Süddeutsche Zeitung

Immobilienfonds:Schöne Fassaden

Offene Immobilienfonds gelten als Gewinner der Kreditkrise - doch nun zeigt eine Studie, dass ihre Qualität gesunken ist.

Corinna Nohn

Die offenen Immobilienfonds als sichere Häfen und Gewinner der Kreditkrise - so lautet ein beliebtes Vertriebsargument, um Anleger von der Investition ins sogenannte "Betongeld" zu überzeugen. Doch der jährliche Branchencheck, den das Analysehaus Scope vorstellte, zeigt, dass es um die Investmentvehikel nicht unbedingt so glänzend steht.

Demnach haben lediglich sieben Fonds ihre Investmentqualität im Vergleich zum Vorjahr verbessern können, sieben hielten das Niveau, und 14 der bereits 2007 überprüften Fonds schnitten in diesem Jahr schlechter ab. Für das Rating, das alle in Deutschland zugelassenen Fonds mit einer Laufzeit von mindestens einem Jahr umfasst, überprüfen die Analysten die Qualität der Immobilienportfolios, die Finanzstruktur der Fonds sowie die Fähigkeiten des Managements.

Gestiegenes Sicherheitsbedüfnis

"Die Strategien haben sich weiter auseinanderentwickelt, sowohl was die Zielmärkte als auch das Risiko betrifft", sagt Scope-Analystin Sonja Knorr. Die entscheidende Frage in diesem Jahr ist nach Ansicht der Expertin, wie die Fonds mit dem Kapital umgehen, das sie seit Ausbruch der Kreditkrise im vergangenen Sommer eingesammelt haben.

Denn nachdem die Anbieter 2005 und 2006 Mittelabflüsse verzeichnet hatten, flossen im vergangenen Jahr laut dem Branchenverband BVI netto wieder 6,7 Milliarden Euro in die Immofonds, in den ersten drei Monaten 2008 waren es weitere 3,1 Milliarden Euro. "Es besteht die Gefahr, dass die Fonds das Geld nun möglichst schnell investieren möchten, was zu suboptimalen Portfolioentscheidungen führen könnte", bemerkt Knorr.

Einer der Hauptgründe für das ausgeprägte Anlegerinteresse dürfte das gestiegene Sicherheitsbedürfnis in Folge der Kreditkrise sein - schließlich gelten die Fonds als konservatives und substanzorientiertes Investment. "Die Risiken der Fonds sind aber auch gestiegen, was viele Anleger nicht beachten oder schlicht nicht wissen", sagt Knorr. So seien 40 Prozent des neu investierten Kapitals im vergangenen Jahr in Projektentwicklungen geflossen, was den Vorteil hat, dass die Kaufpreise dann meist niedriger ausfallen als bei fertigen Immobilien. "Bei Projekten liegt zwar das Fertigstellungsrisiko beim Entwickler, doch ein gewisses Vermietungsrisiko bleibt bei den Fonds", erklärt Knorr.

Renditen durch Sondereffekte

Außerdem haben die international agierenden Gesellschaften stark auf asiatischen Märkten zugekauft. "Das birgt höhere Renditechancen, aber auch höhere Risiken", sagt Knorr. Diese Märkte seien volatiler, es bestünden Fremdwährungsrisiken, und die Fonds müssten sich vor Ort sehr gut auskennen, um keine überteuerten Preise zu zahlen.

Schließlich beurteilt Knorr auch die guten Ergebnisse im vergangenen Jahr kritisch. 2007 erwirtschafteten die Gesellschaften ein durchschnittliches Plus von 5,7 Prozent und damit ein so gutes Ergebnis wie zuletzt zwölf Jahre zuvor. Doch Fonds-Expertin Knorr meint, die hohen Renditen seien lediglich eine durch Sondereffekte erzeugte Momentaufnahme und ließen sich nicht fortschreiben.

So haben einige Gesellschaften von großen Paketverkäufen insbesondere an ausländische Investoren profitiert. Weitere groß angelegte Transaktionen, die die Käufer oft mit einem hohen Anteil Fremdkapital finanzierten, sind aber nicht zu erwarten. Denn die Banken sind wegen der Finanzkrise vorsichtiger geworden bei der Kreditvergabe. Davon wiederum profitieren die Fonds: Sie finanzieren ihre Käufe seit jeher mit einem großen Anteil Eigenkapital, weshalb sie bei den Geldinstituten willkommene Schuldner sind. Insgesamt rechnet Scope damit, dass die Renditen der Fonds von derzeit durchschnittlich 5,4 Prozent auf 4,5 bis 5,0 Prozent schmelzen.

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Quelle:
SZ vom 9.5.2008/jkf/jkr
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