Internationale Bauausstellung:Kräne statt Pläne

Iba Projekt

Zu den geplanten Projekten gehört ein begehbarer, 55 Meter hoher Wärmespeicher mit Aussichtsplattform.

(Foto: Lava)

Die IBA in Heidelberg will Antworten darauf geben, wie die Wohn- und Arbeitsorte von morgen aussehen. Erste Ergebnisse kann man sich jetzt ansehen.

Von Rainer Müller

"Wir haben eine vollmundige These", sagt Michael Braum, "sie lautet: So wie sich die europäische Stadt in den vergangenen 100 Jahren verändert hat, wird sie sich auch in den nächsten 100 Jahren verändern." Der Geschäftsführer der Internationalen Bauausstellung (IBA) Heidelberg ist überzeugt, dass sich Länder wie Deutschland im Zuge der Digitalisierung zu "Wissensgesellschaften" wandeln, und dass dieser Wandel auch die Städte erfasst "und zwar in einer Dynamik, die sich viele Menschen noch nicht vorstellen können." Vor diesem Hintergrund versteht sich die IBA als Think Tank, der über die Frage nachdenkt, wie unsere Wohn- und Arbeitsorte, unsere Häuser und öffentlichen Räume morgen aussehen werden. Die IBA will darauf Antworten geben. Über die ersten kann man sich ab diesem Freitag bei der "Zwischenpräsentation der IBA Heidelberg" informieren (Näheres unter http://www.iba.heidelberg.de/deutsch/2018.html).

2012 hat Heidelberg die IBA als zeitlich befristete Ideenschmiede gegründet, mit dem Auftrag, bis 2022 Stadtentwicklungsprozesse anzustoßen, die Heidelberg fit machen für die Wissensgesellschaft. Überschrieben wurde der Arbeitsauftrag mit dem Slogan "Wissen schafft Stadt". Heidelberg, Sitz der ältesten Universität Deutschlands und zahlreicher Forschungsinstitute von internationalem Rang, will den Anschluss halten an die weltweite Elite der Wissenschaftsstädte und an Trends der Stadtentwicklung. Gleichzeitig will Heidelberg erreichen, dass die lokalen Forschungseinrichtungen stärker mit der Stadt verzahnt werden und so Synergien zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Stadtentwicklung entstehen.

Neben den zwei Hauptstandorten der Universität in der Altstadt und im Neubauviertel Neuenheimer Feld auf der anderen Neckarseite entsteht nun mit Hilfe der IBA ein dritter Campus im Stadtteil Bergheim. Die bestehenden Unigebäude dort werden teilweise umgebaut und saniert und Freiflächen aufgewertet zu einem Universitätspark. Weitere kleine Projekte mit der Uni und Forschungseinrichtungen laufen. Hinzu kommen Projekte mit Schulen, Museen und anderen "Wissensorten". Insgesamt sind es derzeit 17 Projekte, die von der IBA aus 70 eingereichten Ideen lokaler Akteure ausgewählt und ausgearbeitet wurden. Jetzt ist Halbzeit für die auf zehn Jahre angelegte IBA. Die ersten kleineren Projekte sind fertig, andere im Bau, die meisten aber noch in der Planung. "Die ersten fünf Jahre hatten wir Pläne statt Kräne. In den nächsten fünf Jahren wird es umgekehrt sein," fasst IBA-Geschäftsführer Michael Braum zusammen.

Zu den geplanten Projekten gehört eine neue Landmarke für Heidelberg: ein begehbarer, 55 Meter hoher Wärmespeicher mit Aussichtsplattform und Gastronomie. Spatenstich war vergangenes Jahr. Nach seiner Fertigstellung soll der "Energie- und Zukunftsspeicher" der Stadtwerke zukunftsfähige Technologien erlebbar machen. Wie die anderen IBA-Projekte ist der Speicher nun zu besichtigen. An verschiedenen Projektstandorten gibt es Führungen, Bürgerwerkstätten, Diskussionen und Filmreihen.

Die IBA ist zu einem beliebten Instrument der Stadtentwicklung geworden

Die eigentliche Ausstellung ist im Mark-Twain-Center zu sehen, einem künftigen Forschungszentrum. In dem Gebäude war bis vor einigen Jahren die Kommandantur der in Heidelberg stationierten US-Armee. Es ist eines von zahlreichen Konversionsprojekten, die nach dem Abzug der Amerikaner möglich wurden und Teil des größeren IBA-Projekts "Der Andere Park" in der Südstadt. Eingebettet in den entstehenden Park werden unter anderem eine Praxis-Hochschule für Gesundheitswesen, ein Start-up-Zentrum für die Kreativwirtschaft und ein Kulturzentrum. Noch größer ist das Konversionsprojekt Patrick Henry Village, wo der Um- und Neubau von rund 3700 Wohnungen und ein völlig neuer Stadtteil geplant sind (Artikel oben).

Die Heidelberger IBA ist die nicht die erste ihrer Art. Internationale Bauausstellungen gibt es seit mehr als 100 Jahren. Eine der ersten fand 1927 in Stuttgart statt. Dabei entstand die vom Bauhaus inspirierte Weißenhofsiedlung, heute Teil des Unesco-Weltkulturerbes. Zum 100. Jubiläum richtet Stuttgart nun erneut eine IBA aus.

Daneben gibt es aktuell im Dreiländereck um Basel eine dritte IBA, die zumindest teilweise in Baden-Württemberg stattfindet. Hinzu kommen Bauausstellungen in Thüringen und in der niederländischen Grenzregion Limburg. München fertigt gerade eine Machbarkeitsstudie an, deren Ergebnis Anfang 2019 vorliegen soll. Ursprünglich vor allem gedacht, um Baukultur und neue Bautechniken zu präsentieren, ist das Format IBA mittlerweile zu einem beliebten Instrument der Stadt- und Regionalentwicklung geworden.

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