Immobilienverwalter:Kampf den Ahnungslosen

Ab Ende 2017 sollen Verwalter nachweisen, dass sie von ihrem Job auch etwas verstehen. So sieht es ein neues Gesetz vor. Die Branche ist damit nicht zufrieden.

Von Simone Gröneweg

Vom Ruhestand merkt Georg Müller nicht viel. "Seit ich Beiratsvorsitzender unserer Wohneigentümer-Gemeinschaft bin, habe ich eigentlich einen Fulltime-Job", erzählt der 63-Jährige, der eigentlich anders heißt. Der Rentner besitzt eine Wohnung, die zu einer Wohneigentümer-Gemeinschaft (WEG) gehört. Die Unzufriedenheit mit der Verwaltung führte dazu, dass Müller mittlerweile sehr viel im Einsatz ist. "Ich habe Aufgaben übernommen, die eigentlich von der Hausverwaltung zu erledigen wären", erzählt er. So koordiniert Müller nach eigenen Angaben einen Großteil der Kommunikation zwischen Verwaltung, Eigentümern und externen Auftragnehmern. "Ich formuliere zum Beispiel Auftragsbeschreibungen für die Handwerker", berichtet er.

Laut Daten der statistischen Ämter von 2011 gibt es mehr als 1,8 Millionen Gemeinschaften mit mehr als neun Millionen Eigentumswohnungen. Die Eigentümer entscheiden zusammen über die Gestaltung, Sanierung oder Erneuerung des gemeinschaftlichen Eigentums. Wenn es zum Beispiel um die Farbe der Außenfassade, den Bodenbelag in den Hausfluren oder die zentrale Heizungsanlage geht, bestimmen alle mit. Mitunter müssen die Interessen und Belange Hunderter Eigentümer in einer Anlage berücksichtigt und gemanagt werden. Eine größere WEG sollte darum ein Profi verwalten. Arbeitet eine Verwaltung nicht gut, müssen die Eigentümer die Konsequenzen tragen. "Das will ich natürlich vermeiden", erklärt der Beiratsvorsitzende Müller sein Engagement.

Auch wer Mietwohnungen betreut soll eine Sachkundeprüfung ablegen, fordern die Verbände

Das Problem: Bisher gibt es keine gesetzlichen Mindestanforderungen für eine Tätigkeit als Immobilien- und Hausverwalter. Das polizeiliche Führungszeugnis und eine Gewerbeanmeldung reichen. Diese niedrige Einstiegshürde rächt sich mittlerweile. Da sich die Immobilienwirtschaft rasant verändert, ständig neue Vorgaben und Vorschriften erlassen werden, sind die Eigentümer auf fähige Verwalter angewiesen. "Ein Objektbetreuer verwaltet zum Beispiel die Mietkonten der Eigentümer, Hausgelder für kurzfristige Instandhaltungen und Sonderumlagen für Sanierungsprojekte sowie Instandhaltungsrücklagen", sagt Martin Kaßler vom Dachverband Deutscher Immobilienverwalter (DDIV). Oft trägt ein Verwalter die Verantwortung für viele Millionen Euro. Einige Objektbetreuer seien schlichtweg überfordert, rechneten falsch ab oder schöben notwendige Sanierungen vor sich her, berichtet er. Die Verwalter müssen zudem rechtssichere Beschlussanträge für die Eigentümerversammlungen vorlegen.

Wohnhochhäuser in München, 2016

Häuserblocks in München. Wer für andere Wohneigentum verwaltet, soll künftig nachweisen, dass er seinen Job auch versteht. Auch Makler müssen einen Sachkundenachweis vorbringen, um eine Gewerbeerlaubnis erhalten zu können.

(Foto: Natalie Neomi Isser)

"Seit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes im Jahr 2007 hat sich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in diesem Rechtsgebiet versechsfacht", sagt Kaßler. Durch Formfehler und mangelndes Wissen sei beinahe in jeder Wohnungseigentümerversammlung mindestens ein Beschluss anfechtbar. "Manche können es nicht besser. Es steht kein böser Wille dahinter", meint Kaßler vom DDIV. Der Verband hat mehr als 2100 Mitgliedsunternehmen, die etwa 4,3 Millionen Wohnungen verwalten, und plädiert seit Jahren dafür, den Zugang zu diesem Berufsfeld neu zu regeln.

