Süddeutsche Zeitung

Internationaler Währungsfonds:Stillstand im Währungsstreit

Die internationale Zusammenarbeit über Währungsfragen steht still. Die Jahrestagung des IWF ging ohne konkrete Beschlüsse zum Streit um Dollar und Yuan zu Ende. Auch die Strukturreform bleibt blockiert.

N. Piper

Die internationale Zusammenarbeit über Währungsfragen ist zum Stillstand gekommen. Die Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) ging am Wochenende ohne konkrete Beschlüsse zum Streit um die Dollar und Yuan zu Ende. Auch die Strukturreform des IWF bleibt blockiert.

Kurz vor der Tagung hatte IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn vor einem drohenden "Währungskrieg" gewarnt. Seit Monaten drängen die USA die Führung in Peking, die Bindung des Yuan an den Dollar zu lockern und eine Aufwertung zuzulassen. Wie es in Kreisen des IWF hieß, hatte Strauss-Kahn auf einen klaren Auftrag zur Schlichtung des Streits gehofft. Er wollte ein Gremium installieren, das die Wechselkurse überwacht und Empfehlungen abgibt.

Dazu ist es nicht gekommen. Der Währungs- und Finanzausschuss, das Lenkungsgremium des IWF, erklärte lediglich, man wolle auf ein "ausgeglicheneres Wachstumsmuster" hinarbeiten. Der Ausschuss unterstrich die "Verantwortung von Überschuss- und Defizitländern" und sprach das "Problem extremer Schwankungen der Kapitalströme" an. Allen protektionistischen Tendenzen müsse entgegengetreten werden. Der Fonds wurde beauftragt, seine Forschungen über das Problem zu "vertiefen".

Auch die Finanzminister- und Notenbankchefs der sieben führenden Industrieländer (G7), die sich am Rande der IWF-Tagung trafen, fanden keine Lösung für den Währungsstreit. Der amerikanische Finanzminister Timothy Geithner sprach sich immerhin für eine stärkere Rolle des IWF bei Währungskonflikten aus. "Der IWF muss seine Überwachung der Wechselkurspolitik und des Aufbaus von Devisenreserven stärken", sagte er. Bundesbankpräsident Axel Weber forderte, nicht mehr von einem "Währungskrieg" zu sprechen: "Ich finde diesen Begriff nicht gelungen."

Dagegen bekräftigte der brasilianische Finanzminister Guido Mantega, der als Erster vor einem "nicht erklärten Währungskrieg" gewarnt hatte, seine Position: "Alle Länder werden für diesen Wechselkursdisput einen Preis zahlen". Aufgrund hoher Kapitalzuflüsse steht Brasiliens Währung Real seit Wochen unter erheblichem Aufwertungsdruck. Auch der Kurs des Euro gegenüber dem Dollar steigt beständig und erreichte am Freitag 1,40 Dollar. Das Währungsthema soll nun auf dem nächsten Gipfel der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) im November in Seoul beraten werden.

Zuvor muss US-Finanzminister Geithner seinen Bericht zur Währungspolitik vor dem Kongress abgeben. Sollte er darin China der "Währungsmanipulation" bezichtigen, hätte dies automatisch Handelssanktionen zur Folge. Das Repräsentantenhaus hatte im September ein Gesetz beschlossen, das Sanktionen weiter erleichtert.

Die USA erneuerten auch ihre Kritik an der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung. Geithner hatte die Deutschen wiederholt aufgefordert, die Binnennachfrage anzukurbeln und weniger auf den Export zu setzen.

Bundesbankpräsident Weber und Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen wiesen diese Kritik zurück. Geithner neige in Debatten zu scharfen Argumenten, sagte Asmussen. Er nehme diese aber genauso entgegen. Das Klima zwischen den USA und Deutschland sei gut. Asmussen vertrat den erkrankten Finanzminister Wolfgang Schäuble in Washington.

Weber wies darauf hin, dass das Wachstum der deutschen Wirtschaft inzwischen breiter geworden ist. Investitionen und Konsum hätten im zweiten Quartal fast die Hälfte dazu beigetragen. Deutschland stehe "am Rande eines selbsttragenden Aufschwungs", sagte er. Der IWF hatte zuvor seine Wachstumsprognose für Deutschland auf 3,3 Prozent heraufgesetzt.

Auch die Reform der IWF-Strukturen kommt nicht voran. Zwar sagte Staatssekretär Asmussen, es habe in Washington "Fortschritte" gegeben, tatsächlich wurden jedoch alle Entscheidungen auf den G-20-Gipfel in Seoul vertagt. Bei der Reform geht es darum, Entwicklungs- und Schwellenländern mehr Einfluss im IWF zu geben. Zu diesem Zweck sollen deren Kapitalanteile ("Quoten") steigen.

Eine Folge wird sein, dass China Deutschland als drittstärkstes IWF-Mitglied ablöst. Blockiert wird die Reform, weil sich Amerikaner und Europäer über die Neuorganisation der Gremien nicht einigen können. Die US-Regierung will die Stellung der Schwellenländer zu Lasten der EU-Staaten erhöhen. Diese sind bereit, auf zwei Exekutivdirektoren (Aufsichtsräte) zu verzichten, wollen aber Zugeständnisse von den USA. Die Spitzen von Fonds und Weltbank sollen unabhängig von der Nationalität besetzt werden.

Nach einem ungeschriebenen Gesetz ist bisher der IWF-Direktor immer Europäer, der Weltbank-Präsident immer Amerikaner. Finanzminister Schäuble hatte außerdem vorgeschlagen, Entscheidungen im Fonds künftig mit einer Mehrheit von 75 Prozent statt bisher 85 Prozent der Stimmen treffen zu können. Dadurch würden die USA ihre Vetomacht verlieren.

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SZ vom 11.10.2010/segi
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