Immobilienpreise:Schlechte Aussichten für Wohnungskäufer

Neubauwohnungen im Münchner Arnulfpark, 2009

Deutschland fürchtet eine Blase bei Immobilien

(Foto: Catherina Hess)

Deutsche Anleger und ihr fataler Wunsch nach Sicherheit: In Großstädten wie München, Hamburg oder Frankfurt sind Wohnungen viel zu teuer geworden. Den Käufern drohen empfindliche Vermögensverluste. Die Bundesbank ist besorgt.

Von Angelika Slavik

Angst ist ein schlechter Ratgeber, sagt man, aber natürlich ist es schwer, diese Grenze zu definieren: Wo beginnt die Angst und was ist einfach nur Vorsicht? Oder Umsicht? In den vergangenen Jahren waren viele Anleger in Deutschland mindestens - nervös. Denn da stand die Frage im Raum, ob und wie lange der Euro in seiner bisher gekannten Form würde überleben können.

Da wurden Hyper-Inflationsszenarien diskutiert und, ein bisschen verhaltener, auch die Möglichkeit einer Deflation. Die Anleihen vieler Staaten wurden zu Hochrisiko-Papieren, andere waren fast lächerlich niedrig oder sogar negativ verzinst. In diesem Umfeld überlegten viele Menschen, wie sie ihr Geld denn nun anlegen sollten und viele, sehr viele, entschieden sich für: Immobilien.

Tatsächlich schien diese Strategie viele Vorteile zu haben im Hinblick auf die vielen drohenden Risiken, und weil auch wirklich nichts schief gehen sollte, wurde auch noch darauf geachtet, dass die Anlageobjekte möglichst in Ballungsräumen gekauft wurden - nach dem Motto: In den Großstädten ist der Platz knapp, da bleibt eine Wohnung in zentraler Lage niemals leer.

Die Stimmung war fast hysterisch

Die extreme Nachfrage trieb die Preise höher und höher, die ersten Experten runzelten die Stirn, mancher sprach vorsichtig von der "Gefahr einer möglichen Überhitzung", aber es wurde weiter gekauft und gekauft. In Berlin stiegen die Quadratmeterpreise zwischen 2007 und 2012 um mehr als 30 Prozent. In Hamburg und München galt der Markt für Wohnungen in zentraler Lage bald als "leer gekauft": Es wurden kaum noch Objekte angeboten und wenn doch, so berichteten es die Makler, dann gab es 100, 150, 200 Interessenten. Aber trotzdem nur eine Wohnung. Die Stimmung, das kann man ohne Übertreibung sagen, war fast hysterisch. Ein Kaufrausch.

Und jetzt?

Jetzt gibt die Bundesbank eine Einschätzung zum deutschen Immobilienmarkt ab - und den Stabilitätswächtern, das wird deutlich, gefällt die Entwicklung gar nicht. Für Wohnungen in Deutschlands Ballungsräumen seien zuletzt Preise gezahlt worden, die "nicht von längerfristigen demografischen und wirtschaftlichen Einflussfaktoren gedeckt" seien, hieß es am Montag bei der Bundesbank. Oder anders ausgedrückt: Ob die Käufer von heute ihr Geld jemals in vollem Umfang wiedersehen, muss zumindest bezweifelt werden.

Besonders Geschosswohnungen in Großstädten wie München, Hamburg oder Frankfurt sind nach Einschätzung der Banker deutlich überbewertet: von bis zu 20 Prozent ist die Rede. Auch in kleineren Städten hätten die Käufer deutlich zu viel bezahlt - die ungedeckten Abweichungen sollen hier bei fünf bis zehn Prozent liegen.

Nur bei Einfamilienhäusern hätten sich die Preise nicht vom gerechtfertigtem Niveau entfernt, das gelte am Land und in der Stadt gleichermaßen. Aber die Wohnungskäufer? Die müssten mit möglichen Preiskorrekturen rechnen - und damit womöglich mit empfindlichen Vermögensverlusten.

Suche nach Sicherheit könnte zum Reinfall werden

War die Investition in Immobilien eine schlechte Entscheidung? Haben sich Deutschlands Anleger verzockt?

Die hysterische Suche nach Sicherheit könnte für den Einzelnen durchaus noch zum großen Reinfall werden, nicht nur, wenn die Menschen wieder verkaufen wollen. Denn bei Objekten, die vermietet werden sollen, dauert es immer länger, bis das investierte Kapital auch tatsächlich wieder verdient ist - im Schnitt ein Vierteljahrhundert, hatte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) im vergangenen Jahr ausgerechnet. Die Mieten zogen in den vergangenen Jahren zwar ebenfalls deutlich an, kamen aber an die Entwicklung der Kaufpreise nicht heran.

Trotz all dieser kritischen Faktoren - eine schnelle Korrektur der Preisentwicklung müssen die Immobilienbesitzer nach Einschätzung der Bundesbank nicht fürchten. Immer noch übersteigt die Nachfrage das Angebot deutlich, und das obwohl die Bautätigkeit zuletzt gestiegen ist. Hier kämen wieder die Mieten ins Spiel, glauben die Notenbanker: Die großen Investoren würden erst dann wieder Neubauprojekte in ausreichender Zahl initiieren, wenn deren Vermietung eine interessante Rendite verspräche. Maßnahmen zur Mietpreisdeckelung seien also zumindest in Hinblick auf die Wohnungsnot kontraproduktiv, hieß es.

Schlechte Aussichten also sowohl für Mieter als auch für Wohnungskäufer - aber ein gesamtwirtschaftliches Risiko ginge vom deutschen Immobilienmarkt dennoch nicht aus, glauben die Banker. Das liege vor allem daran, dass der Umfang der ausgegebenen Immobilienkredite seit 2010 nur moderat gewachsen sei. Ein Szenario wie in den USA, wo faule Immobiliendarlehen zum Mitauslöser der Finanzkrise wurden, werde es in Deutschland also nicht geben. Aber ein paar schmerzhafte Verluste vielleicht schon.

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