Immobilienkrise in den USA:Berg- und Talfahrt für Finanzwerte

Während die US-Börsen nach dem Ölpreis-Aufschlag wieder ins Plus drehen, befürchten Investoren weiterhin eine Immobilienkrise und die globalen Folgen.

Simone Gröneweg

Weltweit wächst die Sorge, dass Millionen überschuldeter Hausbesitzer in den Vereinigten Staaten ihre Hypothekenkredite nicht zurückzahlen können. "Bei vielen herrscht das Gefühl, dort braut sich etwas zusammen", beschreibt Konrad Becker, Analyst beim Münchner Bankhaus Merck Finck die Stimmung.

So lange die Immobilienpreise rasant stiegen, ließ sich das Problem verbergen. Seit einiger Zeit ist das nicht mehr der Fall. Ein Preisrutsch würde den Konsum in der global größten Wirtschaftszone erheblich bremsen und hätte Auswirkungen auf den Rest der Welt.

Und genau diese Befürchtung schickte die Aktienkurse am Mittwoch weltweit auf Talfahrt. In Tokio brach der Nikkei 225 um fast drei Prozent ein, was den zweitgrößten Tagesverlust seit Jahresbeginn bedeutete. Die Wall Street startete mit Gewinnen, bevor es auch hier abwärts ging. Erstmals seit November geriet der Dow Jones unter die Marke von 12000 Punkten. Im späteren Handel drehte die Börse wieder und schloss mit plus 0,48 Prozent auf 12133,40 Punkten. Ein gestiegener Ölpreis hatte das Interesse der Anleger an Aktien der Energiebranche entfacht.

"Die Banken hängen mit drin"

In Deutschland schloss der Dax mit einem Minus von 2,66 Prozent bei 6447,70 Punkten. "Bei einer Krise am Immobilienmarkt hängen die Banken logischerweise mit drin", begründete ein Händler die Verluste. Auslöser der Befürchtungen sind die Probleme einiger Hypothekenbanken. So hatte die New Yorker Börse die Aktie des Hypothekenanbieters New Century am Dienstagabend vom Kurszettel genommen.

Die zweitgrößte Hypothekenbank für zahlungsschwache Verbraucher in den Vereinigten Staaten ist in schwere finanzielle Turbulenzen geraten. Die Ausfälle der Branche bei Immobilienkrediten an Schuldner mit geringer Bonität hatte im vergangenen Quartal einen Rekordstand erreicht. In den USA erhalten auch Geringverdiener problemlos Darlehen für einen Hauskauf. Selbst wenn Kunden kein Erspartes haben oder nur unsichere Einnahmen, bekommen sie einen Kredit.

Experten schätzen, dass der Anteil dieser Finanzierungen bei 20 Prozent des Gesamtmarktes liegt. Gerade diese Hauseigentümer profitierten in den vergangenen Jahren vom niedrigen Zinsniveau und den stark steigenden Immobilienpreisen. "In einigen Küstenregionen haben sich die Preise innerhalb von zehn Jahren verdreifacht", sagt Tobias Just, Immobilienanalyst bei der Deutschen Bank. Gewagte Finanzierungen waren üblich.

"Manchmal wurde die Tilgung in den ersten Jahren ausgesetzt", erklärt Just. "Viele Banken haben den Kunden aufgrund des Wertzuwachses bei den Immobilien sogar noch zusätzlichen Kredit angeboten", erklärt Becker. So wurde viel Geld in die Wirtschaft gepumpt.

Domino-Effekt

Nun sinken die Preise für die Immobilien, die Zinsen sind gestiegen und etliche Hauseigentümer nicht mehr in der Lage, die Kredite zu bedienen. Experten spekulieren, ob dieses Phänomen nur eine finanzschwache Randgruppe betrifft oder auch Bankkunden mit guter Bonität erreicht. "Einige Investoren fürchten einen Domino-Effekt", sagt Michael Köhler, Aktienstratege bei der Landesbank Baden-Württemberg.

Allerdings würden Risikofaktoren derzeit sehr stark wahrgenommen, gibt er angesichts der Börsenreaktionen zu bedenken. "Die Problematik gibt es ja schon länger, nur derzeit sind die Investoren sehr sensibel." Der Aktienstratege glaubt nicht, dass die jüngsten Kursverluste der Anfang einer Trendwende an den Aktienmärkten sind.

Die meisten Experten gehen auch davon aus, dass es sich eher um eine Abkühlung und nicht um eine wirkliche Krise des Immobilienmarktes in den USA handelt. Trotzdem bleibt auch eine Unsicherheit. So fürchten wohl etliche Investoren, dass sich die Konjunktur in den Vereinigten Staaten deutlich schlechter entwickelt als erwartet. Der private Konsum ist bisher die wichtigste Stütze der amerikanischen Konjunktur. "Der Konsum hat in der Vergangenheit auch von den Wertzuwächsen der Immobilien profitiert", erklärt Just. Die Leute fühlten sich reich und gaben dementsprechend viel Geld aus. Das könnte sich nun ändern.

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