Immerhin liegt nun endlich ein Gesetzentwurf vor, der sowohl für Makler als auch Verwalter einen Sachkundenachweis einführt. "Wir sind froh, dass nach mehr als einem Jahr Stillstand das Gesetzgebungsverfahren wieder Fahrt aufgenommen hat", betont Kaßler. Das Gesetz soll Ende 2017 in Kraft treten. Es sieht vor, dass WEG-Verwalter künftig nur noch eine Gewerbeerlaubnis erhalten, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Dazu gehören etwa geordnete Vermögensverhältnisse. Zudem sollen sie eine Sachkundeprüfung ablegen, bestimmte Ausbildungen werden ebenfalls anerkannt. Richtig zufrieden wirkt die Branche damit nicht.

"Es ist nicht der große Wurf, aber besser als gar nichts", kommentierte Professor Stephan Kippes vom Immobilienverband Deutschland (IVD) den Kabinettsbeschluss. Im parlamentarischen Verfahren werde man auf Ergänzungen drängen. Für Enttäuschung sorgte etwa die Tatsache, dass die Mietverwalter im Entwurf außen vorgelassen wurden. Sie verwalten die Mietwohnungen und sind ebenfalls treuhänderisch tätig. Die Verbände fordern nun dringend, Mietverwalter mitaufzunehmen. Es bestehe die Gefahr, dass WEG-Verwalter, die die Zulassungsanforderungen nicht erfüllten, sich künftig auf das Feld der Mietverwaltung zurückziehen könnten, heißt es. Eine weitere Forderung: Die Eigentümer sollten ausreichend gegen mögliche Fehler der Verwaltung abgesichert sein - sowohl bei Vermögensschäden als auch bei Personen- und Sachschäden. Deshalb verlangt der DDIV verbindliche Vermögensschaden- und Betriebshaftpflichtversicherungen. "Der Entwurf sieht bislang nur eine Berufshaftpflicht vor", sagt Kaßler.

Die Aufgaben eines Verwalters

Ein WEG-Verwalter hat ein sehr breites Aufgabenspektrum. Um seine Pflichten erfüllen zu können, muss er sowohl über kaufmännisches Wissen als auch über technisches Know-how verfügen. Darüber hinaus stellen sich ihm oft juristische Fragen. Hier einige Tätigkeitsbeispiele:

Der Verwalter erstellt und prüft Wirtschaftspläne, ist für Abrechnungen, Buchführung und Geldflüsse zuständig. Er muss gegenüber den Eigentümern Rechenschaft ablegen, Versammlungen organisieren und Protokolle anfertigen. Er regelt Personalangelegenheiten von Angestellten der WEG (Hausmeister, Müllbeauftragte, Verwaltungsbeiräte) und wirkt bei Wohnungsverkäufen mit. Er kümmert sich um Instandhaltungsarbeiten, TÜV-Kontrollen und Brandschutz und meldet eventuelle Schäden bei der Versicherung. Er verhandelt mit Ämtern und weiß bestenfalls über rechtliche Rahmenbedingungen und Verordnungen Bescheid, etwa über Bau- und Sicherheitsbestimmungen. Nicht zuletzt leitet er bei Zahlungsrückständen Klagen ein und wirkt bei Gerichtsterminen mit.

Auch die sogenannte "Alte-Hasen-Regelung" sorgt für Unmut. Wer sechs Jahre lang ununterbrochen Inhaber oder Geschäftsführer einer Verwaltung war, braucht keine Sachkunde-Prüfung ablegen. Diese Zeitspanne hätte der DDIV gerne auf zehn Jahre ausgedehnt. Auch mit einem Wegfall hätte man dort kein Problem. Eine weitere Forderung: Eine Weiterbildungsverpflichtung für Verwalter, denn die fehlt ebenfalls im Entwurf. Ebenso der Sachkundenachweis für Mitarbeiter, die Verwaltungsaufgaben übernehmen. Auch sie sollten ihr Know-how unter Beweis stellen, heißt es etwa beim Verbraucherverband Wohnen im Eigentum.

Das sieht der Wohnungseigentümer Müller aus eigener Erfahrung ähnlich. "Was nutzt die Sachkunde des Chefs, wenn der Objektbetreuer keine Ahnung hat?", fragt er. Für ihn ist vor allem wichtig, dass ein Verwalter technisches Wissen mitbringt. "Wir stehen vor einer gewaltigen Sanierungswelle in Deutschland", meint er. Die Immobilien seien in die Jahre gekommen. "Die Eigentümer sind auf Verwalter angewiesen, die den Zustand eines Hauses bewerten können und wissen, wo und wie man zuerst ansetzen muss." Er glaubt, dass die Branche sich neu definieren und neu aufstellen muss. Und das geht sicher nicht ohne eine entsprechende Qualifikation. Es bringe jedenfalls nichts, sich beim Preis gegenseitig zu unterbieten, meint Müller: "Damit machen sich die Verwalter nur gegenseitig kaputt."

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