Internationaler Währungsfonds:Wie bei den Piraten

Der IWF ist eine seltsame Organisation. Sie ist so mächtig, dass sie ganze Länder an die Kandare nehmen kann, so selbständig, dass in ihr eigene Regeln gelten - und Frauen sollten zuweilen auf der Hut sein. Ein Blick in die frühere Welt des Dominique Strauss-Kahn.

Wenn ein Land in Not gerät, ist er da: der Internationale Währungsfonds (IWF). Er hilft mit Krediten, leitet Regierungen an und tritt ansonsten als institutionalisierter Mahner für staatstragende ökonomische Fragen auf.

Sitz des Internationale Währungsfonds

Beim IWF arbeiten Mitarbeiter aus vielen Ländern. Das wird zuweilen zum Problem, denn Komplimente über Kleidung und Aussehen können unterschiedlich aufgefasst werden.

(Foto: dpa)

Der IWF ist eine Art Finanzfeuerwehr, die Brände löscht und ansonsten sich um Brandschutz bemüht. Zuweilen tritt er im Verbund mit der Weltbank auf - und beide dienen als Feindbild, wenn Globalisierungkritiker Frust loswerden wollen.

Die Anklage gegen Dominique Strauss-Kahn (DSK) wirft ein Schlaglicht ganz anderer Art auf den IWF, der immer wieder auch durch innerbetriebliche Affären auffiel.

Rock? Besser nicht!

Die New York Times titelte jetzt kühl: "Männer auf Beutezug, Frauen auf der Hut". Beim IWF würden eigene Regeln gelten, es sei die Welt der Alphatierchen unter den Ökonomen.

Der Anteil der Frauen im Führungspersonal sei mit gut 20 Prozent wesentlich geringer als etwa bei der Weltbank (32 Prozent) oder den Vereinten Nationen (26 Prozent). Die Arbeitstage seien lang, und oft würden die Angestellten über Wochen zusammengepfercht, etwa auf Auslandsmissionen. In einem solchen Klima würden Beziehungen schnell gedeihen, aber Frauen versuchten auch, zu viel Aufmerksamkeit zu vermeiden. Röcke seien dann schnell tabu.

Der IWF ist eine internationale Organisation, die ihre eigenen Regeln hat und damit die strengen US-Gesetze teils außen vor lassen kann. Bis vor kurzem hätten die internen Statuten etwa einen Passus enthalten, der - nach Ansicht von Experten und früheren IWF-Vertretern - Manager ermutigt haben könnte, sich Frauen, die für sie arbeiteten, zu sehr zu nähern.

Sinngemäß heißt es dort, dass vertrauliche Beziehungen mit Untergebenen für sich genommen erst einmal keine sexuelle Belästigung darstellten. Allerdings dürften diese Beziehungen keine Auswirkungen auf die Arbeit haben. Karriere gegen Sex - das soll beim IWF also möglichst ausgeschlossen werden.

Dieser Passus ist Bestandteil eines immerhin elfseitigen Dokumentes, in dem es ausschließlich um Belästigung am Arbeitsplatz geht. Dabei spielt nicht nur die sexuelle Komponente eine Rolle, sondern es geht auch um Mobbing.

Detailliert wird dabei ausgeführt, was alles unter sexueller Belästigung zu verstehen sei, zumal - wie der IWF festhält - bei Mitarbeitern aus unterschiedlichen Nationen die Gefahr besonders groß ist, dass Verhaltensweisen unterschiedlich aufgefasst würden.

Das größte Problem ist offensichtlich, dass die bestehenden Regeln nicht sonderlich ernst genommen werden. Die New York Times zitiert eine frühere IWF-Angestellte mit den Worten, es sei in dieser Organisation wie bei den "Piraten der Karibik": Bestimmungen würden eher als Leitlinien gedeutet. Dies erhöhe die Risikobereitschaft bei den Mitarbeitern.

Affäre Nagy

Immer wieder, so die Zeitung, sei es vorgekommen, dass Beschwerden von Mitarbeitern über Belästigung vom IWF nicht verfolgt worden seien. Andere Angestellte berichteten allerdings auch, dass der IWF vorteilhafte Arbeitsbedingungen bieten würde.

Die Regeln für den Umgang miteinander sollen eine Antwort auf die Affäre von Piroska Nagy mit Dominique Strauss-Kahn im Jahr 2008 gewesen sein. Strauss-Kahn hatte sich seinerzeit öffentlich entschuldigt, und eine externe Kommission war zum Schluss gekommen, dass DSK Nagy weder bevorzugt noch gemobbt hatte.

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