geschehen. Zu Details kann ich nichts sagen.

SZ: Werden Sie in Kärnten unter Druck gesetzt, nicht zu tief zu graben, weil das Land als Altaktionär sonst vielleicht Schadenersatz für frühere, damals verborgene Machenschaften zahlen müsste? Immerhin hat die BayernLB solche Forderungen bereits angekündigt.

Kranebitter: Wir stören mit unserer Aufklärungsarbeit natürlich jene, gegen die von der Staatsanwaltschaft bereits ermittelt wird, oder gegen die noch ermittelt werden könnte. Deshalb war es mir wichtig, dass unsere Aufklärungsarbeit unabhängig vom Vorstand erfolgt und sich der Vorstand auf die Führung der Bank konzentrieren kann. Wir werden die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft weiterhin mit aller Kraft unterstützen und uns dabei durch nichts und niemanden einschüchtern lassen.

SZ: Einer der Gefolgsleute des früheren Landeshauptmanns Jörg Haider hat schon wiederholt ihren Rücktritt gefordert. Beeindruckt Sie das?

Kranebitter: Von solchen Attacken lasse ich mich in meinem konsequenten Kurs nicht beirren. Im übrigen helfen uns Störfeuer jeglicher Art, da Sie ein guter Seismograph sind wo noch eingehender untersucht und geprüft werden muss.

SZ: Steht die Republik Österreich als Eigentümer der Bank voll hinter ihnen?

Kranebitter: Die Republik hat ganz klar verlangt, dass mit Hochdruck aufgeklärt wird, und hat dafür auch eigenes Personal zur Verfügung gestellt.

SZ: Was wird nach der Sanierung von der Hypo Alpe Adria übrig bleiben? Eine Regionalbank, wie vor 20 Jahren, bevor die ungestüme Expansion auf den Balkan begann?

Kranebitter: Die Grundstrategie, im Alpenraum und der Adria länderübergreifend zu agieren, bleibt bestehen. Das geht über eine Regionalbank weit hinaus. Wir werden uns auf unsere starken Märkte in Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina und Serbien konzentrieren, wo wir jeweils zu den fünf stärksten Banken gehören. Aus anderen Ländern werden wir uns zurückziehen. Wir werden insgesamt um knapp die Hälfte schrumpfen.

SZ: Stoßen Sie auf dem Balkan auf Unverständnis, weil die Hypo Alpe Adria nur noch saubere Geschäfte machen will?

Kranebitter: Ich habe dort jedes Land besucht, einige Ländern mehrmals. Unsere klare Abgrenzung von der Vergangenheit wird dort positiv aufgenommen. Und wir haben einen Teil des lokalen Managements dort ausgetauscht. Wir wollen, dass die Vorstände in allen unseren Gesellschaften die neue Strategie voll mittragen.

SZ: Wie viele Manager haben sie ausgewechselt?

Kranebitter: In den vergangenen zwölf Monaten sind deutlich mehr als 20 Leute auf Vorstandsebene ausgetauscht worden. Unser gesamter neuer Kreditprozess ist darauf ausgerichtet, nur noch zu hundert Prozent saubere Geschäfte zu machen. Wo das nicht gewährleistet ist, ziehen wir sofort personelle Konsequenzen.

SZ: Sind auf dem Balkan überhaupt saubere Geschäfte möglich?

Kranebitter: Ich bin fest davon überzeugt, dass die Entwicklung in diesen Ländern in die richtige Richtung geht. Slowenien ist ja schon EU-Mitglied, andere Staaten sind Beitrittskandidaten.

SZ: Lag es außer an den Personen auch an den Strukturen, dass in der Vergangenheit so vieles falsch lief?

Kranebitter: Die Bank ist schneller gewachsen, als es internen Strukturen hergaben. Vor allem beim Risikomanagement der Kredite hakte es. Da geschah vieles, mit dem wir heute kämpfen. Bis Ende 2010 wollen wir einen vollständigen Überblick über unsere Risiken haben. Und dann sehen wir zuversichtlich nach vorne.

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