Immobilienmarkt-Bericht:Immerhin keine Blase

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Wohnungssuchende stehen Schlange beim Besichtigungstermin einer günstigen Mietwohnung in München. In Ballungsgebieten sind die Mieten in den vergangenen Jahren stark angestiegen. (Foto: Stephan Rumpf)

Der Immobilienwirtschaft in Deutschland geht es richtig gut. Vielen Mietern dafür weniger: Die Preise für Mieten, aber auch für Eigenheime sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen, wie der neue Immobilienmarktbericht zeigt. Immerhin nicht aus Spekulation, sondern aufgrund echter Nachfrage.

Von Kathleen Hildebrand, Berlin

Wer in München, Hamburg oder Düsseldorf lebt, dem ist das Klagen über die horrenden Miet- und Eigenheimpreise zur zweiten Natur geworden. Menschen in den ländlichen Gebieten von Sachsen-Anhalt und Thüringen haben in dieser Hinsicht weniger auszustehen: Der Quadratmeter Eigenheim kostet in Sachsen-Anhalt mit durchschnittlich 720 Euro gerade einmal halb so viel wie in Bayern, die günstigsten Preise liegen bei 440 Euro. In München sind Preise bis 6000 Euro keine Seltenheit.

Der Immobilienmarktbericht der Gutachterausschüsse in Deutschland zeigt vor allem eins: Die enormen regionalen Unterschiede in der Preisentwicklung für Immobilien. Während in Städten und bevölkerungsstarken Gebieten die Preise häufig sehr stark gestiegen sind, gab es vor allem in ländlichen Regionen Rückgänge von bis zu 15 Prozent. Diese Tendenz dürfte sich in den kommenden Jahren noch verstärken.

Dem Bericht, der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde, liegen Daten aus Notarverträgen über Immobilienverkäufe zu Grunde, die in vollem Umfang nur den zuständigen Ämtern vorliegen. Ehrenamtliche Gutachter werten die Zahlen aus, um mehr Transparenz in den Immobilienmarkt zu bringen. Eine verlässliche Datenbasis soll Städten und Kommunen die Entscheidungen über Wohnungsbau und über die Freigabe von Bauland erleichtern.

Zwei Drittel der Kaufverträge im Jahr 2012 betrafen Wohnimmobilien

Ein Ergebnis der Auswertung: Der Immobilienwirtschaft in Deutschland geht es richtig gut. Seit 2007 ist die Zahl der Kaufvertragsabschlüsse für Immobilien kontinuierlich gestiegen. Bundesweit wechselten 2012 etwa eine Million Häuser, Grundstücke und Wohnungen im Wert von 170 Milliarden Euro den Besitzer - ein Plus von 30 Prozent gegenüber 2009, als sich die Immobilienwirtschaft von der Krise zu erholen begann.

"Wir gehen davon aus, dass sich die Umsatzzahlen in den nächsten Jahren zwischen 175 und 180 Milliarden Euro einpendeln werden", sagt Siegmar Liebig, Sprecher des Arbeitskreises der Gutachterausschüsse in Deutschland.

Allein im Jahr 2012 wurde eine Siedlungsfläche von insgesamt 3500 Quadratkilometern verkauft, das entspricht etwa einem Prozent der Fläche des Bundesgebiets. Zwei Drittel der rund eine Million Kaufverträge 2012 betrafen Wohnimmobilien.

Bevölkerungsentwicklung und Wohnflächenpreise (Foto: SZ-Grafik)

Die meisten Vertragsabschlüsse gab es aber wider Erwarten nicht in den begehrten Großstädten, sondern in ländlichen Gebieten: ein Zeichen dafür, wie knapp Wohnraum in den Ballungsräumen geworden ist. Wo es nichts gibt, da kann auch niemand kaufen.

Matthias Waltersbacher, Experte des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung, spricht von einem großen Neubaudefizit, das sich in wachstumsstarken Regionen entwickelt habe. "Auf angespannten Wohnungsmärkten brauchen wir mehr Grundstücke für neue Wohnungen, um diese Lücke zu schließen."

Dort, wo immer mehr Menschen hinwollen, stiegen die Preise für Eigenheime in den vergangenen Jahren enorm an - zwischen 2007 und 2012 um durchschnittlich 11,6 Prozent. In München liegt der durchschnittliche Preis für ein Einfamilienhaus mittlerweile bei 1,06 Millionen Euro, im Landkreis München sogar bei 1,1 Millionen - und zwar nicht in Villenvierteln mit Blick auf den Englischen Garten, sondern in sogenannten "mittleren Lagen". Es folgen Starnberg, Düsseldorf, Frankfurt am Main und der Hochtaunuskreis. In Hamburg müssen Hauskäufer im Durchschnitt 490 000 Euro hinlegen.

Bei den Eigentumswohnungen liegt der Landkreis Fürstenfeldbruck bei München an der Spitze der Preistabelle. 3650 Euro kostete 2012 hier der Quadratmeter, der mittlere Preis für eine Wohnung lag bei 328 500 Euro. Aber auch in den ostfriesischen Küstenregionen und auf den zugehörigen Inseln registrierten Notare und Ämter Spitzenpreise.

Die gute Nachricht: Eine spekulative Blase befürchten die Autoren des Berichts trotz der Preissteigerungen nicht. Redaktionsleiter Peter Ache erwartet, dass die Preise in den Ballungsräumen noch eine Weile weiter steigen werden: "Dann werden sie sich einpendeln. Bislang ist das aber noch nicht der Fall."

Mehr als die Hälfte der Großstadtwohnungen zählen zum teuren Segment

Eine ähnliche Entwicklung zeigt der Mietmarkt ( siehe Grafik). Hier stiegen die Preise von 2008 an erst moderat, von 2011 an aber deutlich. In den meisten Großstädten zählten 2012 mehr als die Hälfte der Wohnungen zum teuren Preissegment und kosteten mehr als zehn Euro Nettokaltmiete pro Quadratmeter.

Vermietungspreise und -entwicklung (Foto: SZ-Grafik)

Ein Massenphänomen sind die drastischen Mietsteigerungen jedoch offenbar nicht: In vielen Städten und Gemeinden Deutschlands stagnieren die Mietpreise oder steigen nur leicht an. Bestehende Mietverträge entwickelten sich bundesweit stabil und moderat mit geringen Preissteigerungen.

Starke Preissprünge stellen die Autoren des Berichts außerdem bei landwirtschaftlichen Grundstücken fest: Seit 2006 sind die Preise im Norden und Nordosten Deutschlands auf fast das Doppelte angestiegen - die Landwirte investieren in Anlagen für erneuerbare Energien, machen damit Gewinn und kaufen damit weiteren Boden an. Unter den Landwirten gebe es deshalb bereits "Unruhe", sagt Peter Ache.

© SZ vom 21.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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